Tennis:Zverev lässt sich vom Trickser austricksen

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Ratlos vor der eigenen Box: Alexander Zverev (rechts) gestikuliert und klagt während des Halbfinales gegen den Kasachen Alexander Bublik, sein Vater (rechts im orangen Shirt) hört zu. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Der Deutsche unterliegt in Halle dem Kasachen Alexander Bublik und ist danach einigermaßen ratlos. Trotzdem schöpft er aus dem Halbfinal-Aus Zuversicht für den Rasenklassiker in Wimbledon.

Von Gerald Kleffmann

An der fehlenden Unterstützung lag es sicher nicht, dass Alexander Zverev an diesem sonnigen Samstagnachmittag in Halle/Westfalen das Finale verpasste. Der 26 Jahre alte Tennisprofi mag es ja, dass jeder in seiner Box stets auf dem selben Platz sitzt, den er oder sie einmal zu Beginn oder im Verlaufe des Turniers eingenommen hat. Und so saßen sie alle am Platzrand auf ihren jeweiligen Plätzen, um Zverev Rückhalt zu geben.

Vorne rechts hockte wie immer Vater Alexander, neben dem 63-Jährigen, gebürtig aus Sotschi, verfolgte Tobias Kamke das Geschehen. Der 37 Jahre alte Lübecker und Ex-Profi hat mittlerweile eine Position im Team eingenommen, die man am ehesten als Sparringspartnerkumpelcoach umschreiben könnte. Physiotherapeut Hugo Gravil klatschte auch wiederholt neben Kamke. In der zweiten Reihe hatten sich Fitnesstrainer Dalibor Sirola sowie Mischa Zverev niedergelassen, der offiziell ja als Manager seines Bruders firmiert, zusätzlich zu seinen anderen Tätigkeiten im Tennis, etwa als Turnierbotschafter (in München), TV-Experte, Unternehmer und Leiter der Diabetes-Stiftung von Alexander. Und Sophia Thomalla war auch mal wieder zum Tross gestoßen, die 33 Jahre alte Freundin von Zverev war länger für eine Fernsehproduktion in Thailand gewesen. Sie alle konnten aber nicht helfen.

Mehrere Mal stand Zverev während des Halbfinalduells mit dem Kasachen Alexander Bublik vor seiner Box, gestikulierte. Doch in den Gesichtern dort spiegelte sich immer wieder Ratlosigkeit, zumindest in den engen Phasen dieser Partie. Letztlich verlor Zverev 3:6, 5:7 und gab danach zu, selbst über sein Spiel und seine eigenen Möglichkeiten etwas zu rätseln. "Ich weiß nicht, was ich hätte anders machen sollen", sagte er und lobte seinen gewieften Gegner, der bekannt ist für Trickschläge und einmal auch von unten den Aufschlag ins Feld bugsierte (und den Punkt machte): "Er hat das ganze Spiel beherrscht und gemacht, was für ihn gut war." Eine zutreffende Beobachtung war das.

Kaltschnäuzig und konsequent am Netz

Bublik bestach sogleich bei der Spieleröffnung, "er serviert mit 230, ich habe vielleicht 50 oder 60 Prozent seiner Bälle beim Aufschlag überhaupt berührt", meinte Zverev, der verglichen mit dem Weltranglisten-48., gegen den er schon zweimal zuvor verloren hatte, selbst zu inkonstant aufschlug. Bublik zeigte Zverev auch, woran es ihm in diesem Match etwas mangelte, nämlich an Kaltschnäuzigkeit und Konsequenz am Netz. Bublik punktete bei 28 Attacken nach vorne 21 Mal, Zverevs Ausbeute von zehn Punkten bei 23 Versuchen verdeutlichte den Leistungsunterschied an diesem Tag.

Trotzdem durfte Zverev durchaus mit Zuversicht Richtung Wimbledon blicken; der Rasenklassiker, bei dem er noch nie das Viertelfinale erreicht hat, beginnt am 3. Juli im All England Club. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Level von Tennis, auf dem ich momentan spiele", sagte er und urteilte: "Ich finde, dass ich auf diesem Belag gut spiele." Der schnelle grüne Rasen ist bekanntlich nicht sein liebster Untergrund, tatsächlich aber wirkte er trittfest, wendig und brachte auch immer wieder seinen 1,98 Meter langen Körper gut hinter den Ball. Den Titel in Halle sicherte sich am Sonntagnachmittag Bublik. Er besiegte den Russen Andrej Rublew 6:3, 3:6, 6:3 und feierte damit den größten Erfolg seiner Karriere. Ein ATP-Turnier der 500er Kategorie hatte er zuvor noch nie gewonnen.

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