U-21-Torwart ter Stegen:Sieger im Weltklasse-Duell

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Deutscher Nationalkeeper bei der U21: Marc-André ter Stegen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Am Ende stört ihn nur die Kabinenmusik: Champions-League-Sieger Marc-André ter Stegen setzt sich gegen die starke Konkurrenz im deutschen U-21-Tor durch. Einen alten Streit mit Bernd Leno will er vergessen.

Von Matthias Schmid, Prag

Als sich Bernd Leno draußen im Regen auf den feuchten Rasen warf, saß Marc-André ter Stegen drinnen im Zelt auf dem Rad und trat entspannt in die Pedale. Die Stammspieler der deutschen U-21-Nationalmannschaft durften sich am Tag nach dem 1:1 im Eröffnungsspiel gegen Serbien ein wenig ausruhen. Es waren aber nicht ter Stegen und Co., die besonderen Schutzes vor der Nässe bedurft hätten: sondern die teuren Spinningräder.

Als die Sonne hinter den dichten Wolken hervorlugte, kam auch ter Stegen ins Freie und schaute seinen Torhüterkollegen Leno und Timo Horn beim Training mit Torwarttrainer Klaus Thomforde zu. Ter Stegen verlor aber schnell das Interesse, er kickte sich lieber mit einem Betreuer ein paar Bälle zu.

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Dass Cheftrainer Horst Hrubesch den Torwart vom FC Barcelona zur Nummer eins für die U21-Europameisterschaft befördert hatte, kam für viele Beobachter und ihn selbst nicht überraschend. "Ich denke, man kann die Entscheidung verstehen, ich habe es auch in den Playoffs gut gemacht", sagt der 23-Jährige. Dennoch hatte Hrubesch erst mit der vor dem Spiel gegen Serbien veröffentlichten Mannschaftsaufstellung seine Entscheidung in der emotional diskutierten Torhüterfrage verraten wollen.

Ter Stegen selbst wusste schon zwei Tage länger, dass er spielen würde und nicht sein großer Leverkusener Rivale Leno. "Das ist keine schöne Situation für ihn", sagt ter Stegen mitfühlend. Anders als früher tragen sie ihre gegenseitige Abneigung nicht mehr in der Öffentlichkeit aus, auch wenn ter Stegen bekennt, dass der Konkurrenzkampf zwischen den beiden immens sei. Freunde fürs Leben werden die beiden nicht mehr. Sie respektieren sich, sie redeten normal miteinander, fügt ter Stegen hinzu, "aber wir müssen uns jetzt nicht in den Armen liegen".

Er und Leno kennen sich schon lange, vor sechs Jahren, bei der U-17-EM, teilten sie sich sogar noch ein Zimmer. Doch damals war es zwischen den beiden superehrgeizigen Torhütern zu einem Vorfall unter Teenagern gekommen, den beide bis heute nicht vergessen und richtig aufgearbeitet haben. Das ist zumindest aus ter Stegens Worten herauszuhören, wenn er kundtut, dass es mal eine Zeit zwischen den beiden gegeben habe, "die nicht so lustig war." Die überlieferte Episode geht so: Der eine wollte schlafen, der andere telefonieren, der Zwist eskalierte so sehr, dass beide anschließend ein Einzelzimmer bekamen, um den Betriebsfrieden nicht zu gefährden.

Von den Scharmützeln frühere Tage sind sie heute weit entfernt, im Gegenteil. Leno hatte kein Problem damit, mit den anderen im Trainingslager im österreichischen Leogang auch das Champions-League-Finale anzuschauen, in dem ter Stegen seinen dritten Titel in dieser Saison gewinnen konnte (auch wenn er in der Liga mit dem FC Barcelona nicht auflief). Obwohl hinter ihm die erfolgreichste Saison seiner Karriere liegt, hat er noch lange nicht genug. "Jeder hat bei uns dieses Ziel, die Europameisterschaft zu gewinnen", sagt er.

Dass ter Stegen nach den Feierlichkeiten in Spanien recht schnell seinen Arbeitsmodus gefunden hat, war auch an einer Szene kurz vor der Pause gegen Serbien zu erkennen. Mit den Fingerspitzen lenkte er einen fulminanten Fernschuss von Goran Causic an die Unterkante der Latte. "Auf solche Momente musst du topvorbereitet sein", sagt er. In Spanien hat er als Teilzeitarbeiter gelernt, sich auf einzelne Höhepunkte zu fokussieren.

Er ist nicht angetan von dem ungewöhnlichen Jobsharingmodell, dass sie in Barcelona praktizieren, in der Primera Division spielt der Chilene Claudia Bravo, im Pokal und in der Champions League ter Stegen. "Mein Ziel ist es, dass ich als Nummer eins in jedem Spiel spiele", sagt er. Ter Stegen hofft, dass Trainer Luis Enrique nach seiner Rückkehr mit ihm das Gespräch über die künftige Ausrichtung sucht.

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Seine berühmten Mitspieler hat ter Stegen in jedem Fall von sich und seinen Fähigkeiten schon überzeugen können. Nicht erst seit dem Sieg im Champions-League-Finale. "Bei seinen Anlagen kann er der beste der Welt werden", sagt der mehrfache Weltfußballer Lionel Messi und Abwehrspieler Gerard Piqué lobte: "Marc war vor dem Champions-League-Finale so cool wie vor einem Freundschaftsspiel."

Solche Elogen gefallen ter Stegen. Aber sie beeindrucken ihn nicht sonderlich. Er begegnet den meisten Dingen in seinem Leben wie er seine Arbeit auf dem Rasen verrichtet: ziemlich unaufgeregt. Sein Leben habe sich nicht groß verändert, sagt er. Es sei "doch nichts Weltbewegendes passiert". Nur bei einer Sache in Prag hat er kurz die Contenance verloren. Als er erstmals in die Mannschaftskabine kam und die Musik hörte, die sein Mitspieler Leonardo Bittencourt ausgewählt hatte.

"Da bin ich fast depressiv geworden", sagt er. Ter Stegens Einspruch hatte Erfolg: "Jetzt ist die Stimmung deutlich besser geworden. So bin ich das aus Spanien auch gewohnt."

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