VfB gegen Mainz:Unerhört unentschiedene Nullnummer

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Der Mainzer Jairo (links) und Daniel Schwaab rangeln um den Ball. (Foto: dpa)
  • Mainz und Stuttgart trennen sich unentschieden.
  • Bedeutet das Spiel für den VfB einen Fortschritt? Oder Stagnation? Oder doch einen Rückschritt?
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Von Tobias Schächter, Mainz

Und dann zählte Robin Dutt nach diesem so unerhört unentschiedenen 0:0 beim FSV Mainz 05 noch einmal auf, wer alles nicht dabei war bei seinem VfB Stuttgart. Und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr tat dem Sportvorstand des VfB der Blick auf die Tabelle weh. "Wenn man die Mannschaften heute vergleicht, dann kann man diesen großen Punkte-Unterschied nicht glauben. Zumal bei uns in Daniel Didavi, Martin Harnik und Daniel Ginczek drei starke Spieler gefehlt haben."

Es stimmt ja: Für Mainz 05 wirkten Freitagnacht Europapokalhoffnungen so utopisch, nun ja, wie für den VfB Stuttgart. Aber Mainz 05 steht mit doppelt so vielen Punkten wie der VfB auf Tabellenrang sechs, die Stuttgarter mit nur zwölf Pünktlein auf einem Abstiegsplatz. Wer nach 16 Spieltagen seine Punktzahl noch mit Buchstaben ausschreiben muss, hat große Probleme.

Ist dieses 0:0 nun ein Fortschritt? Oder Stagnation?

In Stuttgart haben sie ja wieder einmal einen Trainer entlassen, noch bevor die Christbäume geschmückt werden. Alle Jahre wieder ist das schon ziemlich lange so am Neckar. Diesmal musste Alexander Zorniger, Dutts erster Wunschtrainer, vorzeitig gehen, nach nur fünf Monaten. Es gab keine Alternative, sich von dem Mann zu trennen, der angeblich "alternativlos" (Zorniger) eine Mannschaft mit großer Anfälligkeit in der Defensive zum notorischen Vorwärtsverteidigen getrieben hatte.

Seit drei Spieltagen steht nun U-23-Coach Jürgen Kramny als sogenannter Interimstrainer in der Verantwortung. Nach dem 1:4 in Dortmund und dem 1:1 gegen Bremen war das 0:0 in Mainz - bei positiver Betrachtung - das zweite Spiel ohne Niederlage hintereinander. Aber was heißt das schon, wenn Unentschieden so schal schmecken wie das des VfB Stuttgart in Mainz. Bedeutete das torlose Remis nun einen Fortschritt? Oder Stagnation? Oder doch einen Rückschritt? Irgendwie von allem ein bisschen.

Ohne Harnik und Ginczek ist die Offensive zu harmlos

Sicher ist: Kramny geht deutlich pragmatischer mit der Mannschaft um. Zurück zu den Basics lautet die Devise nach dem unbelehrbaren Brachialoffensivisten Zorniger. Enger stehen, zusammen kompakter verteidigen und Zweikämpfe nicht schon in des Gegners Strafraum verlieren, heißen die Vorgaben. In Mainz wählte Kramny die richtige Taktik, seine Mannschaft überließ den Nullfünfern den Ballbesitz, womit diese nichts anfangen konnten. Und die VfB-Profis stellten geschickt die Passwege zu den offensiven Mainzer Zielspielern Yunus Malli und Yoshinori Muto zu. In der Abwehr vertraute Kramny "Routine", Georg Niedermeier und Toni Sunjic erhielten den Vorzug vor dem zuletzt doch arg überforderten Talent Timo Baumgartl.

Am Ende stand endlich einmal hinten die Null für die bislang mit 36 Gegentreffern (Ligarekord) so naive Defensive der Liga. Im Angriff aber blieb der VfB ohne den kurzfristig ausgefallen Didavi und die schon länger verletzten Harnik und Ginczek so harmlos wie zuletzt und verpasste vor allem in der ersten Halbzeit gegen seltsam verunsicherte Mainzer das Spiel zu seinen Gunsten zu entscheiden.

Und punktemäßig ist der Zähler eher ein Rückschritt - wobei: Verhinderte der Innenpfosten in der ersten Halbzeit nach einem Schuss des guten Lukas Rupp noch die Führung (37.), so konnten sich die Stuttgarter in der schwächeren zweiten Hälfte bei ihrem Torwart Przemyslaw Tyton bedanken, diesen Gruselkick nicht noch verloren zu haben: Zwei Mal rettete der Pole nach Schüssen von Muto (57.) und Pablo De Blasis (78.) mit spektakulären Paraden das Remis. Die Leistungssteigerung von Tyton ist ein kleiner Hoffnungsschimmer, der aus der Mainzer Nacht nach vorne strahlt. Zu Saisonbeginn war der Pole nach einigen Patzern stark kritisiert worden.

Der Abstiegskampf des VfB wird nun erst einmal unterbrochen durch das DFB-Pokalspiel gegen den Zweitligisten Eintracht Braunschweig, in dem sich die Schwaben Selbstvertrauen für den Vorrundenabschluss gegen den VfL Wolfsburg holen müssen. Danach will der VfB laut Dutt auch bekannt geben, wer den VfB in der Rückrunde vor dem Schlimmsten bewahren soll. Dutt findet, dass sich die Mannschaft unter Kramny Schritt für Schritt verbessert habe. Auch die Spieler loben ihn. Aber ob das reicht für den weißhaarigen 44-Jährigen für eine langfristige Anstellung als Chefcoach?

"Lasst den Jürgen doch in Ruhe diese beiden Spiele machen"

Bei seiner Rückkehr nach Mainz, erzählte Kramny, habe er sich gefreut, so viele bekannte Gesichter wieder gesehen zu haben, er wirkte früher dort lange Jahre als Spieler und Trainer, seine beiden Kinder sind in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt geboren. Aber dann fügte er ungefragt etwas kleinkariert hinzu, dass er sich ärgere, dass ein Stuttgarter Journalist geschrieben habe, man habe ihm in Mainz eine Karriere in der Bundesliga nicht zugetraut und erklärte dann, wie erfolgreich er dort als Nachwuchscoach gewesen sei. Man merkte: Kramny würde gerne VfB-Trainer in der Bundesliga bleiben.

Sein kurzfristiges Ziel lautet, den VfB an Weihnachten nicht mehr auf einem Abstiegsplatz zu sehen. Dafür könnte dieses Remis in Mainz zu wenig gewesen sein. Robin Dutt plant offenbar schon ohne Kramny, der wohl nur noch das Pokalspiel am Mittwoch gegen Braunschweig und die letzte Hinrunden-Partie am Samstag gegen Wolfsburg als VfB-Interimstrainer erleben wird. "Lasst den Jürgen doch noch in Ruhe diese zwei Spiele machen", sagte der Sportvorstand nach dem 0:0. "Wir haben einen Plan. Und den werden wir ein, zwei Tage nach dem Hinrunden-Ende verkünden." Die Aussage deutet darauf hin, dass er bereits einen neuen Coach in der Hinterhand hat.

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