Nachwuchs-Fußball:Das Geschäft mit den Fußballtalenten

26 05 2016 Jugend Fussball Saison 2015 2016 Stadion Poststrasse Verl 8 PT Sports Juniorcup 20

Kenan Yildiz (FC Bayern München, links) ist eines von vielen ganz jungen Talenten, für die Vereine sich arg ins Zeug legen.

(Foto: imago/Dünhölter SportPresseFot)
  • Im Profifußball wird der Kampf um Talente immer intensiver, teilweise werden Zwölfjährige gescoutet.
  • "Es ist ein enormes finanzielles Rad, das da heute gedreht wird", sagt etwa Armin Kraaz, der Leiter des Jugendzentrums bei Eintracht Frankfurt.
  • In der U-19-Bundesliga ist von Gehältern bis zu 10 000 Euro pro Monat die Rede.

Von Thomas Hummel

Zweiundzwanzig Tore in 16 Spielen. Youssoufa Moukoko hat bei Borussia Dortmund in seinem ersten Halbjahr ordentlich Eindruck gemacht. Er ist schnell, schießt mit links, schießt mit rechts. In der U 15 des Vereins ist er einer der Größeren und Stärkeren. "Wenn man den Jungen sieht - er könnte in der U 17 spielen", sagt Lars Ricken, der Leiter des Dortmunder Nachwuchsleistungszentrums. Das darf der Stürmer aber nicht. Er ist erst 13 Jahre alt.

Als Youssoufa Moukoko noch Zwölf war, spielte er beim FC St. Pauli in Hamburg, für die dortige U 15 schoss er 23 Tore. Der Stürmer hatte da bereits einen Berater, die Firma Sports United plant die Karriere des allseits so bezeichneten "Wunderkindes". Sports United glaubte offenbar, St. Pauli sei zu klein für den Jungen. So kam er nach Dortmund. "Im Zuge seiner Entwicklung suchten sie einen Verein mit einem ruhigen, guten Umfeld", sagt Lars Ricken. Und weil man bereits in anderen Fällen gut zusammengearbeitet habe, einigten sich die Parteien im vergangenen Sommer auf einen Umzug des zwölfjährigen Fußballers. Statt in Hamburg bei seiner Familie mit den Eltern aus Kamerun und den vier Geschwistern wohnt er nun in Dortmund bei einer Gastfamilie.

Ist das nun der berüchtigte Talente-Klau im Fußball-Business? Die unverantwortliche Verpflanzung junger und immer jüngerer Spieler in der Hoffnung auf spätere Rendite, sowohl sportliche wie auch finanzielle? Oder handelt es sich in Fällen wie Youssoufa Moukoko im Gegenteil darum, ein hochbegabtes Kind optimal zu fördern und ihm die Chance zu geben, es einmal weit zu bringen? Die Meinungen darüber gehen selbst innerhalb der Branche auseinander. Während die Öffentlichkeit zumeist sehr eindeutig urteilt. Transfers von Minderjährigen? Geht gar nicht!

"Es ist ein enormes finanzielles Rad, das heute gedreht wird"

Der Fußball kennt dieses Urteil und nimmt deshalb bei dem Thema eine Abwehrhaltung ein. Ricken sagt, die Sache mit Moukoko habe eigentlich "nicht unserer Philosophie entsprochen". Der Klub habe sich auch gar nicht aktiv um den Spieler bemüht, erst nach Absprache mit der Familie habe man zugestimmt. "Das wird eine komplette Ausnahme sein, in der Altersklasse jemanden aus Hamburg nach Dortmund zu holen." Die Agentur Sports United möchte sich auf Nachfrage nicht äußern. Überhaupt ist auffällig, wie viele Klubs beim Thema Jugendtransfers lieber schweigen.

Youssoufa Moukoko ist zwar aufgrund seines Alters und der Entfernung seines neuen Lebensortes ein Extremfall. Abgesehen davon aber ist er nur einer unter vielen. Der FC Bayern holte einmal den zehnjährigen Kenan Yildiz aus Regensburg samt Familie nach München, Yildiz spielt jetzt in der U 12. Die Zahl von Jugendtransfers quer durch die Republik wird nirgends dokumentiert, doch eines ist sicher: Sie ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen und wird weiter steigen. Auch im Ausland sichten die Scouts der Klubs nach Talenten.

Borussia Dortmund ist einer der umtriebigsten Klubs. Aber längst nicht der einzige. RB Leipzig lotst seit einigen Jahren gute Jugendspieler aus dem ganzen Land in sein Leistungszentrum, auch der VfL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim sind besonders aktiv. Angestoßen vom Deutschen Fußball-Bund, der Anfang der Nuller-Jahre die Profiklubs zwang, Jugendleistungszentren zu bauen, lockt inzwischen der Win-Win-Traum. Da ist zunächst der Imagegewinn: Wenn Spieler aus der eigenen Jugend im Männerbereich ankommen, sind das oft Identifikationsfiguren für Fans und Sponsoren. Und natürlich ist da der Geldfaktor: Bisweilen refinanziert sich das Engagement für den Nachwuchs später bereits mit einem Transfer.

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