Videobeweis in der Bundesliga:Die Liga braucht den präzisen Pfiff

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Schiedsrichter Daniel Siebert entscheidet nach Videobeweis auf Elfmeter für Schalke im Derby gegen Dortmund. (Foto: dpa)

Wenn Mannschaften wie Frankfurt, Berlin und Leipzig in Zukunft die Dominanz von Dortmund und Bayern gefährden wollen, zählt jedes Detail. Gut, wenn der Videobeweis funktioniert wie am 14. Spieltag.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Hätte man das auch in Israel erkennen müssen? Jedenfalls hat Fredi Bobic dies in Berlin in verständlicher Erregung behauptet. "Ob man in Köln sitzt oder Jerusalem", zürnte der Sportvorstand von Eintracht Frankfurt: "Das muss man sehen!"

Was? Dass kurz vor dem Abpfiff Marko Grujic, 22, seinen serbischen Landsmann und Jugendfreund Luka Jovic, 20, von hinten zu Boden riss, weshalb es einen Elfmeter für Eintracht Frankfurt hätte geben müssen. Doch Daniel Schlager sah dies anders - und auch ein fernmündliches Veto seiner Videoassistentin Bibiana Steinhaus aus dem Schiedsrichter-Zentrum in Köln blieb aus. Die Eintracht verlor 0:1, auch sie liegt jetzt schon diese kleine Ewigkeit von 13 Punkten hinter Dortmund.

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Wer dem BVB und Bayern folgen will, braucht den präzisen Pfiff

Nicht, dass es die jüngst so erstaunlichen Frankfurter hätten sein können, die die Renaissance des BVB, dessen sich abzeichnendes Solo zum Titel, momentan hätten stoppen können. Trotzdem ist ihnen endlich wieder einiges zuzutrauen. Der Sturm (Rebic, Haller, Jovic), den Bobic zusammenstellte, zählt zu den Attraktionen der Liga. Die Gruppenphase in der Europa League gestaltete die Eintracht gerade als Triumphmarsch, und, was auch bedeutsam werden könnte für Zukunft und Unterhaltungswert der Bundesliga: Die Hessen wissen heute schon sehr gut, wie man Dortmund quälen (1:2 im DFB-Pokalfinale 2017) und die Bayern bezwingen kann (3:1 im DFB-Pokalfinale 2018).

Sollte daraus mehr werden, sollte sich die Eintracht dauerhaft oben in der Tabelle einmischen wollen, braucht sie vieles - auch den präzisen Pfiff. Dass der ausblieb in Berlin, war zunächst eine Momentaufnahme, zumal an einem Samstag, an dem man das oft kritisierte Zusammenwirken von Schiedsrichtern im Stadion und Schiedsrichtern im Kölner Keller anfangs eigentlich hätte beklatschen müssen. Denn in den ersten sieben der neun Duelle des 14. Spieltages waren drei Elfmeter (für Düsseldorf, für Freiburg, für Schalke) verhängt worden - alle erst nach korrekter Intervention aus der Kölner Tiefe.

Darunter sogar ein Königsentscheid im Revierderby, in dem deutlich wurde, warum der Videoassistent als externe Sehhilfe auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit so wichtig sein könnte. 53. Spielminute: Im Zweikampf von Dortmunds Reus mit Harit fällt der Schalker, Schiedsrichter Siebert lässt weiterlaufen, bekommt aber dann die Kölner Botschaft: Bitte am Bildschirm prüfen! Drei Minuten dauert es, bis Siebert den Elfmeter verhängt, der Schalke das kurzzeitige 1:1 einbringt. Reus hatte Harit auf den Knöchel getreten, was kaum in der Stadion-Hektik, wohl aber in Zeitlupe zweifelsfrei zu erkennen war.

Doch auch dieser Pfiff brachte den BVB nicht aus der Spur. Und so sind es solche Szenen aus der Mitte der Saison, die eine Ahnung davon aufkommen lassen, was der Liga blühen dürfte: Die Rückkehr zur alten Ordnung. Nicht jener, die seit der Saison 2012/13 herrschte mit sechs Sololäufen des FC Bayern in Serie zum Titel. Sondern zu jenem Dualismus aus der Zeit davor. Als der BVB-Express des Trainers Jürgen Klopp 2011 und 2012 den Münchnern letztmals den Meistertitel raubte. Damals fürchtete Fußball-Deutschland dauerhaft "spanische Verhältnisse", da sich dort immer nur Madrid und Barcelona die Titel teilen. Doch es wurde noch monotoner.

Sicher, der FC Bayern bündelt jetzt seine Rest-Energie, liegt aber schon neun Punkte zurück und muss eine tyrannische Siegesserie entwickeln, um den BVB in dieser Saison noch einzuholen. Aber er plant heute für die Zeit danach, und falls sich da ein Dritter einmischen will, aus Leipzig, Frankfurt, Sonstwo und Berlin, so muss er auch darauf hoffen, dass allerorts in einer einheitlichen Tonlage entschieden wird. Denn wem die Kellerkinder ihre Gunst versagen, der kommt bei Dortmund gegen die Bayern, jenem Retro-Duell, das wieder Fahrt aufnimmt, garantiert nicht mit.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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