Kolumne "Eigener Herd":Die zarte Schönheit

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Himbeeren passen zu vielem, besonders gut aber zu Cremes, Joghurt oder Sahne. (Foto: imago stock/imago images/Bihlmayerfotografie)

Jetzt beginnt die Himbeerzeit. Dabei gilt der Grundsatz: Das einfachste Rezept ist meistens das beste - zum Beispiel für diese Himbeertorte.

Von Marten Rolff

Die Himbeere rangiert auf der Liste der beliebtesten Beeren traditionell auf den vorderen Plätzen, und gefühlt wird ein Großteil der privat verzehrten Ernte im Sommer zu Soße verkocht und auf Vanilleeis gegossen. Keine Frage, das schmeckt wunderbar, ist allerdings auch ein wenig paradox, weil dadurch ausgerechnet viele der Eigenschaften verloren gehen, für die diese Frucht so beliebt ist.

Durch ihre Süße und Säure ist sie nahezu überall einsetzbar, ob zu sahnigen Süßspeisen, Teig, Cocktails oder Wild. Andererseits machen ihre komplexen Aromen sie sehr besonders. Sie kann prall und weinig sein, zart parfümiert mit Anklängen von Veilchen und doch herb holzig durch ihre Kerne, alles raffinierte Nuancen, die man der Beere aber durch hohe Temperaturen und langes Kochen austreibt. Puristen mögen sie deshalb roh und pur, vielleicht mit ein paar Tropfen besonders gutem Balsamessig oder als Sidekick zu geschmacksverwandten Steinfrüchten wie Aprikosen. Aber klar, das sind natürlich schon Vorlieben aus der kulinarischen Nische. Und das bedeutet natürlich nicht, dass man Himbeeren nicht erhitzen darf, nur eben immer schön sachte und nicht länger als notwendig.

Ansonsten gilt: Je einfacher die Zubereitung, desto mehr Geschmack. Ein Prinzip, das sich zum Beispiel beim britischen Kochbuchautor und Gartenromantiker Nigel Slater fast mantrahaft durch alle Himbeerrezepte zieht. Hier müssen wir uns auf Slaters genialen Tipp beschränken, eine Handvoll Himbeeren in etwas weicher Butter zu zerdrücken; zusammen mit einem Thymianzweig stopft man damit ein Rebhuhn, das im Speckmantel in der Pfanne gebraten wird, wobei köstlichster Bratenfruchtsaft austritt.

Minimalanforderung an Himbeerkuchen: Fertigblätterteig, Zucker, Sahne

Noch einfacher aber ist die Verwendung der Himbeere bei Kuchen und Desserts. Selbst Backuninteressierte werden die absolute Minimalanforderung an einen Himbeerkuchen bewältigen: Fertigblätterteig aufs Blech, mit der Gabel anstechen, nach Packungsanleitung backen, aus dem Ofen nehmen und Himbeeren, Zucker und Sahne darauf verteilen. Funktioniert. Noch besser wird es, wenn für die letzten 10 Minuten auf dem Teig ein paar dünne Scheiben reifer Aprikosen oder Pfirsiche mitgaren. Nicht umsonst soll der französische Überkoch Auguste Escoffier sein berühmtes Dessert Pfirsich Melba erfunden haben, als ihn die australische Opernsängerin Nellie Melba bat, ihr ein Rezept für Pfirsiche mit Himbeersoße aufzuschreiben. Escoffier wusste sofort, wie gut beides zusammenpasst. "Pêches cardinal au coulis de framboise" ist übrigens ein doppeldeutiger Genuss, weil er nach Péché cardinal klingt - der Kardinalssünde.

In unserer Familie ist bis heute eine "Himbeertorte" beliebt, die meine Mutter irgendwann Anfang der Achtzigerjahre aus einer Frauenzeitschrift gefischt hat und deren Rezept seitdem von vielen abgewandelt wurde. Die Torte ist auch deshalb so gut, weil sie drei natürliche Verbündete der Himbeere - Nüsse, Schokolade und Sahne - zusammenbringt. Es kursieren unzählige Varianten im Netz, ob mit Gelatineguss, Puderzucker oder Mascarponecreme. Aber damit braucht man sich nicht aufhalten, denn die einfachste Variante ist auch hier die beste.

(Foto: N/A)

Für den Teig zwei große Eier trennen, und die Eigelbe mit 150 g weicher Butter und 170 g Zucker (am besten brauner Zucker) schaumig schlagen. Dann 200 g Mandeln, Hasel- oder Walnüsse mahlen. Nach Belieben einen guten Teil der Nüsse eher gröber mahlen oder hacken, so wird der Kuchen crunchiger. Die Nussorten kann man mischen oder separat einsetzen. Nur mit Mandeln wird das Ergebnis etwas gefälliger. Ich persönlich bevorzuge Walnüsse, weil die herbe Holzigkeit ein guter Gegensatz zur süßsauren Lieblichkeit der Beere ist. Das gilt übrigens auch für Flüssiges: Mit dem Barriquefass-Aroma bei Weinen und Bränden wird ja leider oft penetrant übertrieben, aber gut gemachter Himbeergeist aus dem Eichenfass ist wirklich etwas Fantastisches.

Das Nussmehl mit 1 gehäuften EL gesiebtem Maizena und 1 TL gesiebtem Backpulver gut vermischen und unter die Ei-Butter-Masse rühren. 1 bis 2 TL Zitronensaft und eine große Prise Salz untermischen. Am Ende die 2 Eiweiß steif schlagen und mit einem Spatel vorsichtig unter den Teig heben. Den Ofen auf 200 Grad (Umluft) vorheizen, den Teig in eine gebutterte Springform (28 cm) füllen, dann die Ofentemperatur auf 160 Grad herunterdrehen und den Nussboden 45 bis 50 Minuten goldbraun backen (eventuell etwas länger, er geht erst sehr auf, am Ende aber senkt er sich wieder auf dickere Tortenbodenstärke). Abkühlen lassen, dünn mit rotem Johannisbeergelee bestreichen (schwarzes geht auch); dann alles üppig mit Himbeeren belegen und am Ende mit einer Schicht glattgezogener Schlagsahne überziehen (etwa 300 ml ungesüßt so steif geschlagen, dass sie Spitzen zieht). Toll sind frische Himbeeren, aber tiefgefrorene gehen auch, die man praktischerweise unter dem Sahnebett auftauen lassen kann. Feingeraspelte Zartbitterschokolade macht sich gut im Teig oder auch als Tortenabschluss auf der Sahne.

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