Lifehack:Raus aus dem Winterlager: Wie man Pflanzen fit für den Frühling macht

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Krokusse blühen, auch andere Zwiebelpflanzen sind angesichts der hohen Temperaturen schon zu sehen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die ersten warmen Tage wecken die Pflanzen im Winterquartier. Da heißt es: cool bleiben.

Von Joachim Becker

Alle reden von der Cannabis-Legalisierung. Doch im Vorfrühling ist auch ein anderes Rauschmittel gefragt: wilder Bärlauch. Auf Bauernmärkten bringt der Stoff derzeit viel Geld ein. Das Pesto-Kraut aus der Knoblauch-Familie ist so begehrt, dass mitunter die Polizei einschreiten muss. Kürzlich hat sie zwei Kartoffelsäcke mit dem aromatischen Grün konfisziert: klarer Fall von Naturfrevel, weil die Menge den privaten Gebrauch übersteigt. Alarmierend war vor allem das Datum der Meldung. Mitte Februar schleppten die Gauner 40 Kilogramm der duften Blätter aus einem Wald im Kreis Hameln-Pyrmont.

War's das mit dem Winter? Der Klimawandel bedroht nicht nur die Menschheit im Allgemeinen, sondern auch die Hauptsaison in den Alpen und die ganz persönliche Urlaubsplanung. Was hilft eine neue Ski-Ausrüstung, wenn sich das weiße Pulver rar macht? Die Schneeschaufel steht noch an der Hauswand und die Garderobe ächzt unter Wintermänteln. Aber bei 20 Grad Celsius im Freien könnte man die Sonne auch ganz entspannt im Garten genießen. Wenn das Gewissen nur nicht so drücken würde.

Was tun mit den mediterranen Topfpflanzen, die im Winterquartier bei wenig Wasser und Licht schmachten? Wie matt und ausgemergelt sehen sie im Vergleich zu den Hasel- oder Zaubernüssen und Winter-Schneebällen aus, die im Freien um die Wette blühen. Zumal die Topfbewohner bei der Wärme unliebsamen Besuch bekommen: Läuse, Schildläuse und rote Spinnen sind nur einige der Spezies, die den Eingekerkerten den letzten Lebenssaft rauben.

Ins Freie stellen oder nicht? Der Gartenmensch schaut auf die großen, alten Bäume, die sich mit dem Blattaustrieb (zumindest in Alpennähe) noch zurückhalten. Dann schaut er auf die verlausten Winterlagerer und entschließt sich für eine Schocktherapie: Anders als die Schädlinge halten Oliven, Oleander und selbst einige Palmenarten mit ihren ledrigen Blättern auch Nachtfröste aus. Die Rosenstämmchen müssen ohnehin gestutzt werden, da schadet auch stärkere Kälte nichts. Bei den Schmucklilien (Agapanthus) ist man sich schon nicht mehr so sicher. Wer will schon auf das blaue Wunder selbst aus winzigen Töpfen im Hochsommer verzichten?

Frühling ist eine der wirkmächtigsten Drogen

Einfache Antworten gibt es nicht, weil das Mikroklima rund ums Haus alle paar Meter wechselt. Deshalb bricht jetzt Betriebsamkeit aus: Die Töpfe müssen an geschützten Mauern aufgereiht werden. Aber nicht unbedingt in der prallen Sonne, bis sich das Laub wieder akklimatisiert hat. Auch bei den Freiland-Rosen schießen die ersten Triebe ins Kraut: Da muss die Astschere ran und die Winterhüllen aus Baströckchen und Jutehauben müssen fallen. Sieht doch irgendwie komisch aus bei der Hitze. Oder doch nicht?

Die nächste Schneewalze komme bestimmt, unken die überzeugten Wintersportler. Aber damit können sie nur Balkongärtner aus dem dritten Stock erschrecken. Bei frisch Gepflanztem aus dem Supermarkt ist die Frostgefahr viel größer als bei mehrjährigen Gartenstauden und Topfpflanzen. Trotzdem studiert man die Wetterprognose, blickt bang aufs Thermometer und wickelt die ganze Pracht dann doch wieder in schützende Tücher. Frühling ist eine der wirkmächtigsten Drogen. Wer zu Ostern im Farbenmeer der Frühblüher steht, hat die Bandscheiben-mordende Mühe längst wieder vergessen.

Der Autor hatte eigentlich gar keine Zeit, diese Kolumne zu schreiben: Er wurde (wie alle anderen) vom Frühling überrascht. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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