Es ist ja so, dass selbst seriöse Nachrichtenagenturen inzwischen fast jedes Ondit des Transfermarktes verbreiten. Bis zum 31. August 2009 um 24 Uhr wird das wieder so sein, dann schließt die Wechselbörse bis Dezember. Zumindest einen Profi aber können die Medien jetzt vom immer schneller drehenden Spieler-Karussell nehmen: Claudio Pizarro, 30, der zuletzt besonders viel beigetragen hatte zu diesem amüsanten Fußball-Gesellschaftsspiel. Am Montagabend um 22.14 Uhr ist er mit dem Flieger LH 350 aus Frankfurt wieder in Bremen gelandet. Außer mehreren Gepäckstücken war auch sein Freund und Berater Carlos Delgado an Bord.
Am späten Dienstagmittag wurde er dann von Werder Bremen vorgestellt, zum dritten Mal seit 1999. Drei Monate, nachdem er den letzten Einsatz für Werder Bremen hatte nach einem Jahr mit 17 Toren in der Bundesliga, fünf im DFB-Pokal und sieben in den internationalen Wettbewerben. Damals war er für neun Monate ausgeliehen worden vom FC Chelsea für etwa zwei Millionen Euro. Jetzt ist der Peruaner wieder ein echter Bremer, der nun sogar seine Familie aus London mitbringen und ein großes Haus beziehen will.
Titelkandidat statt Mittelmaß
Fünf Millionen Euro, wird geschätzt, zahlt Werder an die Londoner. Dazu gibt es einen Dreijahresvertrag plus beidseitiger Option für eine weitere Saison. Angeblich muss Pizarro aber beim Einkommen Abstriche machen. Aus den knapp vier Millionen Euro pro anno beim FC Chelsea werden es nun nur gut drei Millionen sein. Ein mit insgesamt 14 Millionen Euro immer noch teures Paket für den knapp 31 Jahre alten Profi, für den Werder danach kaum noch etwas zurückbekommen wird.
Doch das ist im Moment das geringste Problem. Schon zu Saisonbeginn wurde deutlich, das ein Mann mit Pizarros "außergewöhnlichen Fähigkeiten und seiner großen Erfahrung", so Trainer Thomas Schaaf, dem Werder-Spiel fehlte. Für Ottmar Hitzfeld macht die Verpflichtung gar den Unterschied zwischen einem Titelkandidaten und einer mittelmäßigen Mannschaft aus. Schon am Donnerstag wird Pizarro erstmals wieder daheim im Werder-Dress auflaufen - in der Europa League gegen den FK Aktobe.
Weitere Kandidaten
Doch zurück zu den Gerüchten, die sich im Falle Werder/Pizarro zuletzt auftürmten. Da gab es den "Plan B", nämlich ausgesuchte Ersatzlösungen, falls es mit dem bewährten Wunschstürmer nicht klappen sollte. Zu den Kandidaten sollen unter anderem der frühere Barcelona-Profi Maxi Lopez (jetzt Gremio Porto Allegre), der Kroate Mario Mandzukic (Dinamo Zagreb) und sogar Marko Pantelic gezählt haben, der von einem größeren Klub träumte als es Hertha BSC Berlin ist und der nun vorerst arbeitslos ist.
Auch diverse Berater witterten neben Delgado ein paar Euro. Michael Becker, der Mentor von Michael Ballack, sollte für den FC Chelsea angeblich einen Pizarro-Abnehmer in Europa finden. Die Idee, Pizarro plus zehn Millionen Euro gegen den Weltmeister Andrea Pirlo vom AC Mailand zu verrechnen, wurde in London ebenfalls angedacht. Auch in der Bundesliga gab es zwei heiße Kandidaten: Anfangs den Hamburger SV und später den VfB Stuttgart, der ja theoretisch 30 Millionen Euro aus dem Transfer von Mario Gomez weitergeben könnte.
Spieler und Berater zugleich?
Den Stuttgartern aber war, anders als den Bremern, Pizarros persönliche Lage nicht geheuer. Und die hatte nichts damit zu tun, dass er von Chelsea-Trainer Carlo Ancelotti am ersten Spieltag gegen Hull City nur einen Platz auf der Tribüne zugewiesen bekam, weil er nicht mehr mit ihm plant. Vielmehr ist beim Weltfußballverband noch immer ein Rechtsfall anhängig, der Carlos Delgado betrifft, wie die Fifa am Dienstag gegenüber der SZ noch einmal betätigte.
In Peru wird weiter wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermittelt. Laut Spiegel hat auch Pizarro, der Miteigentümer der von Delgado betriebenen Firma "Image" ist, in dieser Steuer-Angelegenheit in Peru eine Selbstanzeige aufgesetzt. Zudem ist noch immer nicht endgültig geklärt, ob er quasi Spieler und Berater zugleich ist. Das dürfte er laut Fifa nicht sein.
Doch auch bei seiner Rückkehr nach Bremen setzte Pizarro wieder sein Spitzbubenlächeln auf, nach dem Motto: Mir kann niemand etwas. "Werder", sagte er, "war immer meine erste Wahl. Ich bin sehr froh, wieder hier zu sein." Dafür muss nun vermutlich ein anderer Werder-Stürmer wieder auf das Spieler-Karussell aufsteigen. An Boubacar Sanogo gibt es laut Geschäftsführer Klaus Allofs "starkes Interesse" von anderen Klubs, vor allem offenbar von französischen Klubs wie dem AS St. Etienne. Weitere Gerüchte, etwa über Hugo Almeida, wollte Allofs aber nicht forcieren. "Alles Spekulation", sagte er. Wie das so ist bei Ondits.