Volleyball:Steine statt Beine

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Kritisch beäugt von Trainer Thomas Ranner: Auch Herrschings Diagonalspieler Jonas Kaminski versuchte am Samstag oft vergeblich, den Ball unter Kontrolle zu bringen. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Herrschings Volleyballer enttäuschen zum Hauptrundenende gegen Giesen. Das Grundproblem ist, dass der Klub in dieser Saison eher in die Strukturen investiert - was die Mannschaft nicht konkurrenzfähiger macht.

Von Sebastian Winter

Eigentlich war alles angerichtet am Samstag für einen schönen Volleyball-Abend, immerhin hatten knapp 2000 Zuschauer den Weg in den Audi Dome gefunden, um sich die WWK Volleys Herrsching bei ihrem letzten Hauptrunden-Spiel gegen die Helios Grizzlys aus Giesen anzusehen, selten waren die Kulisse so groß. Und Kapitän Djordje Ilic hatte dem Erstligisten ja auch den Weg gewiesen vor der Partie, zumindest jenen, den die Mannschaft zuletzt beschritten hatte: "Wir werden von Tag zu Tag stärker, seit wir vollzählig sind", sagte der Mittelblocker aus Serbien. Platz vier war gar noch möglich, was den Vorteil gehabt hätte, in der Zwischenrunde, in der es ohnehin nur um eine möglichst gute Ausgangsposition für die Playoffs geht, unter anderem gegen zuschauerträchtige Gegner wie Berlin und Friedrichshafen spielen zu können. Doch dann folgte eine richtige Klatsche: 0:3 (20:25, 21:25, 19:25) gegen Giesen, das den Herrschingern in fast allen Bereichen überlegen war.

Die Spieler Herrschings wirkten schon früh desillusioniert und merkwürdig energielos, ihr Geschäftsführer Max Hauser zog ein bitteres Fazit: "Wir haben völlig verdient verloren, es war ein schlechtes Spiel, absolut enttäuschend. Ich fand nur einen Spieler von uns gut, wenn ich ehrlich bin: Ferdinand Tille." Der Teilzeitlibero, der ins Berufsleben eingestiegen und im Herbst zum zweiten Mal Vater geworden ist, hatte als einer der wenigen Spieler Normalform, auch Außenangreifer Jonas Sagstetter überzeugte nach seiner Einwechslung, Mittelblocker Maciej Borris hatte immerhin eine gute Angriffsquote. Ansonsten lief nicht viel zusammen in Herrschings Spiel, das vor allem im Block, im Außen- und Diagonalangriff und im Aufschlag krankte. "Das sind alles hausgemachte Sachen", sagte Hauser, "wir haben auch ein bisschen Angriffsprobleme. Wir müssen uns steigern bis zur Zwischenrunde."

"Wir haben irgendwie viele Auf und Abs", sagt Herrschings Abwehrexperte Lenny Graven

Acht von 16 Spielen hat die Mannschaft von Trainer Thomas Ranner in der Hauptrunde gewonnen, aber nur zwei der Siege blieben nachhaltig in Erinnerung. Das sehr überzeugende 3:1 zum Saisonauftakt Anfang Oktober gegen Düren in eigener Halle und der völlig überraschende 3:1-Erfolg in Friedrichshafen Anfang Januar. "Wir haben irgendwie viele Auf und Abs", sagte Herrschings Abwehrexperte Lenny Graven, "wenn wir Konstanz reinbringen, dann können wir alle Gegner außer Friedrichshafen schlagen." Doch wenn der Klub vom Ammersee so spielt wie gegen Giesen, verliert er gegen fast alle anderen Gegner auch.

Viele Verletzungs- und Krankheitssorgen prägten das Bild in diesem Winter, aber das ist nicht unbedingt Herrschings Hauptthema in dieser Saison. Die Sache ist eher die, dass der Klub sehr viel Geld in seine neue Münchner Spielstätte - den Audi Dome - investiert hat, die Miete nimmt einen gewichtigen Anteil im Budget ein. Auch müssen die Spiele beworben werden, Herrsching kämpft nach wie vor damit, in der Großstadt noch nicht wahrgenommen zu werden. Die Geldanlage in die Mannschaft fiel wegen dieser strukturellen Investitionen entsprechend dürftiger aus, daher ist das Team auch nicht unbedingt konkurrenzfähiger als in den vergangenen Jahren. Fürs Mittelfeld reicht der Kader schon, aber ob über das Playoff-Viertelfinale hinaus noch mehr gelingt, ist gerade nach dem Giesen-Spiel mehr als fraglich. Und trotz guter Einkäufe wie Graven, dem auf der Libero-Position die Zukunft gehört, Zuspieler James Shaw oder Angreifer Albert Hurt fehlt einer, der dem Team auf dem Feld eine nachhaltige Struktur gibt, der es führt und ihm auch mit Ausrufezeichen im Angriff mehr Sicherheit und Schwung verleiht.

An diesem Freitag beginnt für die Herrschinger die Zwischenrunde gegen den TSV Haching München, wieder im Audi Dome. Die Hachinger haben gerade KW-Bestensee mit 3:2 geschlagen und zuvor den VC Olympia Berlin mit 3:0. Wenn man so will, haben sie gerade jene Form erreicht, die Herrsching auch gerne mal konstant über mehrere Spiele zeigen würde. "Wir machen es das nächste Mal auf jeden Fall besser", sprach Volleys-Trainer Ranner am Samstag noch entschuldigend ins Mikrofon. Am Freitag dann, im Derby.

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