Volleyball:Die Roten Raben flattern aus der ersten Liga

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Die Saison noch zu Ende gebracht: Enttäuschte Vilsbiburger Gesichter nach der Niederlage gegen Münster Anfang Februar. (Foto: Wolfgang Fehrmann/HMB-Media/Imago)

Volleyball-Erstligist Vilsbiburg zieht sich überraschend nach 23 Jahren ununterbrochener Zugehörigkeit aus dem Oberhaus zurück. Als Grund nennen die Verantwortlichen finanzielle Probleme. Die Zukunft des zweimaligen Meisters und Pokalsiegers ist völlig offen.

Von Katrin Freiburghaus

Vermutlich ahnte Britte Stuut nicht, welche Bedeutung ihre versöhnlich gemeinten Worte nach dem Viertelfinal-Aus gegen Schwerin nicht einmal zwei Wochen später bekommen sollten: "Wir hatten viele Ups und Downs, ich bin froh, dass wir die Saison jetzt so gut zu Ende gebracht haben", hatte die Mittelblockerin der Roten Raben Vilsbiburg gesagt. Ob beim niederbayerischen Volleyball-Erstligisten zu diesem Zeitpunkt bereits die Befürchtung umging, dass das Spiel das vorerst letzte in der ersten Liga gewesen sein könnte? Dahinter steht nun zumindest ein großes Fragezeichen, denn Vilsbiburg gab am vergangenen Dienstag überraschend bekannt, keine Erstliga-Lizenz für die kommende Bundesliga-Saison der Frauen zu beantragen.

"Wir wollten die Entscheidung rechtzeitig der Liga mitteilen", sagte Geschäftsführer André Wehnert über den frühen Zeitpunkt während der noch laufenden Playoffs auf SZ-Nachfrage. "Nach langen Überlegungen und intensiven Beratungen mussten wir mit Blick auf unsere ganzheitliche Verantwortung für den Klub die Entscheidung des Rückzugs treffen", wurde Michael Ostermaier, Sprecher der Gesellschafterversammlung, in einer Vereinsmitteilung zitiert: "So schmerzhaft dieser Schritt ist und so sehr wir ihn emotional selbst bedauern, so unvermeidlich erschien er uns nach nüchterner Analyse der Situation und seriöser Folgenabschätzung."

Die Entscheidung, sich nach 23 Jahren ununterbrochener Erstliga-Zugehörigkeit freiwillig aus der Eliteklasse zurückzuziehen, sei von der Gesellschafterversammlung getroffen worden, hieß es in der Mitteilung, die in Bezug auf die Beweggründe allerdings reichlich vage blieb. Letztlich sei es nicht mehr möglich gewesen, "weiterhin den erforderlichen finanziellen Rahmen für einen geregelten, perspektivisch erfolgreichen Spielbetrieb mit sportlich konkurrenzfähigem Kader in der höchsten deutschen Spielklasse zu organisieren".

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Was sehr technisch unterkühlt daherkommt, ist für den Volleyball-Standort Vilsbiburg nicht weniger als ein Erdrutsch, denn es bedeutet in Kurzform, was solche Erklärungen meistens bedeuten: Es ist zu wenig Geld da. Schon in den vergangenen Jahren hatte Vilsbiburg mit einem Etat um eine Million Euro herum einen schweren Stand gegen das finanziell enteilte Spitzenquartett der Liga gehabt. Vilsbiburgs Gesellschafter hatten daher, wie Klaus-Peter Jung, der Aufsichtsratsvorsitzende der Spielbetriebs-GmbH, der SZ nun sagte, "in den vergangenen beiden Jahren zusätzlich jeweils einen sechsstelligen Betrag beigesteuert". Ihre Bedingung: Der Klub sollte ein bis zwei potente Sponsoren finden, die die Summe künftig übernehmen. Doch Vilsbiburg fand sie nicht. Und weitere Zahlungen wollen die Gesellschafter nun nicht mehr leisten.

Dreimal war der Klub zuletzt als Achter der Hauptrunde noch gerade so in die Playoffs gerutscht und dort jeweils im Viertelfinale ausgeschieden. Er hatte als Konsequenz daraus aber einen ehrgeizigen Drei-Jahres-Plan ausgerufen, mit dem es Stück für Stück zurück in die Spitze gehen sollte. Vilsbiburg investierte in die Infrastruktur und holte in Guillermo Gallardo den Meistertrainer von 2008 und 2010 als Sportdirektor zurück nach Niederbayern. Zudem wurde das Jugendinternat erweitert. Der Nachwuchsarbeit gilt nun auch im Hinblick auf den Rückzug Wehnerts Sorge. Man könne das Erstliga-Team in Vilsbiburg "nicht losgelöst" vom Unterbau im Nachwuchs- und Zweitliga-Bereich betrachten.

"Wir bedauern diese für alle überraschende Entscheidung sehr", sagte VBL-Geschäftsführer Sattler - der Liga hätte kaum Schlimmeres passieren können

Entsprechend umfangreich dürften sich die Überlegungen zur Frage gestalten, ob und wie es in Vilsbiburg weitergeht, wofür Wehnert um Geduld warb. "Das wird gerade alles eruiert", sagte er. Ob es einen Abstieg in die zweite Liga oder die zweite Liga Pro geben werde, sei ebenfalls Gegenstand dieser Gespräche. Bezüglich aller weiteren Informationen verwies er auf eine für kommenden Dienstag angesetzte Pressekonferenz. Die Zeit bis dahin werde man brauchen.

Die Volleyball Bundesliga (VBL) hingegen konnte in der Schlussphase einer von Rückzügen, einer Insolvenz und Verstößen gegen Lizenzauflagen geprägten Saison - salopp formuliert - nichts weniger gebrauchen. Sie verliert mit Vilsbiburg nicht nur einen zweimaligen Meister und Pokalsieger, sondern vor allem ein solides Dauermitglied, auf das zumindest in Sachen wirtschaftlicher Skandalfreiheit Verlass war. Entsprechend bestürzt fiel die Reaktion aus Berlin aus. "Wir bedauern diese für alle überraschende Entscheidung sehr", sagte VBL-Geschäftsführer Daniel Sattler, "der Verein war immer eine Bereicherung und eine feste Säule für die Volleyball Bundesliga." Die Entwicklung in Vilsbiburg zeige "noch einmal deutlich, vor welchen wirtschaftlichen Herausforderungen die Vereine und wir als Liga stehen, wenn wir eine gesunde Entwicklungsperspektive anstreben".

Letzteres darf man getrost unter der Rubrik Zweckoptimismus verbuchen, denn der Punkt der "Herausforderung" war in der Frauen-Staffel spätestens seit den Punktabzügen gegen drei etablierte Mitglieder und das vorzeitige Ausscheiden des insolventen VC Neuwied aus dem laufenden Ligabetrieb weit überschritten. Ohne Neuwied und Vilsbiburg umfasst die aktuelle Staffel lediglich noch acht Teams. Sollte sich daran bis zur neuen Saison nichts ändern, wäre der aktuelle Modus mit acht Playoff-Plätzen nur noch bedingt sinnvoll. Somit wird die Frauen-Staffel, die über viele Jahre als stabiler als ihr männliches Pendant galt, immer mehr zum Problemfall.

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