Turnen:Zittern vor dem Salto: Schäfer winkt erste Turn-Medaille

Lesezeit: 2 min

Montpellier (dpa) - Eigentlich hatte Pauline Schäfer den Start bei der Turn-Europameisterschaft in Montpellier schon abgehakt. Doch elf Wochen nach einer schweren Schulterverletzung glänzte die 18-Jährige an der französischen Mittelmeerküste und schaffte den Durchbruch in die Weltspitze.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Montpellier (dpa) - Eigentlich hatte Pauline Schäfer den Start bei der Turn-Europameisterschaft in Montpellier schon abgehakt. Doch elf Wochen nach einer schweren Schulterverletzung glänzte die 18-Jährige an der französischen Mittelmeerküste und schaffte den Durchbruch in die Weltspitze.

Als erste deutsche Turnerin seit 25 Jahren zog sie in ein EM-Finale am Schwebebalken ein, obwohl die Voraussetzungen alles andere als rosig waren. Ein Kapselriss und eine fast vollständige Ausrenkung der Schulter nach einem Trainingssturz vom Stufenbarren schienen zunächst den EM-Start in weite Ferne zu rücken, sogar eine Operation drohte. „Ich habe schon gar nicht mehr an Montpellier gedacht“, gab sie zu. Dass es nicht soweit kam und der Heilungsprozess mit physiotherapeutischen Behandlungen ermöglicht wurde, stimmte sie glücklich. Der EM-Auftritt am Balken als einzigem Gerät war schließlich eine Kompromisslösung, die sich auszahlte.

Noch bei der EM des Vorjahres in Sofia und der WM in Nanning war ihr der Finaleinzug misslungen und der Druck auf die Spezialistin gewachsen. „Von mir wird lange erwartet, dass ich am Balken mal was bringe“, sagte sie erleichtert nach der Qualifikation. „Immer wieder ging in meinem Kopf rum: Balken-Finale, Balken-Finale, Balken-Finale“, schilderte die saarländische Turnerin vom TV Pflugscheid-Hixberg ihren einzigen Gedanken in den Tagen zuvor.

„Einfach Klasse, wie sich Pauline hier präsentiert hat. Ein erneuter Beleg, dass sich unsere Balkenoffensive in den vergangenen Monaten auszahlt“, lobte Cheftrainerin Ulla Koch. Schon beim vierten Team-Platz der EM-Riege 2014 in Sofia hatte die Trainings-Arbeit der kanadischen Balken-Expertin Carol-Angela Orchard, die alle nur C.A. nennen, erste Früchte getragen.

Da für Pauline Schäfer im Vorkampf sogar Platz drei heraussprang, darf sie nun am Sonntag sogar von ihrer ersten internationalen Medaille träumen. „Mal sehen, ob es für das Podest reicht“, meinte sie schmunzelnd. Das hatte für den Deutschen Turner-Bund zuletzt Anja Wilhelm aus Wolfsburg 1987 geschafft. Als bisher letzte Deutsche war die Rostockerin Bärbel Wielgoß 1990 ins Balken-Finale einer EM eingezogen und hatte in Athen Platz vier belegt. Die Ansage der seit Jahren am Stützpunkt Chemnitz trainierenden Zehntklässlerin lautet: „Fleißig trainieren und nochmals trainieren. Reserven gibt es genug. Meine Übung war keineswegs perfekt.“

Kurios, dass sie gerade bei „ihrem“ Element die größten Zweifel hatte. „Im Training war mein Salto seitwärts mit halber Drehung einfach zu instabil, so dass ich ihn lieber weglassen wollte. Doch als er beim Einturnen gut gelang, habe ich mich anders entschieden“, gab sie zu. Seit der WM in Nanning heißt das Element „Schäfer-Salto“ und steht als E-Teil im Punktekatalog des Weltverbandes FIG. Noch nie zuvor hatte eine andere Turnerin dieses Teil geturnt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: