Wirbel um HSV-Profi Tah:Voodoo im Kleingedruckten

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Hamburger SV v Greuther Fuerth - DFB Cup

Erstaunlich, wie gelassen Jonathan Tah bisher geblieben ist. Er gehört im Moment zu den - wenigen - Leistungsträgern beim HSV.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist der Vertrag überhaupt gültig? Wer hat ihn der Presse zugespielt? Und wer nutzt die Mail-Adresse eines Spielerberaters? Um den 17-jährigen Verteidiger des Hamburger SV, Jonathan Tah, ist ein bizarrer Streit entbrannt, der Einblicke in die dubiosen Ecken des Geschäfts zulässt.

Von Jörg Marwedel

Am kommenden Dienstag wird Jonathan Tah 18 Jahre alt. Der Verteidiger des Hamburger SV, der gerade seine erste eigene Wohnung bezogen hat und bis zum Sommer noch sein Fachabitur und den Führerschein machen will, gilt mit seiner erstaunlichen Ruhe und Übersicht als eine der wenigen positiven Erscheinungen in dieser für den HSV bisher so furchterregenden Saison. Trainer Bert van Marwijk schätzt, der Marktwert des jüngsten HSV-Profis werde irgendwann mal "20, 30 oder 40 Millionen Euro" betragen. Ob der deutsche Junioren-Nationalspieler mit ivorischen Wurzeln aber am Samstag gegen Hertha BSC noch immer jene bisherige Gelassenheit ausstrahlen wird, ist fraglich.

Um das 1,92 Meter große Talent ist ein Streit entbrannt, der gleich mehrmals vor Gericht enden könnte. Es ist ein Streit, der eine Menge Einblick gibt in das zuweilen dubiose Fußball-Geschäft. Es geht dabei um wahrlich große Summen, um einen angeblich nicht gültigen Kontrakt mit dem HSV bis 2018 - und es geht darum, wer den Vertrag mit all seinen Details den Hamburger Medien zugespielt hat.

Im Vertrag ist nicht nur Tahs gestaffeltes Gehalt festgehalten (derzeit 50.000 Euro monatlich, vom 1. Juli 2017 an 120.000 Euro), sondern auch die Ablöse festgelegt. Verlässt Tah den HSV im Sommer 2014, beträgt sie 25 Millionen Euro, ein Jahr später noch 15 Millionen. Da hat der Klub aber ein Veto-Recht - falls er den Lohn dann auf 150 000 Euro monatlich erhöht.

Auch die Zahlungen an Tahs Berater Akeem Adewunmi lassen sich im Kleingedruckten einstweilen genüsslich nachlesen. Er bekommt zehn Prozent von Tahs Jahresbrutto-Gehalt, bei einem Transfer ebenfalls zehn Prozent der Ablöse. Und sollte der Teenager für mehr als 25 Millionen Euro verkauft werden, dann erhält er vom Zugewinn 40 Prozent.

Wer aber - und das ist nun die Frage - hatte bei dieser in Hamburg als "Schmutzaffäre" bezeichneten Auseinandersetzung ein Interesse, pikante Einzelheiten öffentlich zu machen? Eigentlich kennen nur Jonathan Tah, seine Eltern Anja und Aquila, die für ihren minderjährigen Sohn mit unterschreiben mussten, der HSV (Vorstand plus Aufsichtsrat) sowie Berater Adewunmi den Kontrakt.

Abgeschickt wurde er aber unter der Mail-Adresse von Joel Essomba. Das ist ein offizieller Fifa-Berater, der unter anderem den früheren HSV-Profi Timothee Atouba (derzeit beim spanischen Zweitligaklub Las Palmas) im Portfolio hat. Doch Essomba, nach eigenen Aussagen ein sehr guter Freund von Adewunmi, sagt: "Jemand hat meine Daten benutzt." Er werde zur Polizei gehen und Anzeige erstatten; er vermutet, dass Aquila Tah der Täter ist. Er habe deshalb auch schon mit ihm telefoniert. Der inzwischen in Straßburg lebende Vater von Jonathan Tah, ein Computer-Fachmann, bestreitet das.

Gleichwohl hat sich Tah senior bei Hamburger Zeitungen gemeldet und erzählt, dass Adewunmi keineswegs der Berater seines Sohnes Jonathan sei. Er habe keinen Vertrag mit den Tahs, sondern arbeite für den HSV und kassiere alles. Er habe andere Interessen als sein Sohn, glaubt der Vater.

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