Ladies & Gentlemen:Gesamtkunstwerke

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(Foto: Louis Vuitton, Kevin Mazur/Wireimage/Live Nation/PA Media/dpa)

Madonna auf der Bühne, LeBron James in der Umkleidekabine - wenn die größten Stars einem Designer huldigen, erlebt die Mode ihre Sternstunde. Oder?

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Frau im Spiegel

Madonna ist zurück. Und hatte man vor der "Celebration"-Tournee noch ein bisschen Sorge, die Selbstdemontage (der unsägliche Augenklappen-Look der letzten Tour) würde weitergehen, kann man jetzt erleichtert aufatmen. Die Legende trägt während der Show unzählige Outfits, die allesamt Referenzen an ihre lange Popstar-Karriere sind, die sie hier ja nun mal feiert. Ein halbnackter Look mit Cone Bra von Jean Paul Gaultier ist dabei. Und natürlich jede Menge Kreuze und Schleier aus den Zeiten, als die Kombi Sex und Religion noch eine Provokation waren, dazu Spitze, Korsetts, wehendes Haar.

(Foto: Kevin Mazur/Wireimage/Live Nation/PA Media/dpa)

Sehr sexy ist das alles, wie auch der hier zu sehende Hauteng-Spiegel-Look von Versace beim ersten Gig in London. Aber während Beyoncé sich noch in einem Alter befindet, in dem es bei Bühnenoutfits vor allem um das Herausstellen der körperlichen Vorteile geht - jedes einzelne ihrer Renaissance-Tour-Outfits war ein Meisterwerk in Sachen Sanduhr-Silhouette - sehen wir hier eine Frau, die fröhlich auf ihrer eigenen Party tanzt, ohne Rücksicht auf Verluste. Anders gesagt: sie hat bravourös den kritischen Moment gemeistert, in dem die Öffentlichkeit allein darüber entscheidet, ob man für den Rest seines Lebens Witzfigur oder menschliches Gesamtkunstwerk ist. Ja, diesem Bullshit sehen sich Frauen ab einem gewissen Alter ausgesetzt, wenn sie morgens entscheiden, was sie anziehen. Wie tritt man diesem Ageism entgegen? Indem das Ziel immer Gesamtkunstwerk ist, selbst wenn Witzfigur dabei rauskommt. Nur auf Augenklappe als modisches Accessoire bitte weiterhin verzichten.

Für ihn: Was für ein Schrank

Es ist schon etwas seltsam: Was man so quartalsweise auf den Laufstegen sieht, wird einerseits als handfester Hinweis dafür genommen, was die Menschheit anziehen sollte. Andererseits läuft dann aber kein Mensch wirklich so rum. Es passiert höchstens mal auf einem hochdotierten roten Teppich, dass Geschöpfe auftauchen, die genauso gekleidet sind, wie im Skizzenblock eines Modedesigners vorgesehen. Aber diese Teppiche sind ja auch wieder nur Laufstege und keinesfalls Echtwelt. Die große Diskrepanz zwischen Gezeigtem und Getragenem hat viele gute Gründe, allen voran, dass sich niemand unter Laborbedingungen kleidet. Kaum ein Mensch und schon gar kein Mann, egal wie gut budgetiert, baut sich einen kompletten Laufsteglook nach. Stattdessen nimmt er das schöne Hemd von Marke A, kombiniert es mit Einzelteilen von Marke B und komplettiert es mit Zeug, das schon im Schrank hängt. Ausnahmen sind selten und heißen häufig LeBron James.

(Foto: Louis Vuitton)

Der Basketball-Superstar erschien zum ersten Arbeitstag nach den Ferien, also dem Spiel der Los Angeles Lakers in Denver, in dem hier gezeigten Look: komplett Louis Vuitton, wie es sich Pharrell Williams unlängst ausgedacht hat, inklusive Maulwurfsbrille. Die Reaktionen der Kollegen in der Umkleidekabine sind leider nicht überliefert. Dabei wäre es interessant, ob jemand gemerkt hat, dass hier alles aus einem Guss ist und der Kollege einen neuen Nebenjob als Markenbotschafter hat. Oder haben sich insgeheim doch alle wieder nur gedacht: Auweia, der LeBron hat wieder einfach irgendwas aus dem Schrank gezogen.

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