Zehn-Punkte-Plan des DFB-Präsidenten:Wie Niersbach die Fifa verändern will

Lesezeit: 3 Min.

Wolfgang Niersbach (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • DFB-Präsident Niersbach stellt einen Zehn-Punkte-Plan zur Veränderung der Fifa vor.
  • Darin finden sich: schnelle Neuwahlen, Begrenzung der Amtszeit, transparente WM-Vergabe, mehr Macht für großen Länder.
  • Man kann es auch als Wahlprogramm lesen. Doch Niersbach hat Ambitionen auf den Fifa-Thron bislang bestritten.
  • Indes gibt die Fifa bekannt, dass das Vergabeverfahren für die WM 2026 verschoben wird.

In einem offenen Brief an die 26 000 Vereine des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat Verbandschef Wolfgang Niersbach umfassende Reformen der Fifa angemahnt. In zehn Punkten skizzierte Niersbach am Mittwoch seine Ideen zur Rückgewinnung der Glaubwürdigkeit des Weltverbandes, darunter eine Amtszeitbeschränkung für Fifa-Funktionäre und neue Standards bei der Vergabe von WM-Turnieren.

"Fußball ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Fußball ist Lebensfreude, Freundschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft. All das dürfen und werden wir uns nicht kaputt machen lassen", schrieb Niersbach, der seit Ende Mai Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees ist.

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Niersbach betonte, dass der angekündigte Wechsel an der Spitze des Fußball-Weltverbandes schnellstmöglich im Rahmen der Statuten vollzogen werden müsse. Der scheidende Chef Sepp Blatter dürfe aber nicht die Kontrolle über die anstehenden Reformen haben. Der kommende Fifa-Präsident müsse vom Kongress mit einer Agenda betraut werden.

Ausdrücklich verwehrte Niersbach sich gegen jeden Korruptionsverdacht rund um die WM-Vergabe 2006 nach Deutschland. Es sei traurig zu sehen, "wie Gier und fehlende Moral einiger Weniger den gesamten Fußball unter einen Generalverdacht stellen, bis hin zu unserem wunderbaren 'Sommermärchen', für das sich so viele Menschen mit großem Idealismus eingesetzt haben."

Im Roulette um einen Nachfolger von Blatter als Fifa-Chef wird auch der Name Niersbach genannt. Der Zehn-Punkte-Plan wäre diesbezüglich ein ordentliches Wahlprogramm. Doch Niersbach hat zuletzt eine Ambition auf den Fifa-Thron stets bestritten, derart detaillierte Absichten hat aber bisher keiner der potenziellen Anwärter auf das Blatter-Erbe vorgelegt. "Es ist längst überfällig, all diejenigen ins Abseits zu stellen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Die Fifa braucht nicht nur einen schnellen personellen Wechsel an der Spitze. Sie braucht mehr Kontrolle, mehr Transparenz. Sie braucht Verlässlichkeit, Seriosität und Verbindlichkeit", teilt Niersbach mit.

Vor dem Länderspiel gegen die USA am Mittwochabend erklärte indes Bundestrainer Joachim Löw, dass er nicht von einem Wechsel Niersbachs in den Weltverband ausgehe. "Er ist der beste Präsident, den wir uns vorstellen können", sagte Löw am Dienstag in Köln: "Wir können uns nur wünschen, dass er bleibt und ich gehe auch davon aus, weil es noch viele Aufgaben beim DFB gibt." Niersbach habe ihm "bei der letzten Vertragsverlängerung in der die Hand versprochen, dass er bleibt. Wolfgang steht immer auf unserer Seite. Er hat auch über unsere Grenzen hinaus eine sehr hohe Reputation."

Niersbach fordert in seinem Zehn-Punkte-Plan unter anderem die Aufklärung der Korruptions-Affären, die Einführung eines "Integritätschecks" für neue Mitglieder der Fußball-Regierung sowie eine Begrenzung der Amtszeit des Fifa-Spitze auf zwölf Jahre. "Dadurch wird eine personelle Erneuerung in den wichtigsten Positionen gewährleistet."

Zudem befürwortet er mehr Transparenz bei der Vergabe der Weltmeisterschaft. Das Verfahren solle sich eng an die sogenannte "technische Bewertung" anlehnen, wonach etwa Katar wohl gar nicht für die Vergabe 2022 zugelassen worden wäre. Im Hinblick wohl auf Katar, aber auch auf Russland 2018 fordert Niersbach zudem, dass Menschenrechte in den Ausrichterländern beachtet werden müssten.

"Freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, der Schutz von Minderheiten, Toleranz, Respekt - all das sind Werte, die während einer Weltmeisterschaft für alle Teilnehmer gelten müssen und für die sich der Fußball stark machen muss. Die Gewährleistung von Arbeitnehmerrechten und Sicherheitsstandards durch das Bewerberland muss deshalb schon im Prozess der Ausschreibung berücksichtigt werden." Zudem bleibe es Aufgabe des Fußballs auf die Einhaltung der Menschenrechte bei den bereits vergebenen Turnieren zu drängen. Niersbach positioniert sich damit als deutlicher Kritiker im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Katar aber auch in Russland.

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In vielen Teilen der Welt dürften es Fußballbosse kritisch sehen, dass Niersbach den aktuellen Abstimmungsprozess verändern will. In der Fifa gilt das Prozedere "Ein Land, eine Stimme", wodurch der mitgliederreichste Verband Deutschland ebenso eine Stimme hat wie viel kleinere Mitgliedsstaaten. "Vom Grundsatz her stehe ich für diese Form demokratischer Beteiligung, aber auch eine gewisse Stimmengewichtung anhand der Größe und der sportlichen Relevanz der Verbände halte ich für zielführend." Niersbach will also starken Fußballnationen mehr Gewicht geben in der Fifa, was den kleinen nicht gefallen wird.

Aufgrund der augenblicklichen Situation und den Ermittlungen der amerikanischen und Schweizer Behörden gegen die Fifa und einzelne Mitglieder setzt der Weltverband den Bewerbungsprozess für die WM-Endrunde 2026 vorerst aus. Die Fifa wollte eigentlich am Donnerstag zum weiteren Fortgang der WM-Vergabe 2026 Stellung nehmen. Weitere Beschlüsse, so der Weltverband in einer Stellungnahme am Mittwoch, sollen auf einem später stattfindenden Meeting des Exekutivkomitees diskutiert werden. Ursprünglich war geplant, eine Entscheidung über den Austragungsort für die WM 2026 im Jahr 2017 zu treffen.

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