Wetten:Wetten im Fußball: Drei Schiedsrichter im Fokus

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Eine Studie fand Auffälligkeiten bei Wetteinsätzen. (Foto: dpa)
  • Nach einer neuen Studie gibt es drei Schiedsrichter in der Bundesliga, bei denen zwischen 2010 und 2015 mehr Geld gesetzt wurde, als bei anderen.
  • Experten zweifeln, ob dies ein starker Hinweis auf Manipulation ist. Sie kritisieren Schwächen der Analyse.
  • Die größere Gefahr gehe von Spielern aus, wie ein aktueller Fall aus England zeigen würde.

Von Thomas Kistner

Der Sachverhalt klingt so spektakulär, dass der Fußball seit Freitag eine hitzige Debatte führt: Über fünf Jahre hinweg soll es in der Bundesliga zu auffälligem Wettverhalten gekommen sein, vermeldete der Westdeutsche Rundfunk (WDR) unter Hinweis auf eine Studie der Universitäten Bielefeld, Pennsylvania und West Virginia. Diese legt den Verdacht tatsächlich nahe, doch Beweise für Wettmanipulation liefern die Wissenschaftler nicht. Nun herrscht Aufruhr: Politiker fordern Aufklärung, der Deutsche Fußball-Bund widerspricht. Doch unter Wettexperten schwankt die Einschätzung des schon im Januar vorgelegten, 26-seitigen Papiers zwischen "unklar" und "irrelevant".

Bundesliga und Wettbetrug: eine heikle Verknüpfung. Die Forscher betonen, dass die ihrer Studie zugrunde liegende Analyse von Geldeinsätzen beim britischen Onlineanbieter betfair keine Beweise für so einen Kontext ergeben habe, nur Hinweise. Laut Sportökonom Christian Deutscher (Bielefeld) wurden drei Referees identifiziert, "bei denen statistisch mehr Geld gesetzt wird, wenn sie das Spiel pfeifen. Diese Auffälligkeit würde man auch erwarten, wenn es sich hierbei um einen Wettbetrug handeln würde".

Die britische Glücksspielkommission meldet Regelverletzungen bei 53 Kickern

Branchenprofis wie Andreas Krannich widersprechen. "Das kann nur ernst nehmen, wer die Grundsätze des Sportwettens ignoriert", findet der Chef der Überwachungsfirma Sportradar. Die Studie sei der Branche bekannt und mit dem Profibetrieb besprochen worden. Sportradar arbeitet auch für die Bundesliga. Krannich führt Argumente aus der komplexen professionellen Ermittlungsarbeit ins Feld, die das Quotenmodell der Studie erschüttern. Untersucht wurden erklärtermaßen "nur pre-play-transactions", also Wetteinsätze vor Spielbeginn. Aber: "Rund 80 Prozent aller Wetteinsätze werden aber live gesetzt", betont Krannich - und "über 75 Prozent aller von uns gefundenen Manipulation finden bei Live-Wetten statt". Auch schwankten die Wettumsätze an den diversen Spieltagen: "Ein Montagabend-Spiel wird intensiver bewettet als ein vergleichbares samstagmittags, wenn alle Top-Ligen spielen."

Reale Manipulationsgefahr sehen die Betrugsfahnder anderswo. Just machte die britische Glücksspielkommission publik: Seit August 2014 wurden ihr mögliche Regelverletzungen von insgesamt 53 Kickern gemeldet. Jetzt untersucht der englische Verband FA diese Fälle. Dabei soll es aber meist um Spieler gehen, die ihre eigenen Namen oder Accounts benutzt haben. Anfängerfehler, sagen Experten.

"Wenn sie der Zahl 53 eine Null zufügen, ist auch das noch die Spitze des Eisbergs", sagt Krannich. Er verweist auf die unzähligen Möglichkeiten, verdeckt zu zocken; diese würden erfahrungsgemäß auch genutzt: "Ein Drama. Und das ist bei uns nicht anders."

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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