Verpasste EM-Qualifikation:"Der niederländische Fußball ist eingestürzt"

Lesezeit: 2 min

Blamiert vor eigenem Publikum: Wesley Sneijder (links) und Daley Blind verpassen die EM. (Foto: dpa)
  • Die Niederlande reagieren zornig auf das Aus in der Qualifikation für die Fußball-EM 2016.
  • De Volkskrant sieht die "definitive Demaskierung der niederländischen Elf".
  • Trainer Danny Blind will seinen Job aber behalten.

Von Carsten Eberts

An sich dürfte das Gefühl für die Niederländer nicht neu sein. Sie haben in jüngerer Vergangenheit schon einmal ein großes Turnier verpasst - die WM 2002 in Japan und Südkorea. Und trotzdem ist das Wehklagen gewaltig, am Tag nach dem 2:3 gegen Tschechien, das den Niederländern 2016, wenn sich die anderen großen europäischen Fußballnationen bei der EM in Frankreich messen, einen freien Sommer beschert.

"Der niederländische Fußball ist eingestürzt", erklärt Valentijn Driessen, Fußballchef der Tageszeitung De Telegraaf. Die Kollegen von de Volkskrant kritisieren die besten Fußballer des Landes noch eine Spur härter, dort steht: "In der Arena vollzog sich die definitive Demaskierung der niederländischen Elf, als eine bittere Parodie auf Spitzenfußball, eine mitleiderregende Sportmannschaft, die auf einem Endturnier nichts zu suchen hat."

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Aus, vorbei, das war's: Die Nationalelf der Niederlande verpasst nach einem 2:3 gegen Tschechien die EM in Frankreich. Kroatien freut sich, die Türkei feiert einen späten Heldenmoment.

Mit dem 2:3 (0:2) gegen Tschechien am letzten Gruppenspieltag beraubten sich die Niederländer auch der letzten, theoretischen Chance auf die Playoffs. In der Gruppe haben sich Tschechien und Island direkt qualifiziert, die Türkei ist als bester Gruppendritter dabei - Holland bleibt zu Hause. "Wir sind bestraft worden. Es ist vorbei", urteilte Wesley Sneijder. Nach dem Schlusspfiff schlich der Kapitän ganz allein über den Rasen, fasste sich an die Stirn, bedeckte irgendwann beide Augen. Nach dem Spiel gab es Pfiffe von den Rängen, wenn auch nicht so laut, wie vielleicht erwartbar.

Fassungslosigkeit und Wut

Die Spieler haben es nicht nur in den zwei Duellen gegen die Tschechen verbockt (1:2, 2:3), sondern auch in den direkten Aufeinandertreffen mit den anderen Spitzenteams der Gruppe A. 0:2 auf Island, 0:3 in der Türkei, 0:1 auch zu Hause gegen die Isländer, die statt den Niederlanden zum ersten Mal überhaupt zu einer EM fahren dürfen. "Mit Schamröte im Gesicht hat die niederländische Elf stilgerecht von einer vollkommen missglückten EM-Qualifikation Abschied genommen", urteilt das Amsterdamer Blatt Trouw.

In den Worten schwingen Fassungslosigkeit und Wut mit. Der niederländische Klubfußball kassiere ja schon seit Jahren "Schlag auf Schlag", heißt es bei Trouw weiter: "Nun kann sich auch die Nationalmannschaft nicht mehr der sportlichen Malaise entziehen. Es stellt sich die Frage, wie der nationale Fußball wieder nach oben kommen kann."

Trainer Blind will nicht zurücktreten

Als natürliche Konsequenz steht zunächst Trainer Danny Blind zur Disposition, der das Team erst im Juli übernommen hat - und der in einem 2:1 in Kasachstan sein bislang einziges Erfolgserlebnis feierte. Der Direktor des Fußballbundes KNVB, Bert van Oostveen, lehnt einen Trainerwechsel allerdings strikt ab: "Wir müssen jetzt nicht weglaufen, sondern wir müssen jetzt neu aufbauen." Auch seinen eigenen Job wolle er behalten, sagte van Oostveen.

Trainer Blind konstatierte trotzig: "Ich habe es nicht geschafft, die Mannschaft zur EM zu bringen." Vorzuwerfen habe er sich ob der Kürze seiner Amtszeit allerdings nichts. "Ob das mein Fehler ist?", nahm Blind eine Frage der Reporter vorweg. "Darüber müssen andere diskutieren, ich werde auf jeden Fall nicht zurücktreten." Er würde gerne seinen Weg weitergehen, junge Spieler integrieren, die langfristig Größen wie Sneijder oder Arjen Robben, der in Amsterdam als Folge seiner Verletzung fehlte, ersetzen können. Die Frage wird sein, ob man ihn lässt.

Mit Material von dpa und sid

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