Yaya Touré bei ManCity:Gefürchteter Koloss aus Bouaké

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Kein Glück, damals in Barcelona unter Pep Guardiola: Manchesters Yaya Touré. (Foto: AFP)

Er ist groß, kräftig und sowieso ein Riesenfußballer: Mittelfeldspieler Yaya Touré ist Dreh- und Angelpunkt bei Manchester City. In der Champions League will der Ivorer Bayern-Trainer Pep Guardiola beweisen, dass der ihm einst in Barcelona zu wenig Beachtung geschenkt hatte.

Von Raphael Honigstein, Manchester

Neulich hat ManchesterCity-Trainer Manuel Pellegrini Yaya Touré als "exzellenten Spieler" beschrieben. Das war einerseits eine mittlere Sensation, weil der Chilene ein Englisch spricht, das passend zur sparsamen Mimik in der Regel ohne Adjektive auskommt, andererseits fiel es nicht sonderlich auf.

Denn der Ivorer, der auf der Insel unter den Kampfnamen "der Koloss" ( Telegraph) und "der menschliche Zug" ( Daily Mail) firmiert, ist seit drei Jahren der Mann, von dem bei City alles abhängt: An guten Tagen packt sich der 1,91 Meter große Mittelfeld-Gigant - sein Gewicht wird auf der Internetseite von City verschwiegen - Ball und Spiel und donnert in großen Schritten allen davon. Staunende, sich mitunter auch am Boden windende Gegner säumen seinen Weg.

Seit der Scheichklub diesen Sommer die Diven der Kabine (Carlos Tévez, Mario Balotelli) und der Trainerbank (Roberto Mancini) ausmusterte, hat Tourés Einfluss noch zugenommen. Unter Mancini musste er oft als Spielmacher und Joker in Personalunion fungieren; wenn City ein Tor brauchte, wurde der 30-Jährige als hängende Spitze nach vorne geschoben. Pellegrini hat nun Mancinis alte Verzweiflungstaktik zum neuen Generalprinzip erhoben.

Abgesichert vom brasilianischen Neueinkauf Fernandinho (36 Millionen Euro, Schachtjor Donezk), der als Ein-Mann-Reinigungskommando die Zentrale sauber hält, darf der in seiner Jugend als Stürmer spielende Touré von Anfang an die Offensive unterstützen. Die neue Freiheit ist enorm ertragreich. Mit sechs Toren in acht Einsätzen führt er die interne Torliste vor Spezialisten wie Sergio Agüero und Edin Dzeko (je vier) an, drei der Treffer waren direkt verwandelte Freistöße. "Yaya bleibt nach dem Training oft auf dem Platz und übt Schüsse und Freistöße", hat Pellegrini erzählt.

Dass City nach sechs Spielen nur Tabellenplatz sechs in der Premier League belegt, liegt weniger an dem mit gut zwölf Millionen Euro im Jahr entlohnten Mann aus Bouaké, sondern an groben Patzern in der Defensive. Pellegrini musste viele Verletzte in der Abwehr beklagen. Und Torwart Joe Hart, der einst als das personifizierte Ende von Englands Torhütertrauma gefeiert wurde, hat zuletzt ungewollt an die Leistungen seiner Ahnen angeknüpft.

In den wichtigsten Spielen der Saison - beim 4:1 im Derby gegen Manchester United und dem 3:0-Sieg in der Champions League gegen Viktoria Pilsen - war City, einmal ins Rollen gekommen, jedoch mit Tourés Wucht aus der Mitte und der Qualität im Angriff nicht zu stoppen. Pep Guardiola bezeichnete Touré einst als "Diesel-Spieler", weil er gern mit ein bisschen Verzögerung zündete. Dem ganzen City-Team ergeht es oft ähnlich.

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Dem heutigen Bayern-Coach war Touré in der gemeinsamen Zeit bei Barcelona zu sehr Kraftfußballer, er bevorzugte den filigraneren Sergio Busquets als Taktgeber vor der Abwehr. Touré war 2007 mit 24 nach Umwegen über Metalurg Donezk, Olympiakos und AS Monaco in die katalanische Hauptstadt gekommen.

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Zuvor hatte er als Jugendlicher ein Probetraining beim FC Arsenal absolviert, das ihm sein älterer Bruder Kolo (heute FC Liverpool) vermittelt hatte. Arsène Wenger befand ihn jedoch für zu langsam. Yaya, der eigentlich mit Vornamen Gnégnéri heißt, kehrte enttäuscht zum SK Beveren zurück. Der belgische Klub importierte um die Jahrhundertwende im großen Stil afrikanische Talente.

Touré war ohne Fußballschuhe in der flandrischen Provinz angekommen und fiel dort vor allem durch seinen Heißhunger auf: Er verschlang Unmengen von Fastfood und trank literweise Fanta-Limonade, erinnern sich ehemalige Kollegen. Bei Barça wurde er von Guardiola aus dem Mittelfeld in die Innenverteidigung und dann zunehmend auf die Bank verschoben.

Pep gehöre ob der Missachtung seines Klienten "in eine geschlossene Anstalt" eingeliefert, tobte seinerzeit Tourés Berater Dimitri Seluk. "Er hatte kein Vertrauen zu mir; ich wollte bleiben, aber er wollte nicht", sagte der Spieler nach seinem 30-Millionen-Euro-Wechsel zu City im Sommer 2010 einigermaßen verbittert. Dieser Darstellung widersprach Guardiola. "Meine Tür war immer offen, er wollte zu City gehen", sagte Guardiola 2011.

Wie dem auch sei, um Tourés Motivation wird man sich beim Wiedersehen mit seinem einstigen Coach am Mittwochabend wohl keine Sorgen machen müssen. Wichtiger als die kleine, persönliche Rache ist für den einst Verschmähten jedoch Citys Rehabilitation in der Königsklasse: Bei den beiden ersten Teilnahmen schied man bereits in der Gruppenphase aus.

"Wir müssen den Fans, die City lieben, zeigen, dass wir uns verbessert haben und deshalb weiterkommen", sagte Touré. Das wird wohl gelingen, offen ist nur, ob als Erster oder Zweiter in der Gruppe. Die Gäste aus München können diese Frage zu ihren Gunsten beantworten - wenn es ihnen gelingt, den hellblauen Koloss klein zu halten. Man darf ihn halt einfach nicht laufen, spielen oder gar schießen lassen.

© SZ vom 02.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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