Basketball:"Wir haben heute so dämlich gespielt"

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"Er hat uns nach allen Regeln der Kunst gedemütigt": Würzburgs Stanley Whittaker (li.) konnte auch von Bambergs Jaromir Bohacik nicht gebremst werden und erzielte insgesamt 37 Punkte. (Foto: Heiko Becker/HMB-Media/Imago)

Bambergs Basketballer führen zwei Minuten vor Schluss mit acht Punkten gegen Würzburg - und verlieren nicht nur das Derby noch nach Verlängerung, sondern auch den direkten Vergleich im Kampf um die Playoffs. Für die Qualifikation muss nun eine Aufholjagd her.

Von Christoph Leischwitz

Zwei Stunden und 28 Minuten Frankenkrimi, ein letzter Freiwurf noch vom Mann des Abends, dann wurde es schlagartig unheimlich still in der Bamberger Basketball-Arena - die Gastgeber versuchten in den verbleibenden 0,6 Sekunden gar nicht mehr, auf den gegnerischen Korb zu werfen, so tief saß der Schock. Vielleicht spielte in diesem Moment auch ein bisschen Unwissenheit mit, denn es wäre aus Sicht der Bamberger beim Stand von 99:106 immer noch wichtig gewesen, zu punkten. So aber gewann Würzburg das spannende Derby nach Verlängerung mit sieben Punkten Vorsprung. Genau diesen Vorsprung brauchten sie, um auch noch den direkten Vergleich zu gewinnen. Mit diesem Erfolg am Samstagabend festigte Würzburg den achten Tabellenplatz, der für die Playoff-Teilnahme nötig ist, Bamberg bleibt Neunter und muss in den verbleibenden sieben Partien eine Aufholjagd starten.

Nach der Stille zur Schlusssirene fand Trainer Oren Amiel deutliche Worte: "Wir haben heute so dämlich gespielt. Das ist unglaublich, und ich bin mehr als verärgert." Es sei so frustrierend, weil es ja auch nicht das erste Mal sei, dass man ein Spiel so hergeschenkt habe. Vor dem Spiel hatte der Coach gesagt, mit dem Würzburger Aufbauspiel verhalte es sich ein bisschen wie mit einer "zweiköpfigen Schlange": Cameron Hunt und Stanley Whittaker könne man nur sehr schwer beide in den Griff bekommen - wobei den Bambergern das im Hinspiel sogar einigermaßen gelungen war. Diesmal konzentrierte sich Brose in der Defensivarbeit auf Hunt, der immerhin bei 13 Punkten gehalten wurde. Whittaker allerdings war nicht zu halten. "Er hat uns nach allen Regeln der Kunst gedemütigt", sagte Bambergs Trainer Amiel später.

Der 28-jährige US-Amerikaner kam auf 37 Punkte, neun davon in der fünfminütigen Verlängerung. Ein entscheidender Unterschied in einem Derby zweier Tabellennachbarn, deren Trainer Amiel und Sasa Filipovski sich zudem sehr gut kennen: Während Whittaker eine gefühlte Ewigkeit mit vier Fouls weiterspielte, wurde der Bamberger Aufbauspieler Patrick Miller kurz vor Ende der regulären Spielzeit mit dem fünften Foul vom Feld gestellt. Beide Mannschaften haben zurzeit nur begrenzte Möglichkeiten für reibungslose Rotationen. Würzburg konnte das aufgrund der individuellen Qualität der Verbliebenen ein klein wenig besser kompensieren. Und somit auch ein schon verloren geglaubtes Spiel noch drehen. Gut zwei Minuten vor dem Spielende lag Würzburg schon acht Punkte zurück, rettete sich dank Whittaker aber noch in die Verlängerung.

Würzburg trifft nun allerdings auf Alba Berlin und den FC Bayern München

"Wir wussten, wie wichtig der Sieg für uns ist", sagte Matchwinner Whittaker nach dem Spiel bei Magentasport und ergänzte mit Blick auf die Guard-Positionen: "Wir hatten auch einige Matchups, die wir gut attackieren konnten." So habe man zwar zu Beginn des dritten Viertels den Faden verloren - nach der Pause waren nur wenige Sekunden gespielt, als eine kleine Rangelei eine mehr als zehnminütige Diskussion mit Videobeweis nach sich zog -, danach aber wieder den Fokus gefunden. Gerade noch rechtzeitig.

Und was machte die Konkurrenz? Mit einem knappen 71:69-Erfolg in Chemnitz verdrängten die Rostock Seawolves die Bamberger am Sonntagnachmittag vom neunten Rang. Der dritte fränkische Klub, Medi Bayreuth, gewann gegen den Mitteldeutschen BC sein zweites Spiel in Serie, der Tabellenletzte meldet sich damit im Abstiegskampf zurück.

Auch wenn die Ausgangslage für Bamberg nun ungünstig ist, entschieden sind die Duelle um einen Playoff-Platz und die fränkische Basketball-Vorherrschaft freilich noch nicht. Würzburgs nächste Gegner sind immerhin Alba Berlin und FC Bayern. Außerdem hat Bamberg auch noch etwas gegen die fehlende Rotation getan und kurzfristig einen weiteren Aufbauspieler für den verletzten Amir Bell verpflichtet. Dieser hatte sich vor zwei Wochen beim Heimspiel gegen Rostock (88:94) das Schienbein gebrochen. Allerdings kam der aus Finnland verpflichtete Devon Thomas trotz der Personalnot gegen Würzburg noch nicht zum Einsatz. Der Verein hat eine einwöchige Ausstiegsoption eingebaut, Trainer Amiel will offensichtlich erst noch Trainingseindrücke sammeln. Thomas' bisherige Stationen, etwa in der dritten französischen Liga oder in Vietnam, legen den Schluss nahe, dass der US-Amerikaner erst noch beweisen muss, wie sehr er das Team tatsächlich verstärken kann.

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