Natürlich sagte Felix Magath auch am Dienstag nicht, ob er in dieser Transferperiode noch einen Spieler zu verpflichten gedenkt. "Das wird man sehen", ist seine liebste Redewendung, was heißen soll: "Kann sein, dass ich mich entschieden habe. Vielleicht aber auch nicht." Das hält die Spannung, und ist ja irgendwie auch Sinn und Zweck dieser winterlichen Transferperiode, die erst am kommenden Dienstag, 23:59 Uhr, ihr Ende findet.
Was Magath in der bisherigen Transferzeit fabriziert hat, war am Samstag in Wolfsburg zu bestaunen. Fünf seiner acht Zugänge hatte er seinem Publikum beim 1:0 gegen Köln präsentiert; was aus ihnen wird, ist leicht abschätzbar: Manche werden scheitern, obwohl viele Millionen Euro teuer, und den Verein bald wieder verlassen. Andere dürften das Spiel der Wolfsburger bereichern. Petr Jiráček etwa, der Tscheche mit der Zottelfrisur, der bereits in seinem ersten Einsatz zeigte, wie man ein Spiel kampfstark strukturiert.
Gewiss eine Verstärkung ist Ricardo Rodriguez. Der ist mit acht Millionen Euro Magaths kostspieligster Wintereinkauf, mit 19 Jahren gleichzeitig der jüngste. Dem Spiel des Linksverteidigers merkte man dessen Jugendlichkeit kaum an: Rodriguez füllte seine Position sofort zu großer Zufriedenheit aus. Weil ihn die Kölner defensiv kaum forderten, schaltete sich der Schweizer in die Offensive mit ein. In der ersten Halbzeit zog er einen Freistoß fast von der Torauslinie frech direkt aufs Tor, zu Beginn der zweiten Halbzeit hielt er mit einem 20-Meter-Schuss beherzt drauf. Und verfehlte nur knapp.
Am Ende hatte Rodriguez nicht nur die meisten Torschussvorlagen gegeben (vier), sondern auch die meisten Wolfsburger Ballkontakte (83). "Ich denke, für den Anfang hat es schon ganz gut geklappt", kommentierte Rodriguez seine Leistung bescheiden.
In der Schweiz ist Ricardo Rodriguez schon länger eine große Nummer. Der Sohn eines Spaniers und einer Chilenin gilt hier als größtes Abwehrtalent des Landes, schaffte es beim FC Zürich innerhalb von anderthalb Jahren zum Nationalspieler. Sein Wechsel nach Wolfsburg sorgte zwar kurzzeitig für Verstimmung, weil sein Berater vorpreschte, ohne sich mit Zürich grundsätzlich über Rodriguez' Abschied geeinigt zu haben. Als dann jedoch die Ablösesumme feststand, die laut Schweizer Medien inklusive Erfolgsprämien von bislang acht auf zehn Millionen Euro steigen könnte, stimmten auch die Züricher zu. Wie gut dieser Rodriguez ist, musste auch der FC Bayern bereits erfahren.
Insbesondere Arjen Robben. In der Qualifikation zur Champions League, als Zürich am Ende deutlich scheiterte, entnervte Rodriguez den Niederländer, der den dunklen Pferdeschwanz des Schweizers häufiger vorbeifliegen sah, als es ihm lieb war. "Er hat die Fähigkeiten, höherklassig zu spielen", urteilte anschließend Bastian Schweinsteiger. Und auch Präsident Uli Hoeneß bestätigte, dass er mit Zürichs Vizepräsident Fredy Bickel über Rodriguez gesprochen hatte.
VfL Wolfsburg in der Einzelkritik:Staunen im Zoo von Felix Magath
Gegen Köln präsentiert Felix Magath seinem Publikum stolz seine Winterschnäppchen: Darunter ein zähnefletschender Portugiese, ein tschechischer Türsteher und ein ausgebuffter 19-Jähriger. Der VfL Wolfsburg beim 1:0 gegen Köln in der Einzelkritik.
Als sich im Winter Rodriguez' Abschied aus Zürich andeutet, hatten die Bayern jedoch keinen Bedarf auf der Position des Linksverteidigers. Zum Glück für Felix Magath: Obwohl Rodriguez auch Anfragen von Ajax Amsterdam und Paris Saint-Germain hatte, wechselte er nach Wolfsburg. Was er dort anstellt, wird in seiner Heimat wohlwollend beäugt: Ein "überzeugendes Debüt", sah etwa die Tageszeitung Blick gegen Köln.
VfL Wolfsburg in der Einzelkritik:Staunen im Zoo von Felix Magath
Gegen Köln präsentiert Felix Magath seinem Publikum stolz seine Winterschnäppchen: Darunter ein zähnefletschender Portugiese, ein tschechischer Türsteher und ein ausgebuffter 19-Jähriger. Der VfL Wolfsburg beim 1:0 gegen Köln in der Einzelkritik.
Wie viel Magath von seinem jungen Schweizer hält, ist offenkundig. Gleich in seinem ersten Bundesligaspiel übertrug er Rodriguez große Verantwortung, insbesondere die des ruhenden Balles. Wann immer Wolfsburg Eckbälle oder Freistöße zugesprochen bekam, durfte Rodriguez ran, was diesen "sehr stolz" gemacht habe, wie er später erklärte. Mit 19 Jahren, in seinem ersten Bundesligaspiel. Ziemlich abgeklärt.
Wer Rodriguez gegenübersteht, der merkt dann doch, dass hier ein junger Mann steht, der noch nicht allzu lange Auto fahren darf. Nervös tippelt er von einem Bein aufs andere, er spricht ausgesprochen langsam, was weniger an seiner Herkunft liegt, sondern an seiner Schüchternheit. "Ich bin gut aufgenommen und fühle mich integriert", sagt Rodriguez über seine ersten Eindrücke: "Aber hier geht es viel schneller zu als in Zürich. Es gibt mehr Zuschauer."
Ob er auch höherem Tempo standhält, darf Rodriguez am Samstag beim Auswärtsspiel in München beweisen. Dort soll es bekanntlich noch hektischer zugehen als in Wolfsburg. Dann trifft der Schweizer auf jenen Großklub, der ihn mal auf dem Zettel hatte. Und Arjen Robben trifft wieder auf diesen fliegenden Pferdeschwanz.