Zehn Zylinder der Formel 1:007 Hamilton, der siebte Sieger

Der McLaren-Pilot schreibt Geschichte und übernimmt die WM-Führung, eine Fahrerin träumt von der Champions League der Machos und Villeneuve legt sich mit Demonstranten an. Die beste Vorbereitung für den Grand Prix von Montreal soll aber ein Videospiel sein.

Elmar Brümmer

Zehn Zylinder der Formel 1

Sergio Perez

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(Foto: AFP)

Der McLaren-Pilot schreibt Geschichte, eine Fahrerin träumt von der Champions League der Machos und Villeneuve legt sich mit Demonstranten an. Die beste Vorbereitung für den Grand Prix von Montreal soll aber ein Videospiel sein. Eine Zusammenfassung des Wochenendes in der Formel-1-Kolumne Zehn Zylinder. Sergio Perez: Es war das vielleicht entscheidende Überholmanöver seiner Karriere, die noch keine 25 Rennen alt ist: Sauber-Pilot Sergio Perez düpiert 13 Runden vor Schluss den Ferrari-Fahrer Felipe Massa. Nicht, dass es dabei besonders wichtig ist, dass es um Platz fünf ging - Perez war angesichts seiner grandiosen Reifenbehandlung von Startplatz 15 aus auf dem Weg zum dritten Rang ohnehin nicht aufzuhalten. Aber die Art und Weise, wie der 22-Jährige den Brasilianer Massa düpierte, der sich seit zehn Jahren in der Formel 1 versucht, wird man in Maranello nicht vergessen. Zum Saisonende gilt es Massas Cockpit bei Ferrari neu zu besetzen, und wir verraten jetzt nicht, wer der heiße Kandidat ist. Nur soviel: Er fährt den Sauber-Ferrari mit der Startnummer 15.

Zehn Zylinder der Formel 1

Jacques Villeneuve

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(Foto: AP)

Jacques Villeneuve: Dieses Jahr wird an seinen Vater Gilles erinnert, der vor 30 Jahren tragisch ums Leben kam, und nachdem die Formel-1-Rennstrecke in Montreal benannt ist. Jacques Villeneuve, der Sohn, hat im modernen Grand-Prix-Sport eher für mehr Aufregung gesorgt. Der Weltmeister von 1997 war Schumis großer Rivale, und liebte die Rolle als Outlaw. Das gilt mit 41 und trotz Glatze immer noch. Diesmal versuchte er als Fernsehexperte pastorenhaft den Menschen das Gute an der Formel 1 zu vermitteln - also an der Formel 1 von früher: Man habe mehr Respekt voreinander gehabt und so weiter. Die größte Respektlosigkeit leistete sich der Kanadier aber, indem er die Studenten diskreditierte, die in Montreal gegen die Erhöhung der Studiengebühren auf die Straße gehen: "Die sollen aufwachen, statt faul rumzuhängen." Daraufhin bekam er Morddrohungen.

Zehn Zylinder der Formel 1

Michael Schumacher

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(Foto: dpa)

Michael Schumacher: Die schnellste Qualifikationsrunde verpasste er, weil das Team ihn zu spät rausschickt. Nach 43 Runden klemmte im Rennen am Heckflügel das Teil, das den Silberpfeil eigentlich schneller machen soll. Schumacher wurde eingebremst, fünfter Ausfall im siebten Rennen. Auch rohe Gewalt der Mechaniker machte das Ding nicht mehr flott. Das Schnitzel, dass er beim EM-Gucken verdrückte, war so ziemlich das Beste, was dem Rekordweltmeister vom Mercedes-Team in Montreal serviert worden ist. Er stellt sich dennoch vor die Truppe: "Das ist ärgerlich, für jeden im Team. Die Jungs tun ihr Bestes, sie sind so enttäuscht wie ich das jetzt auch bin." Es geht nicht bloß um ein Rennen oder ein paar WM-Punkte für den 43-Jährigen. Für Schumi geht es vielmehr darum, ob er seinen Vertrag nochmal verlängern soll  - oder dem Fluch nachgeben.

Zehn Zylinder der Formel 1

Norbert Haug

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(Foto: dapd)

Norbert Haug: Schumachers unheimliche Pannen-Serie lässt auch den Mercedes-Sportchef zweifeln: "Es gibt die totale Zuverlässigkeit bei Nico Rosberg - und warum soll das beim Michael dann nicht gehen?" Gute Frage. In der Diskussion wird der Manager aus Stuttgart zur Sachlichkeit mahnen: "Wer sich da nicht diszipliniert benimmt, der wird nie etwas bewegen. Brüllen, auf den Tisch hauen und fluchen bringt gar nichts, sondern ganz sachliche und konzentrierte Arbeit." Die Statistik ist ein kleiner Stimmungsaufheller für den Zahlenmann aus Stuttgart: McLaren feierte mit Hamilton im 300. Rennen mit Mercedes-Motoren einen Sieg, und in den letzten fünf Rennen hat kein anderer Fahrer mehr als die 67 Punkte von Nico Rosberg geholt. Aber was zählt das wirklich?

Zehn Zylinder der Formel 1

Romain Grosjean

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(Foto: dpa)

Romain Grosjean: Der Circuit Gilles Villeneuve ist die Lieblings-Rennstrecke des Genfers - obwohl er ihn am Wochenende zum ersten Mal gefahren ist. Jedenfalls mit einem echten Auto. Grosjean, der mit seinem Lotus und einer Einstopp-Strategie sensationell Zweiter wurde, hat die Piste auf der X-Box mehr als intus gehabt. Er gibt jedoch zu: "Irgendwie ist es im Rennwagen doch ein bisschen unruhiger als auf dem Sofa." Für Grosjean ist es im zweiten Anlauf seiner Formel-1-Karriere schon das zweite Podium. Das lässt fast vergessen, dass Kimi Räikkönen als Nummer eins im Team als gesetzt galt. Der Finne wurde Achter.

