VfL Wolfsburg vor dem Bayern-Spiel:Wolfsbürgerliche Geschäftskultur

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Erfolgsgarant: Wolfsburgs Torjäger Bas Dost (Foto: AFP)

Der VfL Wolfsburg will wieder in die Champions League, hat es aber nicht mehr so eilig wie früher. Das macht ihn gefährlich - und lockt manche Kritiker hervor, die sich energisch an der Finanzkraft des Autoklubs reiben.

Von Boris Herrmann

Vor einigen Tagen lief eine interessante Meldung über den Ticker: "Allofs schließt hohe Heimniederlage gegen Bayern nicht aus." Klaus Allofs, der Manager des VfL Wolfsburg, hat das nicht dementiert. Wie auch? Genau so gut hätte da ja stehen können: Klaus Allofs schließt nicht aus, dass er weiterhin Klaus Allofs ist. Der Mann weiß aus langjähriger Erfahrung in Bremen, dass man diese Bayern durchaus ärgern kann, auch wenn sie übermächtig erscheinen. Er weiß als interessierter Beobachter des Weltgeschehens aber auch, dass es am Samstag besonders schwer wird. Es sei denn, der FC Bayern schließt bis dahin nicht mehr aus, seine 22 besten Spieler zu Hause zu lassen.

Es gab unter der Woche noch weitere interessante Meldungen. Etwa diese: "Watzke fordert weniger Demut vor dem FC Bayern." Allofs hat den Appell seines Dortmunder Kollegen nicht auf sich bezogen, zumal er noch einmal explizit darauf hingewiesen hat: "Was die Bayern machen, verdient Anerkennung, aber es gibt keinen Grund auf die Knie zu sinken."

Es gibt allerdings auch keinen Grund für größere Kampfansagen. Im Grunde haben die Wolfsburger ihr Bayern-Erlebnis nämlich schon hinter sich. Vergangene Woche verloren sie 2:6 und es sah teilweise so aus, als wären sie von Guardiolas Fußballrobotern überrollt worden, dabei war es nur 1899 Hoffenheim. Niemand verliert gerne 2:6, schon gar nicht, wenn der Gegner nicht München heißt. Aber Allofs kann diesem Ergebnis auch etwas Gutes abgewinnen, das Signal: "Wir sind noch nicht so weit, wie die Konkurrenz uns das teilweise einreden will."

Die Wolfsburger haben sich zuletzt von einer Chaostruppe, die im vergangenen Jahr noch gegen den Abstieg spielte, zu einem Mannschaft entwickelt, die jetzt 39 Punkte hat, an fünfter Stelle steht und teilweise guten Fußball spielt. Die Konkurrenz, die vor allem in Dortmund, Leverkusen, Gelsenkirchen und vielleicht auch in Mönchengladbach wohnt, hat mit Respekt zur Kenntnis genommen, dass sich der VfL seit geraumer Zeit nicht mehr als die Lachnummer der Liga präsentiert, weil unter dem Kommando von Allofs und Trainer Dieter Hecking in Wolfsburg wieder solide gearbeitet wird.

Die Konkurrenz hat sich in diesem Zuge aber auch daran erinnert, dass der VfL eine hundertprozentige Tochter des Autobauers Volkswagen ist. Und dass das in Verbindung mit solider Arbeit ziemlich gefährlich werden kann. "Wenn VW die Dose öffnet, wird es für die anderen ungemütlich", dieser Satz von BVB-Trainer Jürgen Klopp steht stellvertretend für ein allgemeines Raunen in der Liga.

"Bei Jürgen Klopp ist das vielleicht ein bisschen flapsig dahergesagt, aber es ist natürlich nicht die Wahrheit", entgegnet Allofs: "Hier kann keiner eine Schatulle aufmachen." Es stehen also Aussage gegen Aussage. Und was ganz allgemein die Alimentierung des VfL Wolfsburg betrifft, stehen sie da schon lange. Der deutsche Profifußball hat sich mit der sogenannten 50+1-Regel ein Sondergesetz gegeben.

