Haben & Sein:Hochglanz-Leistungen

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(Foto: Hermès)

Ein ziemliches perfektes Lippenrot, Alpenstil ohne Kitsch und noch ein Beweis, wie sehr die Modewelt neuerdings Bücher liebt - die Stilnews der Woche.

Von Anne Goebel, Tanja Rest und Silke Wichert

Zum Küssen schön

Ja richtig, es gibt zu viele Lippenstifte. Nicht nur in den Drogerien und Parfümerien und in den gigantischen Beauty-Tempeln der Großstädte, vor deren Spiegeln stets Klumpen von Teenagermädchen den Schlafzimmerblick üben. Auch in den Kosmetikbeständen von Frauen gibt es deutlich mehr Lippenstifte als glamouröse Anlässe, sie einzusetzen, in Sichtweite wären. Andererseits: Wer weiß schon, ob der nächste rote Lippenstift nicht doch der perfekte sein könnte, der einzig Wahre, das definitive Match? Und was soll man sagen, der Lippenstift von Hermès kommt da sehr nahe ran, vom schwindelerregenden Preis mal abgesehen. Das fängt schon bei der mondrianhaften Verpackung an, knallig, leuchtend, ohne Schnörkel - Colourblocking vom Feinsten. Sie wird stets vom französischen Designer Pierre Hardy gestaltet, seine souveräne Handschrift zieht sich durch die limitierte Edition von Rouge Hermès und Les Mains Hermès für Frühjahr und Sommer. Drei nachfüllbare Lippenstifte und drei Nagellacke gehören dazu. Und das Rot ist wirklich ein sehr schönes Rot... Der Liebste könnte natürlich sehr richtig darauf hinweisen, dass man bereits sieben bis zehn schöne rote Lippenstifte besitzt. Man wird dann einfach sagen: "Ich hatte noch ein Plätzchen frei, Schatz!" (Rouge Hermès 47 Rouge Cinetique, 73 Euro, hermes.com)

Kein Platz für Schnickschnack

(Foto: Lars Müller, Jasper Morrison)

Bei Einrichtungsstilen geht es oft um Sehnsucht: Wenn es zu Hause (wenigstens ein bisschen) nach kalifornischem Pink aussieht oder nach skandinavischer Klarheit, scheint das auch etwas vom jeweiligen Lebensgefühl in die eigenen vier Wände zu holen. Dabei kann unter ästhetischen Gesichtspunkten sozusagen unterwegs einiges schiefgehen, die gekaperte Version hat dann nicht mehr viel mit der erhofften Ursprünglichkeit zu tun. Das gilt vor allem für den Inbegriff von authentischem Wohnen: den alpinen Stil. All die Kuhfellhocker und pseudo-rustikalen Riesenkamine haben mit einfachen Bergbehausungen natürlich überhaupt nichts gemeinsam, Interior-Magazine wie Homes and Gardens stellen trotzdem allen Ernstes mittelprotzig eingerichtete Feriendomizile mit Marmorküchen und Elch-Porzellan als "alpine cabins" vor, als Hütten also. Die Gegenwelt: "Eine Art zu leben", wie sie Jasper Morrison oder Tsuyoshi Tane anspricht - der britische Gestalter und der Architekt mit Büro in Berlin gehören zu einem Team von Kreativen, die sich gemeinsam das Schweizer Freilichtmuseum auf dem Ballenberg angesehen und daraus ein Buch gemacht haben ( Ein Art zu leben. Ballenberg Notizen, Lars Müller Publishers, etwa 30 Euro). In dem schmalen Fotoband geht es nicht darum, den früheren Alltag von Bauern im Wallis oder Appenzell zu verklären, der auf dem Gelände in alten Höfen und Scheunen erlebbar wird. Aber die funktionalen Gebäude, die durchdachten Fensternischen, Treppen, Griffe haben trotz aller Schlichtheit eine besondere Ästhetik. Auf dem Land, heißt es im Vorwort, ist "kein Platz für Schnickschnack. Aber in den praktischen Lösungen lag häufig Schönheit und Anmut".

Geist ist immer noch geil

(Foto: Arket)

Keiner liest mehr? Stimmt gar nicht, zumindest in Großbritannien kauft die Generation lauter gedruckte Bücher und jede Modemarke, die etwas auf sich hält, hat entweder einen eigenen Bookclub oder verkauft neben der eigenen Kollektion ausgesuchte Bücher. Dover Street Market hat in Kooperation mit den Machern von IDEA Books schon lange ein festes Regal mit Vintage-Büchern in seinen Läden (Thema in London zuletzt: Kate Bush). Sarah Andelman, die frühere Macherin von Colette, kuratierte für Bon Marché in Paris gerade die Installation Mise en Page rund ums Lesen und Schreiben, Saint Laurent und Alaïa organisierten literarische Pop-Ups in einigen ihrer Boutiquen. Neuestes Kapitel: Der seit heute eröffnete Arket-Store in Berlin-Mitte empfängt in Kooperation mit dem exquisiten Apartamento-Magazin aus Barcelona ebenfalls zu einem temporären Bookshop in den neuen Räumen. 14 Titel aus dem Apartamento-Katalog finden sich dort, darunter Rezeptsammlungen des Kopenhagener Kochs Frederik Bille Brahe, Dominique Nabokovs Interior-Fotografien, die die Wohnzimmer der Pariser und Berliner Gesellschaft dokumentieren sowie fotografische Erkundungen der Wohnungen von Salvador Dalí und Xavier Corberó. Zu jedem Kauf im ARKET und Apartamento Bookshop gibt es eine kostenlose Tragetasche in limitierter Auflage, die nur im Laden erhältlich ist. Das perfekte Accessoire für den nächsten Besuch in der Stadt-Bibliothek zum Beispiel? (bis Mitte April, Rosenthaler Str. 36, arket.com).

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