Die Schweiz besiegt Serbien 2:1. Es wäre alles wunderbar aus Schweizer Sicht. Wenn nur nicht der Torjubel gewesen wäre. Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri, die Schweizer mit albanischen Wurzeln, haben nach ihren Treffern mit den Händen den Doppeladler geformt. Das ist dumm. Und auch mit den politisch motivierten Provokationen und Anstachelungen vor dem Match zwischen Serben und Albanern respektive albanisch-stämmigen Schweizern nicht zu rechtfertigen.
Nachvollziehbar ist, dass Xhaka oder Shaqiri Gefühle für zwei Länder haben. Dass ihnen die Heimat ihrer Eltern wichtig ist. Dass sie einen starken Bezug zu Kosovo und Albanien haben. Das heißt allerdings nicht, dass sie der Schweiz nicht ebenso verbunden sind. Wie sehr sie bereit sind, sich für die Schweiz einzusetzen, haben sie zur Genüge bewiesen, gerade jetzt wieder in Kaliningrad.
Wie viel Schweiz steckt in dieser Mannschaft?
Die Gesten aber wirken wie ein Eigentor. Sie säen neue Zweifel und lösen alte Diskussionen aus: Wie viel Schweiz steckt in dieser Mannschaft? Wo liegt die Loyalität der Spieler? Wieso singen sie eigentlich die Hymne nicht? Es sind Fragen, die die Mannschaft vor gut drei Jahren schon einmal fast geteilt haben nach einer Kritik von Stephan Lichtsteiner und der Debatte um "richtige" und "andere" Schweizer.
Bemerkenswert und wichtig für die Deutung der jüngsten Ereignisse ist deshalb, wie Kapitän Lichtsteiner und andere Mitspieler dieses Mal reagiert haben. Mit großem Verständnis für den Doppeladler-Jubel, weil sie miterlebt haben, wie groß der Druck für die albanisch-stämmigen Spieler vor diesem Match gewesen ist.
Das zeigt: Wir sollten vorsichtig sein mit zu schnellen Schlussfolgerungen über Aufrichtigkeit, Charakter, Integrität. Die Spieler mit albanisch-kosovarischem Hintergrund sollten sich von unbedachten Gesten trotzdem schleunigst verabschieden.
Der Text wurde zuerst am 23. Juni 2018 auf der Homepage des Tagesanzeigers veröffentlicht.
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