Wolfsburgs de Bruyne:Gegenteil von Diego

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Kevin de Bruyne: anderer Stil als Diego (Foto: Bongarts/Getty Images)

Ein aufsässiger Kobold als Meister der Raumdeutung: Kevin de Bruyne hat den Stil des VfL Wolfsburg innerhalb weniger Wochen verändert. Mit ihm sollen die Schwankungen enden, für die der bisherige Spielmacher Diego stand.

Von Tobias Schächter

Gleich nach dem Duschen sprach Kevin de Bruyne eine Drohung aus. Der 22-jährige Belgier sieht zwar aus wie eine harmlos gezeichnete Figur aus einem Kinderbuch, auf dem Platz verwandelt er sich für gegnerische Abwehrreihen aber in einen aufsässigen Kobold, einen Fußball-Pumuckl aus Belgien.

Vielleicht hat de Bruyne seine Worte Dienstagnacht nicht so gemeint, aber sie müssen bei den künftigen Kontrahenten des VfL Wolfsburg wie die Ankündigung größter Schwierigkeiten klingen: "Ich bin glücklich über mein Level, das ich bis jetzt erreicht habe", sagte de Bruyne zunächst noch pathetisch. Gerade hatte sein VfL durch ein 3:2 bei 1899 Hoffenheim das Halbfinale im DFB-Pokal erreicht, und de Bruyne hatte dabei eine Leistung gezeigt, die vorsichtig als glänzend zu beschreiben war. Danach fügte er hinzu: "Aber es kann noch besser werden."

Die Frage die sich aufdrängt, ist nicht so sehr, was de Bruyne eigentlich noch besser machen kann als in Sinsheim. Entscheidender ist, ob er diese Leistung künftig konstant zeigen kann. Und falls ja: Was könnte dies für die Entwicklung des VfL Wolfsburg, derzeit Sechster in der Liga und nun Pokal-Halbfinalist, bedeuten? Es ist ja seit seinem Gastspiel bei Werder Bremen in der Saison 2012/13 mehr als nur eine Ahnung, dass dieser de Bruyne ein Talent ist, das mit sicherem Instinkt für den Raum und großem Spielverständnis auffällt.

Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking bezeichnete die Leistung des Belgiers als "überragend". Dennoch äußerte er auch Zweifel, ob de Bruyne derart effektiven Glanz dauerhaft versprühen kann. Vor seinem Wechsel im Januar hatte de Bruyne sieben Monate kaum Einsätze beim FC Chelsea.

Derzeit kompensiere der Spieler fehlende Praxis durch seinen Willen und die Begeisterung über den Wechsel, meint Hecking. Ja, das stimme, sagt de Bruyne. Bei Chelsea konnte er sich nicht durchsetzen, Trainer José Mourinho ließ ihn irgendwann fallen. Und Chelsea brauchte Geld wegen der Financial Fairplay-Regeln der Uefa. Wolfsburg überwies angeblich rund 17 Millionen Euro.

In Wolfsburg wollen Hecking und Manager Klaus Allofs nun eine neue Mannschaft bauen - ohne Diego, den prägenden Spieler der Vorjahre, den sie zu Atletico Madrid ziehen ließen. An Diegos Leistungen waren stets die Schwankungen der ganzen Mannschaft abzulesen gewesen. Das zu ändern, braucht Zeit.

Dass der Spagat zwischen mittelfristigem Umbau und kurzfristigem Erfolg dennoch gelingen könnte, deutete der VfL in Hoffenheim an. Allofs und Hecking helfen bei dieser anspruchsvollen Aufgabe natürlich die finanziellen Ressourcen des VW-Konzerns. Das zeigen die Beispiele Luiz Gustavo - und de Bruyne. Andere Bewerber wie Dortmund und Leverkusen konnten im Bieten um den belgischen Nationalspieler nicht mithalten.

Mit Maximilian Arnold versteht sich de Bruyne immer besser

Mit de Bruyne hat sich der zuvor auf Diego zugeschnittene Stil komplett verändert. "So ein dominanter Spieler wie Diego zieht die Bälle, er wird von seinen Mitspielern gesucht, weil sie wissen, dass der Ball bei ihm gut aufgehoben ist", sagt Hecking. De Bruyne aber sucht den Raum, wird angespielt und zeigt dann sofort Zug zum Tor. "Mehrmals hat sich de Bruyne im Rücken unserer Sechser weggeschlichen", stöhnte Hoffenheims Trainer Markus Gisdol.

War Diego ein Ballmagnet, so ist de Bruyne ein Meister der Raumdeutung. Mit dem 19-jährigen Maximilian Arnold verstehe er sich immer besser, sagt de Bruyne; auch Arnold, der nun eher von außen sein Spiel aufzieht, bestätigt das. Und außerdem, sagt Arnold, wechsle man sich auch immer wieder ab: "Mal ist er in der Mitte, mal ich."

Noch ist der Umbau des VfL Wolfsburg nicht wirklich abgeschlossen, die Defensive wirkt nicht unumstößlich stabil, der Sieg war am Ende in Unterzahl (Gelb-rot für Linksverteidiger Rodriguez) stark gefährdet. Aber mit Kevin de Bruyne hat der VfL Wolfsburg "nun eine taktische Variante mehr", wie Manager Allofs sagt. Vielleicht ist diese Variante auf dem angestrebten Weg in den internationalen Wettbewerb ja tatsächlich die entscheidende.

© SZ vom 14.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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