Damit soll verhindert werden, dass Großunternehmer mit ihrem Geld einen Verein nach Gutdünken kontrollieren können. In Wolfsburg (VW), Leverkusen (Bayer) und Hoffenheim (Dietmar Hopp) ist die Kontrolle aber offensichtlich, weshalb nicht nur in Dortmund von Wettbewerbsverzerrung gesprochen wird. Allerdings sieht das 50+1-Gesetz auch Ausnahmen für Fälle vor, in denen ein Unternehmen einen Verein seit mehr als 20 Jahren ununterbrochen unterstützt. Darauf beruft sich der VfL. Neuerdings will aber auch die Uefa mit ihrem "Financial Fairplay" verstärkt darauf achten, dass es bei der Finanzierung der europäischen Klubs keine allzu großen Ungerechtigkeiten gibt. Sie wird damit zunächst einmal in England oder Spanien alle Hände voll zu tun haben. Irgendwann könnten die Uefa-Kontrolleure aber auch mal auf die Idee kommen, beim VfL vorbeizuschauen, denn die derzeit gültige Regel besagt, dass sich Einnahmen und Ausgaben eines Vereins etwa die Waage halten müssen, und dass nicht mehr als 45 Millionen Euro pro Jahr von einem privaten Geldgeber zugeschossen werden dürfen.

Allofs sagt: "Wir glauben nicht, dass wir von Seiten der Uefa etwas zu befürchten haben. Wir unterlaufen die Bestimmungen des Financial Fairplay nicht." Wie viel der VfL von VW tatsächlich bekommt, bleibt natürlich Betriebsgeheimnis. Dem finanziellen Engagement des Autobauers stünden angemessene Werbeleistungen seitens der Fußballabteilung gegenüber, heißt es nur.

BVB-Trainer Jürgen Klopp
:"An Sammers Stelle würde ich Gott danken"

Bayern-Sportchef Matthias Sammer stichelt gegen die anderen Bundesligaklubs, nun kontert BVB-Trainer Jürgen Klopp mit saloppen Worten. Auch Stürmer Robert Lewandowski bereitet den Dortmundern vor dem Wochenende Sorgen.

Das bezweifelt so mancher Ökonom. Und so mancher Konkurrent. Vor allem angesichts des Wintertransfers von Kevin De Bruyne sahen sich die Skeptiker zuletzt wieder einmal bestätigt. Für den VfL war es nach Luiz Gustavo der zweite 15- bis 20-Millionen-Deal innerhalb von einer Saison. Nicht schlecht für einen Verein, der seit vier Jahren nicht mehr europäisch gespielt hat. Die Champions-League-Teilnehmer Dortmund und Leverkusen hätten den jungen De Bruyne auch gerne gehabt, nach eigenem Bekunden streckten aber angesichts der in Wolfsburg aufgerufenen Summen die Waffen. Dort wird wiederum milde gelächelt, wenn Vereine wie Dortmund oder Leverkusen so tun, als bräuchten sie einen Rettungsschirm.

Mit gewissem Recht weißt Allofs auch darauf hin, dass er seinen Kader zuletzt "radikal reduziert" und "erhebliche Kosten" eingespart habe, etwa durch den Verkauf Diego oder Ja-Cheol Koo. Was eigentlich selbstverständlich wäre, sagt er aber vorsichtshalber dazu: "Wir müssen uns da auch in einem Budget bewegen."

Selbstverständlich hat dieser Allofs auch den Anspruch, dass sich die Liga irgendwann wieder wirklich vor seinen Wolfsburgern fürchten darf. Im Moment wehrt er sich aber noch hartnäckig dagegen, zum Champions-League-Anwärter oder gar zum "Bayern-Jäger Nummer eins" ausgerufen zu werden. Wenn alles normal laufe, sei in dieser Saison Platz fünf bis sieben realistisch, meint Allofs. Er will so etwas wie eine neue wolfsbürgerliche Geschäftskultur entwickeln, behutsames, aber nachhaltiges Wachstum. De Bruyne muss den VfL auch nicht in dieser Saison in die Champions League schießen. Es reicht, wenn er das im nächsten Jahr tut. "Das Umfeld in Wolfsburg hat gelernt, dass man dem VfL keinen Gefallen tut, wenn man die Messlatte immer zu hoch hängt", sagt Allofs. Gerade diese Einsicht macht ihn für die Konkurrenz so gefährlich.

© SZ vom 08.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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