WM-Qualifikation: deutsche Gruppe:Schöne Grüße von Alexander

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Russland besiegt Finnland 3:0 - die deutsche Elf muss sich im Kampf um das direkte WM-Ticket auf ein Endspiel auf ungewohntem Untergrund einstellen.

J. Aumüller

Für die Partie der WM-Qualifikationsgruppe IV am 10. Oktober steht auf manchen Spielplanübersichtsseiten in der Spalte "Spielort" noch gar nichts, auf anderen zumindest Moskau und auf wieder anderen schon ganz detailliert Moskau, Stadion Luschniki. Am 10. Oktober kommt es zum Duell zwischen Russland und Deutschland, und auch wenn der Spielort offiziell noch nicht feststeht, läuft es darauf hinaus, dass die Begegnung im Moskauer Luschniki-Stadion und damit auf dem für die deutsche Nationalelf ungewohnten Kunstrasen stattfindet.

Die Männer des Spiels: Alexander Kerschakow (rechts) erzielte zwei der russischen Treffer, Konstantin Syrjanow (links) den dritten. (Foto: Foto: AFP)

Bundestrainer Joachim Löw hat sich wohl schon darauf eingestellt, dass seine Spieler auf dem synthetischen Belag antreten müssen. In den Tagen vor der Partie gegen Russland will Löw seine Mannschaft in Mainz trainieren lassen - weil am Bruchweg ein Spielfeld existiert, auf dem das gleiche künstliche Grün wie im Luschniki-Stadion liegt. Seit Mittwochabend ist klar, dass sich die Deutschen in Mainz besonders intensiv vorbereiten müssen. Während die Löw-Elf spielfrei hatte, siegte Russland in Finnland mit 3:0 - und damit steuert die WM-Qualifikationsgruppe IV auf ein echtes Endspiel zu.

Nachdem beide Mannschaften sechs Partien bestritten haben, ist die DFB-Elf der russischen Sbornaja einen Punkt voraus; Finnland auf dem dritten Rang hingegen liegt abgeschlagen zurück. Und es ist an den nächsten beiden Qualifikations-Spieltagen (Deutschland spielt in und gegen Aserbaidschan, Russland gegen Liechtenstein und Wales) nicht davon auszugehen, dass sich an dieser Ausgangslage etwas ändert - und dass dem Kunstrasen so entscheidende Bedeutung zukommt, wenn es um die Frage geht, wer als Gruppenerster direkt für Südafrika buchen darf und wer als Gruppenzweiter in die Relegation muss.

Entsprechend wichtig sind die Erkenntnisse, die Co-Trainer Hansi Flick und Chefscout Urs Siegenthaler aus dem Helsinker Olympiastadion mitbrachten - jener Spielstätte, an der die deutsche Mannschaft im September nur 3:3 spielte und ihren bisher einzigen Fehltritt erlebte. Denn während sich die Nationalspieler quer über den Globus verstreut von den Saison-Strapazen erholen, waren Flick und Siegenthaler vor Ort, um das Spiel zu beobachten.

Dabei sahen sie, wie die von Guus Hiddink trainierten Russen von Beginn an die bessere Mannschaft waren. Am Ende fiel der Sieg vielleicht um ein Tor zu hoch aus, verdient war er aber allemal. Dabei dürften sich Flick und Siegenthaler zur russischen Elf vor allem zwei Dinge notiert haben: Zum einen erwies sich die Abwehr einmal mehr als anfällig und hatte bei einigen, meist aus Standardsituationen resultierenden Chancen der Finnen Glück, dass Torhüter Igor Akinfejew ohne Gegentreffer blieb. Zum anderen mussten sie die Liste gefährlicher russischer Offensivkräfte um einen weiteren Namen ergänzen: und zwar um den von Alexander Kerschakow, der gegen Finnland mit zwei Toren für die Vorentscheidung sorgte, ehe Konstantin Syrjanow mit dem Tor zum 3:0 den Endstand herstellet.

Weder bei der EM noch in der bisherigen WM-Qualifikation spielte der 26-jährige Kerschakow von Dynamo Moskau eine Rolle, doch in der russischen Nationalelf ist er alles andere als ein Unbekannter. Der langjährige Angreifer von Zenit St. Petersburg, der nach einem einjährigen Zwischenstopp in Sevilla Anfang 2008 nach Russland zurückkehrte, wurde 2004 Torschützenkönig in der Premjer-Liga und traf bei seinen insgesamt 45 Länderspielen bei jedem dritten Einsatz, weshalb ihm die Fans auch den Spitznamen "Alexander, der Große" gaben.

Hiddinks Qual der Wahl in der Offensive

Damit gesellt sich für die deutsche Abwehr zur Ungewissheit über den ungewohnten Kunstrasenplatz die Ungewissheit über die Besetzung der russischen Angriffsreihe. Hiddink kann für seine Offensivpositionen zwischen Kerschakow, Anarcho-Wirbler Andrej Arschawin, Stoßstürmer Pawel Pogrebnjak, England-Legionär Roman Pawljutschenko, den feinen Technikern Dmitrij Torbinskij und Dinijar Biljaletdinow sowie Nachwuchs-Regisseur Alan Dsagojew wählen. Selbst Wladimir Bystrow, der während der EM lediglich auffiel, als er gegen Spanien nur 24 Minuten nach seiner Einwechslung das Spielfeld wieder verlassen musste, weil er Hiddinks taktische Vorgaben missachtete, genießt wieder das Vertrauen des Niederländers. Seine Nominierung gegen Finnland rechtfertigte der Spartak-Spieler mit einer überdurchschnittlichen Leistung.

Während Hiddink in der Offensive also die Qual der Wahl hat, muss er sich um die Abwehr weiter Sorgen machen. Und er muss darauf hoffen, dass seine Elf im weiteren Qualifikationsverlauf konstanter wird. Denn die Punkteausbeute der Sbornaja war zwar zufriedenstellend, die Spielweise war es nicht immer. Überzeugende Leistungen wie am Mittwoch gegen Finnland oder im vergangenen Oktober gegen Deutschland, bei denen die Russen so schnell und kombinationsstark wie zu besten EM-2008-Zeiten spielten, wechselten mit Partien ab, in denen nichts von den schnellen und kombinationsstarken EM-2008-Zeiten zu sehen war. Und in denen auch nur knappe Resultate wie ein 2:1 gegen Wales, ein 2:0 gegen Aserbaidschan oder ein 1:0 gegen Liechtenstein heraussprangen.

Auf russische Patzer sollten sich Joachim Löw und die deutsche Mannschaft aber nicht verlassen. Vielmehr müssen sie sich nun darauf einstellen, dass der Weg nach Südafrika über die Städte Mainz und Moskau führt.

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