Wettmanipulation:Die zweite Seuche im Sport wurde lange marginalisiert

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Auch die Politik nimmt Spielmanipulationen im Sport inzwischen ernster. (Foto: dpa)

Der Betrugsskandal im belgischen Fußball verweist auf ein strukturelles Problem des Sports. Wie Doping, das andere große Übel, wurde Korruption zu lange unterschätzt.

Kommentar von Barbara Klimke

Drei Tenniskarrieren endeten Anfang der Woche auf einen Schlag. Der Bekanntheitsgrad von Anucha Tongplew, Apisit Promchai und Chitchai Srililai beschränkte sich zwar nur auf die unterklassige Future-Tour. Dafür ist das verdächtige Gebaren des Schiedsrichter-Trios der Anti-Betrugs-Einheit der Weltverbände aufgefallen: Die drei Referees wurden auf Lebenszeit gesperrt. Spielmanipulation und Wettbetrug lautet der Vorwurf, für den persönlichen Profit hat das geständige Trio wohl auch Ergebnislisten gefälscht.

Der Fall wirft erneut einen Schatten auf ein Gewerbe, dem eine unabhängige Untersuchungskommission bereits vor Jahren ein "ernsthaftes Integritätsproblem" bescheinigte. Der weiße Sport ist schon wegen der Wettkampfstruktur anfällig für schmutzige Machenschaften: zwei, maximal vier Spieler pro Partie, ein Referee, hohes Preisgeld, dazu täglich Tausende Matches, auf die sich wetten ließe. Da bleibt der Kreis der Mitwisser klein.

Wettbetrug
:Champions-League-Spiel zwischen Paris und Belgrad gerät ins Visier

Nach dem 6:1-Sieg der Franzosen gehen Ermittler Berichten zufolge einem Verdacht auf Wettbetrug nach. Eine Belgrader Führungsfigur soll rund fünf Millionen Euro auf eine Niederlage mit fünf Toren Differenz gesetzt haben.

Der Filz im fernen Thai-Tennis lieferte zunächst nur eine Momentaufnahme. Schnell fortgespült durch die tägliche Flut an Punkten, Toren und Tabellen, aus denen Sport besteht. Aber schon zur Wochenmitte war das Thema wieder da, als die Razzien im belgischen Fußball begannen. Dort geht es um weit größere Dimensionen. Der Verdacht von Geldwäsche, Steuerbetrug und Korruption steht im Raum; mindestens zwei Ligaspiele sollen verschoben worden sein. In der Nacht zum Freitag wurden mehrere Haftbefehle erlassen, darunter gegen die Spielerberater Dejan Veljkovic und Mogi Bayat, die den betroffenen Klubs angeblich durch die Verträge ihrer Klienten nahestanden, sowie gegen einen Schiedsrichter. Weil die Ermittlungen sich auch auf Top-Klubs wie Brügge oder Anderlecht beziehen, hat die Affäre die belgischen Landesgrenzen bereits überschritten; sie könnte sogar die Champions League kontaminieren.

Apropos Champions League: Am Freitagabend folgte die Nachricht, dass das 1:6 von Roter Stern Belgrad bei Paris St. Germain unter Manipulationsverdacht steht. Verwundern darf das alles nicht. Sport ist ein globales Geschäft. Von anderen Gewerben unterscheidet ihn nur sein Wesen, das aus reinem Wettbewerb besteht. Aus Wettkampf - Match, Spiel, Duell - plus Regeln. Wer diese bricht, hat sich oft schon einen unlauteren Vorteil erschlichen. Vergrößert hat sich die Angriffsfläche für Manipulationen ständig durch immer größere Geldbeträge, die im Umlauf sind. Allein den Sportwettmarkt schätzte das Unternehmen Sportradar, der führende Anbieter von Sportdatenanalysen, kürzlich auf einen Umsatz von einer Billion Euro. Da lässt sich schon mit Promille-Einsatz ordentlich Kasse machen. So erklärt sich, warum sich im Gangstermilieu die Aktivitäten vermehrt auf Spielmanipulation verlagert haben, erleichtert durch die moderne Kommunikation: Einflussnahme per Mausklick und App.

Man kennt den Sportbetrug seit der Antike

Wenig davon ist neu. Kriminelle Machenschaften im Fußball wurden auch in Deutschland seit dem Bundesligaskandal in den Siebzigerjahren punktuell immer mal aktenkundig. Man kennt den Sportbetrug, seit im antiken Griechenland Athleten zum Ringkampf antraten.

Fahrlässig aber war die Haltung der Sportverbände, die das alte Problem lange unterschätzten. Und es dann, wie das zweite Problemfeld, strukturelles Doping, marginalisierten. Das Internationale Olympische Komitee lässt immerhin seit den Spielen 2008 die Bewegungen auf dem Wettmarkt von Experten systematisch beobachten; der Deutsche Fußball-Bund arbeitet mit den Kontrolleuren von Sportradar zusammen. Letztlich aber, auch das gehört zur Wahrheit des Sports, wird es so ausgehen, wie man es aus der Mythologie der Griechen kennt: Wenn man der Hydra einen Kopf abschlägt, wächst ein neuer nach.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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