Ladies & Gentlemen:Eine moderne Mutter-Dotter-Beziehung

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(Foto: WWD/Getty)

Selbst für Heidi Klums Verhältnisse war der Auftritt mit Ehemann Tom Kaulitz an Halloween außergewöhnlich. Ist das schon ein Fall für den Paartherapeuten?

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Federn, gelassen

Einmal im Jahr mag man Heidi Klum wirklich gerne. An Halloween sind ihre unfassbar aufwendigen Kostüme mittlerweile lieb gewonnene Tradition. Wenn man als Rheinländerin auf der anderen Seite des Atlantiks lebt, dann muss man die innere Karnevalistin schließlich am Leben erhalten. Sind diese Kostüme, deren Vollendung oft Stunden dauert und die für dieses spaßfreie Topmodel-Ideal stehen - Disziplin - nicht ein bisschen übertrieben? Nein, absolut nicht, das würde ja wohl jeder glitzer- und froschkopfliebende Rheinländer so machen, wenn er die Kohle und das Personal hätte! Nun also zur Klum-Halloween-Edition 2023. Diesmal ging sie als Pfau. Dieser Stenz unter den Vögeln mit den wunderschönen Federn ist bekanntlich der Inbegriff der Eitelkeit, die man Frau Klum ja immer gerne vorwirft, wenn sie halb nackt durch italienische Feriendörfer läuft. Ihr Verkleidungskonzept aber unterläuft dieses Vorurteil komplett, verschwindet sie, die Schönheit, doch jedes Jahr aufs Neue unter lustigen Ganzkörperskulpturen und Schichten von Theater-Make-up. Auch in diesem Jahr ist sie nicht mehr zu erkennen, der Pfauenschnabel sieht ganz schön fies aus. Der Wille, für den ultimativen Look die Zähne zusammenzubeißen, allerdings: scheint mit fortschreitendem Alter abzunehmen. Den wirklich anstrengenden Part, nämlich das Tragen der Federpracht, hat Klum diesmal einfach ausgelagert, und zwar an zehn Flügelträger. Ich bin ihr und ihr seid ich, und der Ehemann in Eiform sowieso - mehr Selbstverliebtheit geht eigentlich gar nicht, aber irgendwie ist das auch toll, denn im echten Leben sagen das immer nur männliche Pfauen.

Für ihn: In Schale geworfen

Erst wenn man als Mann alles andere zu Ende gedacht hat, kann man kurz darüber nachdenken, wie es wohl wäre, mit Frau Klum zusammen zu sein. Wäre es wirklich eine endlose All-Area-Party mit Cowboyhut, pinker Unterwäsche und Tequila-Shots? Oder doch eher eine strenge Fun-Diktatur, in der man den Launen von Germany's Dauerschönheit mit dem "laubgesägten Gouvernanten-Profil" ausgeliefert ist, wie es Roger Willemsen mal so prägnant formulierte? Immerhin scheint ja jetzt mit Tom Kaulitz wirklich der richtige Mann an ihrer Seite zu sein. Welcher ihrer vorherigen Partner hätte das schon mitgemacht: sich für sie wahrhaftig in Schale zu werfen und als Pfauenei beziehungsweise als hilfloser Humpty Dumpty (der in der alten deutschen Übersetzung übrigens Goggelmoggel heißt) neben ihr zu posieren? Kann man sich mit Seal oder Flavio Briatore jedenfalls eher nicht vorstellen. Aber vermutlich ist es genau das, was Klum und Kaulitz in Liebe vereint: gemeinsamer Jungshumor, immer gegenseitig verarschen, haha. Abgesehen von dem großen Ei-Opfer, ist das Konzept dieses Jahr ästhetisch nicht sehr befriedigend, und zwar für beide - Pfau und Ei sehen irgendwie nach angejährtem Kinderfernsehen mit wenig Budget aus. Und viel mehr sollte man in diesen Paar-Auftritt nicht hineinassoziieren, sonst wird es schräg. Klar, Halloween soll ja auch ein bisschen gruselig sein, aber was hätte Freud wohl gesagt, angesichts einer erfolgreichen Frau, die ihren deutlich jüngeren Mann als Ei hinter sich herzieht? Aber na ja, Freud hat auch oft falschgelegen. Und vermutlich sieht genauso eine moderne Mutter-Dotter-Beziehung aus.

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