Vor vier Jahren, da hatte das Spiel um Platz drei einen Stellenwert - keinen sportlichen zwar, aber es diente doch, dieser bedeutungsschwangeren Weltmeisterschaft im eigenen Land das Happy End zu servieren, das dieses sogenannte Märchen eben brauchte. Es komplettierte die Dramaturgie von Sönke Wortmanns Dokumentarfilm, weil die geschlagenen Heroen aufstehen und gewinnen durften, es beschied der feierwütigen Fanmeilen-Meute eine weitere Party - und es sorgte nebenbei dafür, dass der verdiente Oliver Kahn einen würdigen Abschied aus der Nationalelf bekam.
Im Jahr 2010 müssen sich die Spieler der deutschen Elf Mühe geben, diesem Spiel gegen Uruguay am Samstag eine Bedeutung abzugewinnen. Kapitän Philipp Lahm sagte direkt nach der Niederlage im Halbfinale gegen Spanien, dass er keine Lust auf das Spiel um Platz drei habe. Am Donnerstag relativierte er immerhin: "Es ist schöner, sich mit einem Sieg zu verabschieden als mit einer Niederlage." Das ist nicht gerade als Plädoyer für die Austragung der Begegnung zu verstehen.
Thomas Müller, im Halbfinale gesperrt, merkte immerhin an, dass es für Kollege Miroslav Klose noch ein persönliches Ziel zu erreichen gilt, nämlich den des WM-Rekord-Torschützen: "Vielleicht können wir Miro noch ein oder zwei Tore auflegen", sagte er - und klang dabei nicht kämpferisch, sondern eher melancholisch. Selbst Klose gab schon vor dem Halbfinale zu Protokoll, dass ihm der Torjäger-Titel nicht viel wert sei, wenn die Mannschaft nicht gewinne, und nun droht ausgerechnet Klose wegen Wirbelsäulen-Problemen auch noch auszufallen.
Zudem fehlt der Gedanke, einem verdienten Spieler einen würdigen Abschluss zu bereiten wie Kahn vor vier Jahren. Tim Wiese könnte auflaufen, doch wird er nach der WM weitermachen und nach der Rückkehr von René Adler wohl nur dritter Torwart sein. Er würde einen Einsatz bei diesem Spiel wohl kaum als Würdigung empfinden. Und für Spieler wie Serdar Tasci oder Stefan Kießling wäre ein Einsatz allenfalls eine Belohnung, viel Bedeutung würden sie dem Spiel dennoch nicht beimessen.
Auch die Dramaturgie fordert in diesem Jahr keinen Sieg als Abschluss, weil es einerseits keinen Dokumentarfilm gibt und zum anderen die deutsche Elf auf eine Party mit den Fans zu Recht verzichten will. "Wir hatten es nach der WM 2006 und der EM 2008. Und das große Ziel der Mannschaft hier war mehr als das Spiel um Platz drei", sagte Lahm. "Es wäre unpassend, sich zwei Tage nach dem Spiel um Platz drei feiern zu lassen." Aus diesem Grund haben sich die Spieler gegen eine Feier entschieden.
Es ist ein Spiel ohne Wert, das am Samstag stattfindet, daran ändert auch der Besuch von Bundespräsident Christian Wulff nur wenig. Einzig die Freunde historischer Parallelen dürften die Partie mit Spannung verfolgen. Sie können dann darauf verweisen, dass im Jahr 1970 die deutsche Elf das Spiel um Platz drei gegen Uruguay mit 1:0 gewann - und vier Jahre später Weltmeister wurde.