Zehn Zylinder der Formel 1

Adrian Newey

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(Foto: picture alliance / dpa)

Adrian Newey: Löcher im Unterboden stopfen, das ist nicht das, was ein Ästhet wie der erfolgreichste Rennwagenkonstrukteur der jüngeren Formel-1-Geschichte zu seinen Aufgaben zählt. Aber der Extremist unter den Aerodynamikern geht im Bemühen, sich die Luft Untertan zu machen, immer wieder zu weit. Die Gegner und die Kommissare sind dem Genie von Red Bull zweimal auf die Schliche gekommen. Newey hatte schon wieder weitergedacht, prompt stand der RB8 in Montreal trotzdem auf der Pole-Position. Aber irgendwie wünscht er sich die guten alten Zeiten zurück - und geht ganz gern mit einem Jaguar E-Type von 1963 bei Oldtimer-Rennen an den Start. Die Löcher lassen ihn trotzdem nicht so schnell los: Schlupflöcher im Reglement finden, das ist seine eigentliche Lieblingsbeschäftigung.

Zehn Zylinder der Formel 1

Lewis Hamilton

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(Foto: dpa)

Lewis Hamilton: Er ist der Wutbürger der Formel 1. Er wollte nichts so sehr wie den Titel als 007 - den des siebten Siegers im siebten Rennen. Der hat dem Briten nebenbei auch noch die WM-Führung eingebracht. Endlich am Ziel? So wird er das nicht betrachten. Lewis Hamilton (der auf dem Bild seinen Sieg mit Freundin Nicole Scherzinger feiert) sieht sich eher wieder da, wo er eigentlich hingehört. Es ist das richtige Ergebnis zur richtigen Zeit. Sein McLaren-Team wollte ihn nach öffentlicher Kritik mit einem Billigangebot für eine Vertragsverlängerung demütigen. Dem Hamilton-Management, das auch die Beckhams vermarktet, schweben eher 25 Millionen Euro pro Jahr vor. Wie gut für den Sieger, dass Teamkollege Jenson Button auf Rang 16 dümpelte, und die Boxencrew wieder zwei Fehler machte. Hamiltons Erfolg ("So gut wie mein allererster Formel-1-Sieg") ist ein geldwerter Vorteil.

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Susie Wolff

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(Foto: Grimm/Getty)

Susie Wolff: Platz 13 für den Einmal-Sieger Pastor Maldonado, Platz 17 für Bruno Senna - immer noch bringen die Latinos in Diensten des ehrwürdigen Williams-Rennstalls weit mehr Geld als Talent mit. Wie gut, dass Team-Anteilhaber Toto Wolff auch eine rennfahrende Gattin hat, falls mal alles schief geht. Die DTM-Pilotin (r., mit BMW-Fahrer Martin Tomczyk) darf bislang den Ernstfall nur simulieren, glaubt aber: "Ich denke, dass es eher früher als später passieren wird." Sie meint damit den Start einer Frau in der Königsklasse, die etwas weniger aristokratisch ausgedrückt die Champions-League der Machos ist. Immerhin lässt sich die Schottin ein geräumiges Zeitfenster offen: Irgendwann in den nächsten zehn Jahren soll es so weit sie. Sie selbst ist ja erst 29 Jahre alt.

Zehn Zylinder der Formel 1

Sebastian Vettel

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(Foto: AFP)

Sebastian Vettel: Vierter werden, von der Pole-Position aus, das hätte vor kurzem eine mittelschwere Krise im Leben des Formel-1-Weltmeisters ausgelöst. In Montreal aber sprang der Heppenheimer nach dem Rennen ins Regattabecken hinter der Box und düste dann zum Talker David Letterman. Woher die neue Bescheidenheit? Da merkt einer, dass er Schadensbegrenzung auf höchstem Niveau betrieben hat. Dass er erstmals ohne großes Abstimmungsrisiko erfolgreich sein konnte, und dass man die Reifen so nehmen muss, wie sie kommen. Es ist ein Schritt zurück zum ausgeprägten Selbstbewusststein, das ihn zum Champion gemacht hat. Gewiss, für einen Siegverwöhnten gibt es angenehmere Aufgaben als die Eichhörnchen-Taktik. Aber: "Wir haben in Kanada eine Menge gelernt." Mut zur Demut?

Zehn Zylinder der Formel 1

Stefano Domenicali

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(Foto: AP)

Stefano Domenicali: Er gehört zu den angenehmsten Zeitgenossen im Fahrerlager, und deshalb ist die ausnahmsweise mal kollektive Hoffnung, dass der Teamchef von Ferrari (r., hinter Fernando Alonso) noch lange auf dieser Position bleibt. Er ist der Gegenentwurf von Jean Todt, hat aber viel vom Boxen-Napoleon gelernt. Zum Beispiel Visionen zu pflegen, und Gegner gezielt zu verunsichern. So ist es kein Zufall, dass - kaum hat es bei Red Bull gekriselt und ist die Rede auf eine Ausstiegsklausel im Vertrag von Sebastian Vettel gekommen - Domenicali den Nachrichtenagenturen diktierte: "Er ist ein Weltmeister, an dem Ferrari in der Zukunft Interesse hat." Und: "Sehr gut ist nicht ausreichend, um Sebastians Qualitäten zu beschreiben." Sowie zum Schluss: "Sag' niemals nie." Ein unsittliches Angebot ist das nicht. Bloß ein Interview.

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