Champions League:Aus der Samba-Band ins Bernabéu

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Schnell und unerschrocken: Mit Bruno Henrique ist dem VfL Wolfsburg offensichtlich ein Glücksgriff gelungen. (Foto: AP)
  • In Wolfsburg ist man stolz, Bruno Henrique entdeckt zu haben, der lange unter dem Radar der Fußballscouts durchtauchte.
  • Nun macht er dem VfL Hoffnung auf das Halbfinale der Champions League.
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Von Javier Cáceres, Madrid

Es sind noch immer nicht alle Rätsel um Bruno Henrique gelöst, jenen Mann, der am vorigen Mittwoch beim 2:0 des VfL Wolfsburg über Real Madrid eine Schlüsselrolle einnahm. "Bruno wer?", fragten sich am Mittwochabend vor allem die spanischen Beobachter, die den Brasilianer ebenso wenig auf dem Schirm hatten wie die üppig besetzte Spionageabteilung von Spaniens Rekordmeister. Nach und nach dringen Details aus der Biografie der Offensivkraft an die Öffentlichkeit, darunter auch jenes, das erklärt, warum es schwierig ist, in der Vita von Bruno Henrique zu schürfen. Bis vor Kurzem war er der Fachwelt unter einem anderen Namen unbekannt: Bruninho, kleiner Bruno.

25 Jahre alt ist der Stürmer, der im Winter nach Wolfsburg kam, für eine Ablöse von angeblich 4,5 Millionen Euro. In Wolfsburg ist man stolz, dass man einen Spieler entdeckte, der lange unter dem Radar der Scouts durchgetaucht war wie ein Tarnkappenbomber. Bruno Henrique hat noch immer kein Bundesligaspiel komplett bestritten. Aber sein unerschrockener Auftritt gegen Real Madrid hat ihn quasi über Nacht zum Stammspieler gemacht. "Natürlich hoffe ich, auch am Dienstagabend beim Rückspiel in der Startelf zu stehen", sagte der schüchterne Brasilianer vor der VfL-Visite im Bernabéu-Stadion.

Bruno Henriques Landsmann Marcelo, immerhin bester und spektakulärster Linksverteidiger Brasiliens, war in Wolfsburg nur dazu gekommen, die Registriernummer einer "unbekannten Waffe" (Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking) zu notieren. Madrids Trainer Zinédine Zidane hatte seinen Außenverteidigern die Order gegeben, möglichst hoch zu stehen, um dem Spielaufbau Impulse zu geben.

Ausgeliehen an einen Provinzverein

Angesichts der Schnelligkeit von Bruno Henrique und dem ausgeprägten Vorwärtsdrang Marcelos geriet die Anweisung zum Debakel. Nicht nur Trainer Hecking und Manager Klaus Allofs waren voll des Lobes, auch die Mitspieler. "Das hat Bruno Henrique überragend gemacht", sagt Stürmer Bas Dost. Das 2:0 von Maximilian Arnold fiel nach einem Angriff über rechts - und einem Pass von Bruno Henrique. Auch gegen Mainz gefiel er durch seine Schnelligkeit - und wieder war er an einem Tor beteiligt.

Bruno Henrique wurde im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais geboren und schloss sich schon als Kind Cruzeiro Belo Horizonte an, dem traditionsreichen Klub, der im Mineirão beheimatet ist, dem Stadion des deutschen 7:1-Sieges gegen Brasilien bei der WM 2014. Seinen Traum vom Profifußball hegte er lange vergebens, bei Cruzeiro wurde er erst mal weggeschickt. Er verdiente sein Geld als Rezeptionist und spielte die Repique-Trommel in einer Samba-Band. Erst 2012 unterschrieb er seinen ersten Profivertrag, bei Cruzeiro. Bruno Henrique war dem Klub, der ihn ausgebildet hatte, aufgefallen, als er für Inconfidência Esporte Clube Torschützenkönig der Copa Itatiaia wurde, einem regionalen Amateurturnier.

Er kennt große Kullissen

Weil er aber bei Cruzeiro nicht zum Zuge kam, wurde er an einen Provinzverein mit dem Namen Uberlândia ausgeliehen, später landete er bei Itumbiara. "Ich habe im Fußball alles erlebt, auch Hunger", sagte er einmal in einem Interview. Im Jahr 2015 wechselte er dann zu Goiás, mit diesem Verein stieg er zwar aus der ersten Liga ab, persönlich aber machte Bruno Henrique einen großen Schritt nach vorne: Nicht nur der VfL Wolfsburg interessierte sich für ihn, auch Fluminense, einer der beliebtesten Vereine der Strandmetropole Rio de Janeiro. Dort spielte er auch einmal im vollbesetzten Maracanã-Stadion.

Auch das prädestiniert ihn für ein Spiel im Bernabéu-Stadion: Große Kulissen schrecken ihn nicht. "Wir müssen einfach nur das machen, was wir in Wolfsburg gemacht haben", sagt er.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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