Siegesserie des VfL Wolfsburg:Mit der Selbstverständlichkeit des Tabellenführers

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War beim Sieg in Fürth der entscheidende Mann auf Wolfsburger Seite: Wout Weghorst. (Foto: Wolfgang Zink/imago)

Wolfsburg gewinnt auch in Fürth und baut so seinen Traumstart aus. Trainer Mark van Bommel möchte Parallelen zum FC Bayern nicht bestätigen - abstreiten kann er sie aber auch nicht.

Von Sebastian Leisgang, Fürth

Man musste wirklich ein bisschen überlegen am Samstagabend. Was war jetzt eigentlich die beste Nachricht für den VfL Wolfsburg? War es das Debüt von Luca Waldschmidt, der beim 2:0 in Fürth einen Elfmeter herausgeholt hatte? War es das Ergebnis selbst, der vierte Sieg im vierten Spiel? Oder war es das bereits zweite Saisontor von Lukas Nmecha, der vor der Saison für acht Millionen Euro von Manchester City gekommen war, für Wolfsburger Verhältnisse also quasi ablösefrei?

Es gab, so viel ist klar, eine Menge guter Nachrichten, die den VfL in Fürth erreichten. Als Trainer Mark van Bommel nach der Partie im Presseraum saß und die 90 Minuten einordnete, da lobte er seine Mannschaft für "ein gutes Spiel". Als ein Reporter dann wissen wollte, ob er bei seinem Team vielleicht schon etwas von der Selbstverständlichkeit des FC Bayern erkannt habe, die er früher als Spieler ja selbst mitgetragen hatte, da grinste van Bommel und meinte: "Ich sehe die Schlagzeile schon vor mir."

Van Bommel, 44, wusste, dass er die Frage nicht bejahen konnte. Das Problem war nur: Verneinen konnte er sie auch nicht - zumindest nicht grundsätzlich.

Das Bundesliga-Jahr ist noch jung, aber die ersten Saisonwochen des VfL sind durchaus eine Botschaft

Ja, der Gegner am Samstag hieß Fürth. Und ja, glanzvoll war das Wolfsburger Spiel nicht. Was man allerdings auch bedenken musste: Fürths Trainer Stefan Leitl war nicht zu widersprechen, als er nach der Partie feststellte, dass seine Mannschaft "unangenehm zu bespielen" sei, wenn sie "diese Leistung Woche für Woche" abliefere. Und, auch das konnten die Wolfsburger mal wieder für sich reklamieren: Wie schon in den ersten drei Spielen hatten sie aus wenig viel gemacht. Kann das noch Zufall sein? Oder ist es nicht ein Zeichen von Klasse, wenn man mit nur sechs Toren zwölf Punkte holt?

Das Bundesliga-Jahr ist noch jung, und auch wenn Wolfsburg vermutlich eher nicht alle 34 Spiele gewinnen wird, so sind die ersten Saisonwochen des VfL durchaus eine Botschaft. In der Vorbereitung hatte van Bommels Mannschaft in unschöner Regelmäßigkeit so viele Spiele verloren, wie sie jetzt die Fürther in der Bundesliga verlieren - doch mittlerweile weiß man natürlich, was für ein cleverer Zug das war. Das muss den Wolfsburgern ja erstmal einer nachmachen: Da haben sie die Leute erst glauben lassen, dass es in den Testspielen nicht einmal für einen Zweitligisten wie Hansa Rostock reicht, dann hat van Bommel im DFB-Pokal gegen den Regionalligisten Preußen Münster gerade noch rechtzeitig eine unerlaubte Auswechslung vorgenommen, um den Einzug in die zweite Runde zu verhindern und seinen Spielern die Dreifachbelastung zu ersparen - und jetzt reiht Wolfsburg in der Bundesliga Sieg an Sieg.

Wout Weghorst wird in Fürth bei jeder Aktion ausgepfiffen

Dass der VfL seine Serie auch in Fürth weiterführte, hatte eine Menge mit Wout Weghorst zu tun. Wobei man sich bei Anbruch der Schlussphase schon fragen durfte: Musste das sein? Allzu feinfühlig war es jedenfalls nicht, dass die Fürther Stadionregie 20 Minuten vor dem Ende ein paar Zeilen auf der Anzeigetafel über der Gästekurve einblendete und die 8740 Zuschauer davon unterrichtete, dass Weghorst alleine beinahe so viel wert sei wie der gesamte Fürther Kader.

Eine Stunde lang war Weghorst, 29, von den Fans ausgepfiffen worden. Bei jedem Ballkontakt, bei jedem Kopfballduell, selbst bei jedem Sprint in Richtung des Fürther Strafraums. Dort war Weghorst nach einer Viertelstunde zu Boden gegangen und derart lange liegen geblieben, dass er von da an einen ziemlich schweren Stand beim Fürther Publikum hatte.

Am Ende war es trotzdem Wolfsburgs Nummer neun, die den Unterschied ausmachte: Nach zehn Minuten bereitete der Niederländer das 1:0 durch Nmecha vor, das 2:0 erzielte er in der Nachspielzeit per Elfmeter. Auch das war also eine gute Nachricht für den VfL: Weghorst macht in dieser Saison gerade da weiter, wo er vergangene Saison aufgehört hat.

Wer dann noch all die Randnotizen registrierte - dass etwa Nmecha in Fürth zum ersten Mal von Beginn an gespielt hatte und Waldschmidt, Sebastiaan Bornauw und Dodi Lukebakio zum ersten Mal überhaupt für den VfL aufgelaufen waren - wer also all das auch noch registrierte, der konnte die Gesänge der Wolfsburger Fans zu Beginn der zweiten Hälfte durchaus verstehen. Die Anhänger stimmten ein: "Europapokal, Europapokal." Da blieb dann eigentlich nur noch eine Frage: Meinten die Fans das Champions-League-Duell mit Lille am Dienstag? Oder spielten sie schon jetzt, im September, auf das Ende der Saison an?

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