Messi im Spießer-Outfit:Funky Brothers mit Busfahrer

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Ein fragwürdiges Instagram-Foto von Barcelona-Stars in Designer-Outfits kursiert derzeit im Netz. Vor allem der modische Blindgänger Messi wirft die Frage auf: Lieber gar kein Stil als schlechter Geschmack?

Von Violetta Simon

Der Clásico hatte von jeher mit Verhaltensauffälligkeiten zu kämpfen: Wenn die Erzrivalen FC Barcelona und Real Madrid beim Prestige-Duell der spanischen Liga aufeinandertreffen, dann geht das meist nicht ohne Eklat vonstatten. Man erinnere sich nur an den Schweinekopf, der einst - neben Glasflaschen, Billardkugeln und Klappmessern - über den Rasen des Camp Nou flog.

Derzeit düst jedoch ein besonders merkwürdiges Geschoss über das - virtuelle - Spielfeld der spanischen Profiliga: eine Art Mode-Meme in Gestalt eines Instagram-Fotos, das abgeht wie eine Rakete. Die Aufnahme repräsentiert ein Phänomen namens Swag, ein Begriff aus der Jugendsprache, der für eine überdurchschnittlich lässige Ausstrahlung steht und bekannt wurde durch ein Video des Rappers Money Boy. Inzwischen gibt es eine eigene Facebook-Seite für Fußballer, die "den Swag aufdrehen". Wenn es nach Usern des Foto-Blogs Tumblr geht, hat der FC Barcelona mit seinem Foto nicht nur im Fußball gegen den Erzrivalen Real Madrid gewonnen. Sondern auch in der Disziplin der coolsten Typen - den "el Swagico".

Die Aufnahme zeigt eine Handvoll Spieler des FC Barcelona in der Kabine, offenbar bereit zum Ausgehen, um ihren Erfolg gegen Madrid gebührend zu feiern. Ihre explosive Mischung ergibt sich nicht nur aus den abgebildeten Barca-Stars, sondern aus einer Kollision ziemlich merkwürdiger Outfits, die an einen Haufen Funky-Brothers erinnern.

Adriano Correia, Douglas Pereira, Dani Alves und Neymar sehen aus wie eine Boygroup aus den Achtzigern, die von zwei Betreuern eingerahmt werden: links von Lionel Messi, rechts von Rafinha Alcántara. Während Rafinha in seinem schwarzen Slim-Fit-Anzug noch als "irgendwas mit Management" durchgeht, wirkt Messi in seiner ausgebeulten Bundfaltenhose und dem dunklen Pullover über dem Hemd wie der Busfahrer des FC Barcelona, der spontan mit aufs Bild durfte.

Lieber kein Stil als schlechten Geschmack

Doch erstens ist Messi kein Busfahrer, sondern einer der erfolgreichsten Stürmer der Gegenwart. Zum zweiten einer der bestbezahlten. Bei einer Jahresgage von 20 Millionen Euro sollte man sich doch wohl ein paar anständige Klamotten leisten können. Und nur damit das klar ist: Damit sind nicht die Karnevalskostüme gemeint, in denen seine Kollegen stecken.

Adriano hat sich etwas an den Ärmel seines viel zu kleinen Blazers (man beachte die Jeansoptik!) genäht, das ein Seepferdchen-Abzeichen, entworfen von Galliano, sein könnte. Douglas erinnert in seinem viel zu großen roten Sakko an ein Bandmitglied der Punk-Rock-Band Green Day - die ihre beste Zeit in den Neunzigern hatte. Dani Alves glänzt in goldenen Plateauschuhen zu einem silbernen Jackett - der Mensch gewordene (Alb)traum eines Space-Hipsters.

Und Neymar - "das ist der mit dem plattgefahrenen Dachs auf dem Kopf", erklärt ein Kollege aus dem Sportressort - scheint im Dunkeln in eine Verkleidungskiste gefallen zu sein: die Sneakers so weiß wie nach einer Zahnsteinreinigung, zu den Klunkern am Ohr eine Brille mit Fensterglas, die den optischen IQ erhöhen soll. Und das rote Lederjackett? Könnte von Messi sein, so furchterregend ist es.

Zusammenkunft unter Sakkoträgern

Was bei der Kleiderauswahl schief gelaufen ist, kann man nur vermuten. Die einzige Entschuldigung für diesen Aufzug wäre die Ankündigung der Kanzlerin, nach dem Spiel noch vorbeizuschauen - macht sie ja gern, hin und wieder. Womöglich, um eine neue Ära der Kabinenromantik einzuläuten: Zusammenkunft unter Sakkoträgern, quasi. Ach nein, das geht doch nicht. Frau Merkel ist ja bekanntermaßen auf die Jungs von Jogi Löw abonniert - die erfreulicherweise von einem Herrendesigner mit Hang zu schlichter Eleganz ausgestattet werden.

Wir wissen nicht, wer die Barcelona-Stars so angezogen hat. Deren offizieller Ausstatter, Replay, setzt hauptsächlich auf Denim und ist dafür wohl kaum verantwortlich zu machen (außer für Adrianos winziges Jeans-Jackett). Vielleicht hängt das Zeug dort im Kostüme-Spind, für besondere Anlässe. Oder es gibt einen zweiten Zeugwart für den Privatbereich, mit Sinn für schrägen Humor. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Barca-Spieler in ihren Outfits zur Arbeit erschienen sind. Womöglich wollten sie sich ja von ihrem Rivalen Real Madrid modisch abheben. Bis auf Messi, natürlich. Den Busfahrer.

Zuverlässig daneben

"Lionel Messi hat absolut keinen Stil", schreibt der britische Independent. Und das stimmt. Messi hat wirklich keine Ahnung von Mode. Und liegt mit seiner Kleiderwahl stets zuverlässig daneben. Das hat der Stürmer oft genug bewiesen - unvergessen der getüpfelte schwarze Smoking oder der weinrot glänzende Tuxedo von Dolce&Gabbana, den er bei der Wahl zum Weltfußball trug.

Schmerzensgeld? Messi soll eine Millionengage für das Tragen der Dolce&Gabbana-Anzüge erhalten haben. (Foto: Getty Images)

Doch warum ausgerechnet jetzt diese Zurückhaltung auf dem Foto mit den Fußball-Kollegen? Wäre der Sieg gegen Real Madrid nicht die einzig richtige Gelegenheit gewesen, es wieder mal allen zu zeigen? Der perfekte Anlass, aus dem Vollen zu schöpfen aus einer Sakko-Galerie des Grauens? Eben nicht, denn in einer Clown-Combo wie dieser wäre selbst ein Lionel Messi chancenlos. Er würde wie ein Mauerblümchen verblassen. Doch weil auf einen modischen Blindgänger wie ihn Verlass ist, liegt der Barca-Star mit Hang zu Phantasie-Outfits auch hier wieder mit schlafwandlerischer Sicherheit daneben - diesmal allerdings, indem er etwas NICHT trägt.

Und siehe, es hat funktioniert! Selten hat der Mann ohne Modegeschmack so geschockt wie auf diesem Foto - keine Tupfen, kein Glitzer, keine Ornamente. Dagagen sehen selbst die Kollegen im Disco-Outfit alt aus. Das Ergebnis: Schon wieder reden alle über Messi. Und wer hat jetzt den Swag?

Man darf gespannt sein, was er als nächstes nicht anziehen wird.

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