TV-Ereignis WM (7): Matze Knop:Der Zweitkaiser

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Er macht den Calli, den Loddar, den Kloppo und am liebsten den Beckenbauer. Matze Knop ist der omnipräsente Parodist der ARD. Die Fans lieben ihn für seinen stammtischkompatiblen Humor. Für alle anderen ist Knops Aufstieg doppelt hart.

Michael König

Waldemar Hartmann gibt noch schnell eine Bestellung auf. 20 Minuten vor Sendebeginn erscheint der Gastgeber von Waldis WM-Club im Stüberl des Seehauses im Englischen Garten und sagt, es dürfe ruhig noch ein bisserl mehr sein. Mehr Matze Knop. "Kannst du gleich noch den Calli machen und den Loddar?", fragt Hartmann. Noch 19 Minuten bis Sendebeginn. Knop überlegt, er fragt: "Dann haben wir vier Dinger, richtig?" Hartmann reagiert nicht. Knop sagt: "Klar, okay."

Er nennt sich selbst "Kult-Kaiser": Matze Knop, von Beruf Beckenbauer-Parodist. (Foto: online.sdesport)

Ob Reiner Calmund oder Lothar Matthäus - Knop kann sie alle imitieren, zur Not auch spontan. Dann schwärmt er mit der Stimme des schwergewichtigen Leverkusener Ex-Managers von reichhaltigem Essen. Oder er lässt den Rekordnationalspieler in weinerlichem Fränkisch von rachsüchtigen Exfrauen erzählen.

Beide Beine im See

Wenn Knop mehr Zeit für eine Parodie hat, wird nur die Kulisse verfeinert. Das Niveau des Humors bleibt gleich. Mit blonder Perücke und offenem Hemd steht er am Nachmittag vor dem Seehaus und spielt Jürgen Klopp, den Dortmunder Bundesliga-Trainer und TV-Experten. "Die Japaner sind für mich keine Fußballnation, die bauen schlechte Autos und essen Hunde", sagt er, und weil man eine so schlichte Aussage von dem echten Trainer nicht erwarten würde, wirft Knop schnell ein typisches Klopp-Lachen hinterher.

Er ist heute auch schon Diego Maradona gewesen, der argentinische Nationaltrainer. Mit beiden Beinen im Kleinhesseloher See stehend, mit Schuhen an den Knien, damit es so aussieht, als könne Maradona wie Jesus übers Wasser laufen. Er hat mit einer Zigarre gefuchtelt, Phantasiespanisch gesprochen und Özil mit Persil verglichen: "Ist für mich das Gleiche, ist Waschmittel!" Er wird damit in der Sendung großes Gelächter ernten.

Waldis WM-Club ist das ARD-Zentralorgan für Stammtischparolen, das Kontrastprogramm zu den trockenen Analysen von Delling und Netzer. Diesmal ist Ski-Olympiasiegerin Maria Riesch zu Gast, die vor laufender Kamera sagt, sie finde es "irgendwie gut, dass der Maradona in Argentinien so einen Status hat". Die Zuschauer im Seehaus nicken nachdenklich. Neben Riesch sitzt der ehemalige Bayern-Profi Michael Rummenigge und spricht über das kommende Viertelfinale der Deutschen: "Solange es 0:0 steht, bin ich zuversichtlich." Das Publikum applaudiert.

"Das ist das Schöne"

Die Talk-Gäste wechseln von Sendung zu Sendung, meist sind es alte Bekannte von Hartmann, dem ewigen Maskottchen des Bayerischen Rundfunks. Fußball-Sachverstand ist für die Auswahl der Gesprächspartner offenbar keine Voraussetzung: Auch die Buchautorin und Moderatorin Bärbel Schäfer war schon dabei.

Der Gastgeber sitzt immer ganz links am Stammtisch, Matze Knop ganz rechts. Der Komiker, der in seinem Solo-Programm "Operation Testosteron" über "Liebe, Sex & Schwangerschaft, Möbelhäuser, DSDS und Fußball" schwadroniert, ist ein fester Bestandteil der Sendung, und er ist stolz darauf: "Man kann hier auch mal normal über Fußball reden, man muss nicht immer einen Schenkelklopferwitz auf den Lippen haben. Das ist das Schöne."

Meistens hat Knop aber doch einen solchen Witz auf den Lippen, und wenn nicht, dann sagt er "Ja, gut, äh" oder "Lichtgestalt", und die Leute lachen. Meistens tritt Knop nämlich nicht als er selbst in Erscheinung, sondern in seiner Paraderolle: als Franz-Beckenbauer-Double.

WM 2010: Muskelspiele in Südafrika
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Bei der WM in Südafrika geben viele Teilnehmer in den neuen, hautengen Shirts ihrer Mannschaft eine gute Figur ab. Doch auch ein muskelgestählter Körper kann den Gegner beim obligatorischen Trikottausch nach dem Spiel beeindrucken.

