Werder Bremen verliert bei Hertha BSC:Schon wieder drei Gegentore

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Tor für Hertha BSC durch Adrian Ramos (links). (Foto: Bongarts/Getty Images)

Spiele mit Beteiligung von Werder Bremen sind derzeit weit davon entfernt, zu müden, torlosen Nullnummern zu mutieren. Auch beim 2:3 bei Hertha BSC präsentiert der Klub seine Abwehrschwächen. Der Abstiegskampf ist kaum noch wegzudiskutieren.

Von Carsten Eberts

Nein, nein, nein, hat Klaus Filbry gesagt. Im Abstiegskampf befinde sich Werder Bremen noch nicht. Das 0:7 gegen den FC Bayern war zwar ein Erlebnis von außerordentlich niederschmetternder Qualität, doch für den Klubchef beginnt die gefährliche Zone erst "dort, wo Frankfurt, Freiburg und Nürnberg stehen", wie er einer großen Boulevardzeitung erklärt hat. Fünf Punkte Vorsprung hat Werder aktuell auf Frankfurt und Freiburg, steht damit auf Rang 14 - ein ausreichender Puffer, findet Filbry.

Nun könnte sich Filbry veranlasst sehen, seine Aussagen zu relativieren, nach dem jüngsten Auftritt seines Teams, am Freitagabend bei Hertha BSC Berlin. Da präsentierte Werder erneut seine Wackelabwehr, kassierte schon wieder drei Gegentore, musste sich dem Aufsteiger 2:3 (2:2) geschlagen geben. Nach Toren von Nils Petersen (15. Minute), Adrian Ramos (17., 26.) und Aaron Hunt (32.) gelang Ronny (48.) der entscheidende Treffer.

"Es ist momentan ein Riesenproblem, dass jeder Ball, der in den Strafraum kommt, gleich eine Riesenchance ist", klagte Trainer Robin Dutt anschließend. "Wir lernen einfach nicht aus den Fehlern, die wir Woche für Woche machen", pflichtete ihm Hunt bei: "Innerhalb von zehn Minuten machen wir alles kaputt, was wir uns aufgebaut haben."

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Nur auf einer Position hatte Werder-Coach Robin Dutt seine Startelf verändert - gezwungenermaßen, da sich Clemens Fritz mit Oberschenkelproblemen abgemeldet hatte. Gebre Selassie übernahm den Arbeitsplatz des Rechtsverteidigers, Philipp Bargfrede rückte auf die Sechs. Auf weitere Umstellungen verzichtete Dutt jedoch. Nach dem 0:7 gegen die Bayern hatte der Coach seine Profis noch auf dem Spielfeld beschworen, sich sofort auf die Aufgabe gegen Hertha BSC zu konzentrieren. Er wollte ihnen die Chance geben, sich zu rehabilitieren.

Tatsächlich präsentierte sich Werder zunächst geordneter als gegen die Bayern, was natürlich auch daran lag, dass Hertha BSC nicht ansatzweise die zermalmende Offensivwucht des Rekordmeisters aufbringen konnte. Werder realisierte dies mit Erleichterung und nutzte gleich die erste Chance zur Führung: Hunt enteilte über links, passte zurück zu Petersen, der aus knapp 20 Metern zur Bremer Führung einschoss (16.).

Nur eine knappe Minute später war der Vorteil jedoch wieder dahin. Auf ziemlich dilettantische Weise verfolgte Selassie den Berliner Per Skjelbred in den Strafraum, rumpelte ihm in die Beine, Schiedsrichter Christian Dingert zeigte auf den Punkt. Ramos ließ Werder-Keeper Raphael Wolf beim Elfmeter keine Chance und traf zum 1:1 (17.).

Nach dem Bayern-Spiel war in Bremen viel über die defensive Stabilität gesprochen worden. Kapitän Fritz betrat gar das Hoheitsgebiet seines Übungsleiters Robin Dutt, forderte in der Fachpresse taktische Konsequenzen. Wie nötig diese Diskussion bei Werder ist, wurde in der 26. Minute ersichtlich, als Ramos und Skjelbred mit einem einfachen Doppelpass alle Werder-Verteidiger aussteigen ließen. Ramos enteilte auch noch dem zu langsamen Bargfrede und vollstreckte mit einem Flachschuss ins lange, rechte Eck.

Doch gut für Werder, dass es auch um die Defensivkunst von Hertha BSC in dieser Phase nicht sonderlich gut bestellt war. Weil der Doppelpass auf der anderen Seite so gut geklappt hatte, entschlossen sich Hunt und Petersen zu eben diesem Mittel. Auch Hertha wirkte augenblicklich entblößt, Hunt rutschte noch weg, traf aber im Fallen zum 2:2 (32.). Hertha-Coach Luhukay hatte genug gesehen, er nahm den jungen John Antony Brooks vom Feld und brachte den erfahreneren Peter Niemeyer. Hosogai rückte für Brooks in die Innenverteidigung.

Wieder zeigte sich: Spiele mit Beteiligung von Werder Bremen sind derzeit sehr weit davon entfernt, zu müden, torlosen Nullnummern zu mutieren. Daran wird sich auch kaum etwas ändern, solange die Abwehrspieler in frappierender Häufigkeit Fehlerketten auf den Platz zaubern.

In der zweiten Halbzeit dauerte es nur drei Minuten, bis Hertha wieder führte: Sowohl Cicerci, als auch Pekarik erfreuten sich am Platz, der ihnen von Caldirola und di Santo zugestanden wurde. Cicerci flankte, Pekarik scheiterte zunächst an Wolf, der Ball plumpste am Fünfmeterraum jedoch vor die Füße von Ronny, der lockerleicht zum 3:2 vollendete (48.). Für Wolf, den Bremer Keeper, geht die Horrorserie damit weiter: In drei Spielen kassierte er nun bereits 14 Gegentreffer, obwohl er sich an den allermeisten davon ausdrücklich schuldlos zeichnete. Wie auch an diesem.

Hertha hatte die Partie nun im Griff, hätte das Ergebnis noch deutlicher gestalten können, etwa durch Marcel Ndjeng, der auf Vorlage von Cigerci nur knapp verzog (71.). Schon wieder hatten beide viel zu viel Platz. Dutt traute sich nicht, noch etwas für die Offensive zu tun, brachte lediglich Mehmet Ekici für Cedric Makiadi - wohl aus Angst, noch in weitere Konter zu laufen. Die beste Chance zum Ausgleich hatte Hunt, dessen Freistoß Hertha-Keeper Kraft erst an den Pfosten lenkte, Hosogai beförderte den Ball schließlich von der Linie (87.).

Auch fünf Minuten Nachspielzeit genügten Werder nicht, so ging das Spiel verloren, obwohl sich die Bremer im Vergleich zum Nullsieben gegen München gesteigert hatten. "Wir sind in einer schlimmen Phase", sagte Dutt noch, bevor er in die Kabine entschwand. Am Samstag spielt übrigens der 1. FC Nürnberg, am Sonntag dann auch Frankfurt und Freiburg. Gut möglich, dass der Abstiegskampf danach einfach nicht mehr wegzudiskutieren ist.

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