Zukunft von Sami Khedira:Räuberleiter im Teufelskreis

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Sami Khedira: Neuausrichtung im Sommer (Foto: dpa)
  • Viele Verletzungen, wenig Spielpraxis - Sami Khedira hat schwierige Monate hinter sich.
  • Ob ihn im Sommer erneut ein Spitzenklub unter Vertrag nimmt, hängt auch von Bundestrainer Löw ab.
  • Tabellen und Ergebnisse zur EM-Qualifikation finden Sie hier.

Von Ulrich Hartmann, Tiflis/München

Am Mittwoch in Kaiserslautern war Sami Khedira noch Kapitän der Nationalmannschaft - an diesem Sonntag in Tiflis hingegen könnte es sogar für einen Platz in der Startelf eng werden. Im Gerangel um die besten Plätze im Mittelfeldzentrum des Weltmeisters steht Khedira zunächst nicht mehr in vorderster Reihe. Auf dem Weg von der Pfalz nach Georgien, vom Freundschaftsspiel zur EM-Qualifikation, könnte der einst etablierte Khedira im Fluge an Bedeutung verlieren. Doch der gebürtige Stuttgarter bleibt entspannt, er kennt sich mit solcher Ungewissheit aus.

Auch bei Real Madrid lief es für ihn nach einem Kreuzbandriss im November 2013 nicht mehr allzu gut. Am Mittwoch hat Khedira verkündet, dass er Madrid im Sommer nach dann fünf Jahren verlassen werde. Mit dieser Mitteilung hat er subtil um Bewerbungen interessierter Klubs gebeten, und um denen zu demonstrieren, wie gut er sich wieder in Form wähnt, würde er in Georgien natürlich schon gerne mitspielen. Aber ob er an der Seite des gesetzten Bastian Schweinsteiger den Vorzug vor Toni Kroos, Ilkay Gündogan und Christoph Kramer bekommt, muss man abwarten. Das Luxusproblem des Bundestrainers Joachim Löw ist jedenfalls Khediras größte Sorge.

Fußball ist schnelllebig, da helfen alle Meriten nichts. Khedira wurde 2007 mit dem VfB Stuttgart Meister, 2009 mit der deutschen U21 Europameister, 2012 mit Real Madrid spanischer Meister, 2014 Champions-League-Sieger - und im selben Jahr Weltmeister. Viel mehr kann man in einer Fußballerkarriere nicht gewinnen, und das Beste: Khedira ist trotzdem erst 27 Jahre alt. Mit 27 gilt man in anderen Berufszweigen als junger Hüpfer, aber beim Fußball darf Khedira mit 27 jetzt sagen: "Ich möchte einen Weg gehen, bei dem ich mitgestalten und junge Spieler führen kann." Der sehr sozial formulierte Satz ist freilich nichts anderes als eine Stammplatz-Forderung. Aus der Bundesliga sind an Khedira Schalke sehr und Wolfsburg vielleicht interessiert, aus England offenbar der FC Arsenal sowie jener FC Chelsea, dessen Trainer José Mourinho Khedira 2010 zu Real Madrid geholt hatte. Khediras persönliche Ziele dürften weitere Titel und die Teilnahme an der WM 2018 sein. Dass er im vorigen Juli wegen einer schmerzenden Wade beim Aufwärmen ausgerechnet das WM-Endspiel in Rio verpasst hat, nannte er hinterher "den bittersten Moment meiner Laufbahn". Seit Khedira als Weltmeister dann trotzdem im Fußballhimmel schwebte, wähnt er sich in einem "Teufelskreis". So nennt er die vergangenen Monate mit körperlichen Problemen und wenig Spielpraxis. Aus diesem Teufelskreis will er zurück nach oben - und die Hände zur Räuberleiter könnte ihm dazu Löw kreuzen. Beim 2:2 gegen Australien hat Khedira das 1:0 durch Marco Reus ansehnlich vorbereitet und auch sonst in einigen Offensivbewegungen energisch gewirkt. Nach solch einem Spieler müssten sich europäische Topklubs eigentlich sehnen - und wenn Khedira sich wieder erholt, wird er bei genau solch einem Klub im Sommer auch anheuern.

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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