0:2 gegen Mainz:Nur drei Fouls - Bremens pazifistische Pleite

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Werders Niclas Füllkrug (re.) beging gegen Mainz spät noch ein Foul - es war erst das dritte der Bremer insgesamt. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Der Fußball ist allzu ruppig geworden? Die Spieler von Werder Bremen zeigen, dass es auch friedvoller geht - und opfern dafür sogar den Sieg.

Glosse von Ulrich Hartmann

Der Angreifer Niclas Füllkrug hat nicht immer nur Tore im Sinn. Er fühlt sich auch zu subtileren Beiträgen berufen, etwa zu solchen, die seiner Mannschaft nach einer pazifistisch anmutenden Leistung einen kämpferischen Anstrich verleihen. Als Werder Bremen das Spiel gegen Mainz mit 0:2 bereits so gut wie verloren hatte, beging Füllkrug in der Nachspielzeit ein Foul, das die Notierung einer gelben Karte erzwang. Dieses Gelb verhinderte zwar nicht die Niederlage, hilft in der statistischen Nachbetrachtung aber zu verschleiern, dass die Bremer das Spiel nahezu körperlos bestritten.

Wobei bestritten (von bestreiten, streiten, kämpfen) das falsche Wort ist. Sie haben das Spiel eher begleitet und die Gegenspieler hofiert. Die Bremer begingen binnen 96 Minuten nämlich bloß drei Fouls. Ja: drei. Das ist in der Bundesliga Saisonminusrekord und für actionbedürftige Zuschauer mit hoher Reizschwelle letztlich unbefriedigend.

Es gibt aber auch sensiblere Fans, die derlei Respekt vor der Würde des Gegenspielers emotional berührt. Sie bereiten für das nächste Heimspiel eine Choreographie mit Klangschalen und Räucherstäbchen vor. An den Stadionkiosken gibt es Kräutertee. Auf Panflöten üben sie John Lennons Lied "Imagine" ein. Rüstung und Schwert des steinernen Rolands in der Innenstadt werden mit gebatikten Tüchern verhängt. Die Mannschaft praktiziert im Training den Lotussitz.

Bremens Gegner Mainz begeht sonst die meisten Fouls

Der Fußball ist mitunter allzu ruppig geworden. Wer wüsste das besser als die Bremer Kontrahenten aus Mainz, die in gleich beiden vergangenen Spielzeiten mit 479 und 473 Fouls die meisten Delikte der Bundesliga begangen haben. Ihnen wollten die Bremer nun einmal demonstrieren, dass es auch friedvoller geht.

Dafür opferten sie sogar den Sieg. Manche humanistische Vision ist wertvoller als profaner Erfolg. Und Werders kickende Seelsorger kommen gerade erst auf den Geschmack. Im Bremer Friedenstunnel werden sie Ende der Woche Thich Nhat Hanhs Achtsamkeitsbuch "Ich pflanze ein Lächeln" signieren.

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