Seine Parodie sei "von dem echten Beckenbauer kaum noch zu unterscheiden", lobte jüngst das Feuilleton der FAZ - wobei nicht ganz klar sei, ob sich die Witzfigur der Realfigur angenähert habe oder umgekehrt. Für den Zuschauer sei die doppelte Präsenz in jedem Fall doppelt so hart.

Tatsächlich hat Knop, 35 Jahre alt, geboren in Lippstadt, den Habitus und das Aussehen Beckenbauers so sehr verinnerlicht, dass dessen ehemaliger Teamkollege Paul Breitner bisweilen irritiert wirkt, wenn er neben dem "Kult-Kaiser" sitzt. So nennt sich Knop auf seiner zweiten Bühne, der Internetausgabe der Bild-Zeitung, die wöchentlich ein Parodie-Video von ihm veröffentlicht.

Dort mimt er den Bayern-Trainer Louis van Gaal, der in der vergangenen Saison mit öffentlichen Auskünften über das Liebesleben mit seiner Frau Truus verblüffte. Bei Knop wird aus van Gaal der "Liebesgeneral", der ein "Heimspiel im Bettzimmer" hat und "Schnippi-Schnappi mit Truus macht." Die Videos sind auf der Internetseite stets mit dem mit dem Zusatz "Irre!" oder "Zum Ablachen!" versehen - sicher ist sicher.

Der Kern einer Person

Seine Karriere begann Knop als Moderator bei Radio Bielefeld, wo er seine erste Kunstfigur entwickelte - Supa Richie, ein Halbstarker mit Sonnenbrille, Baseballkappe und Migrationshintergrund, der Texte sang wie: "Supa Richie kommt zu dir gefliegt / Du musst nur an ihn gläuben tun / Dann hilft er dich bestimmt."

Für das Lied bekam er 1997 eine goldene Schallplatte, RTL nahm "Supa Richie" exklusiv unter Vertrag. 1999 lieh Knop seine Richie-Stimme der Hauptfigur in der Hollywood-Klamotte Waterboy mit Adam Sandler, die auch deshalb vernichtende Kritiken bekam. 2001 absolvierte Knop die Kölner Comedy-Schule und bekam eine eigene Sendung bei Sat1, die nach 15 Folgen abgesetzt wurde.

2005 besuchte er zahlreiche Schauspielkurse in Hollywood und lernte unter anderem "Method Acting", eine Methode, bei der Schauspieler sich beispielsweise eine traurige Erinnerung vor Augen führen, um auf Knopfdruck zu weinen. "Die Kunst liegt darin, dass man eine Person nicht spielt, sondern dass man sie selber ist. Dass man erkennt, wo der Kern einer Person ist", sagt Knop.

Der Kern bei Franz Beckenbauer ist offenbar, eine randlose Brille zu tragen und stets die gleichen Floskeln zu gebrauchen. Knop macht das seit 2008, als ihm in Waldis EM-Club der Durchbruch gelang. Anders als Olli Dietrich, der einst für die Comedy-Sendung RTL Samstag Nacht den Beckenbauer mimte, versucht Knop nicht, der Figur Tiefe zu verleihen. Er sagt: "Ihnen fällt ja auch als Erstes der Eiffelturm ein, wenn Sie an Paris denken."

Duett mit Howie

In Knops Heimat Ostwestfalen gibt es ein passendes Sprichwort: Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht. Also liefert Knop nur Bekanntes. Macht ihn das zu einem Bauern? "Das nicht immer alle Leute über alles lachen können, ist mir klar", sagt er. Die Frage, ob er sich selbst lustig findet, beantwortet Knop ausweichend: "Die Clips, die ich drehe, schaue ich mir schon an."

Neuerdings spielt er auch Howard Carpendale, dessen Gassenhauer "Hello again" er im Hinblick auf die Fußball-WM zu "Pokal again" umgedichtet hat. Dem gealterten Schmusebarden hätte etwas Besseres kaum passieren können, er kam vor einigen Tagen in den WM-Club und sang gemeinsam mit Knop. So viel mediale Aufmerksamkeit hatte Carpendale zuletzt, als er sich mit einer ehemaligen Plattenfirma stritt, weil diese ein Südafrika-Album von ihm veröffentlicht hatte.

Von Hartmann gefragt, warum er sich als Südafrikaner vor dem Hintergrund der WM nicht stärker profiliert habe, sagte Carpendale: "Ich habe mit Fußball nichts zu tun, ich will damit kein Geld verdienen." Dann lehnte sich der Sänger herüber zu seinem Double und sagte: "Das Wichtigste ist, dass man authentisch bleibt." Knop hielt das wohl für einen Schenkelklopfer - er hat herzlich darüber gelacht.

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