Tischtennis:Besucher aus dem Kraftraum

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Lange Pause nach einem Bandscheibenvorfall: Kilian Ort. (Foto: Patrick Wichmann/Imago)

Der hochveranlagte Kilian Ort fehlt dem TSV Bad Königshofen nun schon seit Monaten. Schon während der gesamten Vorrunde ist das Team nur zu dritt. Und eine Rückkehr ist weiter nicht absehbar.

Von Andreas Liebmann

Den Weg zum bislang wohl größten Auswärtsspiel in der Pokalhistorie seines Vereins kann Kilian Ort an diesem Mittwoch zu Fuß zurücklegen. Das ist praktisch, aber nicht unbedingt nur eine gute Nachricht. Sein TSV Bad Königshofen hat das Viertelfinale erreicht, gegen Düsseldorf, ein Schritt fehlt dem Tischtennis-Erstligisten noch bis zum Final Four. Wie die meisten deutschen Spitzenspieler hat auch Ort in Düsseldorf seinen Wohnsitz, unweit des Deutschen Tischtennis-Zentrums (DTTZ), doch in normalen Zeiten wäre er zumindest sehr viel seltener dort; er würde zu Weltcups reisen, zu Ligaspielen, auch mal zu seinem Heimatklub. Von alldem ist Ort zurzeit weit entfernt.

Der 27-Jährige wird nur zum Zuschauen kommen am Mittwoch. Es ist das zweite Mal, dass Bad Königshofen im Viertelfinale steht, das erste Mal, 2017, gab es eine 0:3-Niederlage bei Werder Bremen. Ort verlor damals in drei Sätzen gegen Bastian Steger. Steger, 42, ist längst zum TSV gewechselt, er wird die Unterfranken am Mittwoch anführen gegen den großen Favoriten. Schon während der gesamten Vorrunde ist das Team nur zu dritt, weil Ort so lange ausfällt.

Ende Januar begannen die Probleme, ein Bandscheibenvorfall, der anfangs mit Spritzen behandelt wurde. Anfang September wurde er operiert, der Vorfall aber kam zurück. Seit Sommer hat er keinen Schläger mehr in der Hand gehabt. Nun, erzählt Ort, sehe sein Alltag so aus, dass er fast täglich im Kraftraum übe, mit dem Athletiktrainer des DTTZ oder dem Reha-Trainer des Olympiastützpunkts, dazu Physiotherapie. Es ist nicht so, dass Ort solche Phasen neu wären.

Immer wieder kommen ihm Blessuren dazwischen

Höhen und Tiefen haben sich bei ihm schon immer abgewechselt, und die Tiefen waren meist verletzungsbedingt. 2015/16 fiel er mal fast eine komplette Saison aus, wegen Schulterschmerzen, deren Ursache nie gefunden wurde. Sein Heimatklub wurde damals sogar Zweitligameister, Orts Beitrag aber bestand lediglich darin, dass er sich Spiel für Spiel hatte aufstellen lassen, weil das der Mannschaft einen Vorteil bei der Aufstellung verschaffte - um seine Einzel dann jeweils abzuschenken: 0:11, 0:11, 0:11. 16 Partien gab er kampflos auf. Damals war es fraglich, ob das mit einer Karriere für den 19-Jährigen überhaupt etwas werden könne. "Wenn man von Arzt zu Arzt rennt, und keiner findet was, kommt man ins Grübeln", sagte er später mal, "es war keine leichte Zeit."

Aber es ging doch weiter. In der Liga gelangen ihm große Siege, in der Weltrangliste kletterte er bis auf Rang 48, aber immer wieder kommen dem Hochveranlagten mit dem athletischen Offensivspiel Blessuren dazwischen. In der vergangenen Saison fehlte er mehrmals mit Schmerzen am Fuß. Wäre dann nicht der Rücken gekommen, er hätte wahrscheinlich die Team-EM in Malmö mitspielen können. "Alles hypothetisch", wehrt er ab - solche Gedanken brächten ihn nicht weiter. "Es ist immer alles für irgendwas gut, und vielleicht weiß ich in 30, 40 Jahren auch, wozu das jetzt gut war." Er bekomme viel Unterstützung, von seiner Freundin Loan, die ebenfalls Tischtennisprofi ist und auch mal schlechtere Launen aushält, und auch vom Klub, der ihm "Rückendeckung" gebe.

Die letzte Partie in Düsseldorf gewann der TSV Bad Königshofen übrigens, aber als Omen taugt das nur bedingt: Steger und Martin Allegro waren damals lädiert. Der einzig Fitte, der erst Kay Stumper und dann in einem atemberaubenden Match Timo Boll bezwang, hieß: Kilian Ort. Auf den Tag genau zehn Monate ist das her. Kurz darauf begannen die Bandscheibenprobleme. Wann er zurückkehren könnte? Niemand wisse das, sagt er. Aber er wird alles dafür geben, sich einmal mehr zurückzukämpfen.

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