TSV 1860 München - Unterhaching:Prestige­spiel im Schnecken­rennen

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Akrobatisch wertvoll, aber nicht genug für drei Punkte: Die vergangenen Spiele zwischen 1860 (links Ex-Spieler Adriano Grimaldi) und Unterhaching (rechts, Marc Endres) endeten stets Unentschieden. (Foto: Claus Schunk)

Einiges spricht für einen Sieg von 1860 München. Die bessere Zweitliga-Perspektive hat jedoch die Spielvereinigung - sie befindet sich in einer erfolgreichen Konsolidierungsphase.

Von Christoph Leischwitz

Claus Schromm trinkt zu jeder Pressekonferenz eine Ingwerschorle aus einem Halbliterglas, er wird bald 50, sieht aber aus wie 40, ist ständig braungebrannt, immer gesund und lächelt sehr viel. Ein Derby gegen 1860 München mag eine aufregende Sache sein, aber auch einen Tag vor dem Spiel diesen Dienstag lächelt der Trainer der SpVgg Unterhaching fast permanent, er scheint sich tatsächlich auf das Duell zu freuen - sagen tun das ja alle vorher. Natürlich, sagt er, sei es für ihn etwas Besonderes, ins Grünwalder Stadion zurückzukehren: "Wir haben ja viele bei uns mit Giesinger Vergangenheit."

An Weihnachten war die SpVgg Fünfter, seitdem hat sie fünf Mal verloren und ist dennoch Sechster

Kapitän Dominik Stahl, der diesmal mit gebrochenem Zeh ausfallen wird. Auch Stürmer Stephan Hain und zwei weitere Spieler. Darüber hinaus auch Präsident Manfred Schwabl und Schromm selbst. Der Trainer gewann 2007 mit der U19 der Löwen den DFB-Juniorenpokal. Aber Hain und Schromm sind Typen, die froh sind, ihre Ruhe zu haben - viel zu viel Trubel bei Sechzig. Einige mit Giesinger Vergangenheit sehen in der Vorstadt eine bessere Zukunft. Rein sportlich begegnet man sich am Dienstagabend (19 Uhr, Grünwalder Stadion) auf Augenhöhe. Der aktuelle Trend spricht für die Sechziger. Die Hachinger sind schlecht in die Restrunde gestartet, sie stehen nur noch einen Punkt vor 1860, niemand schiebt dem anderen eine Favoritenrolle zu, und was den Abstiegskampf angeht, da ist zuletzt schon recht viel Druck entwichen, es geht diesmal fast ausschließlich ums Prestige.

"Ich glaube, der Claus würde jetzt auch mal gerne gewinnen gegen mich", sagt Daniel Bierofka über seinen Kollegen. Zwischen den beiden steht es passenderweise ebenfalls Unentschieden, beide Duelle gegeneinander endeten 1:1. Und Bierofka sagt: "Wenn Haching gewinnen sollte, dann haben sie schon die Möglichkeit, noch einmal oben anzugreifen." Und Schromm? Lächelt. "Ist doch ein Schneckenrennen", sagt er über den Kampf um die Spitzenplätze. An Weihnachten waren sie noch Fünfter, seitdem haben sie fünf Spiele verloren und nur eins gewonnen und sind: Sechster. Nach Möglichkeit wollen sie schon bald aufsteigen. Aber es ist nicht so, dass Schromm wegen eines fünften oder achten Platzes am Ende sein Lächeln verlieren würde.

Völlig unabhängig vom aktuellen Tabellenstand, und trotz der Tatsache, dass die Sechziger viel mehr Fans, Mitglieder und mediale Aufmerksamkeit haben, hat Unterhaching mittelfristig die bessere Perspektive, ein Zweitligist zu werden und zu bleiben. Das beginnt schon beim Stadion. Der Sportpark ist schon jetzt weitgehend zweitligatauglich. Außerdem befindet sich der Verein in Gesprächen mit der Gemeinde, um das Stadion zu übernehmen - in Giesing ist es undenkbar, dass die Sechziger einmal ihr eigener Hausherr sein könnten.

Jahrelang hatte die SpVgg keinen Hauptsponsor, von 2015 bis 2017 spielte die Mannschaft in der viertklassigen Amateurliga. Nun sind dem Wachstum sicherlich Grenzen gesetzt in Unterhaching, schon allein aufgrund der Eigenvermarktung, die vor allem auf Regionalität, aufs Bayerischsein setzt - viel deutlicher übrigens, als die Sechziger das tun. Doch der Verein befindet sich mitten in einer erfolgreichen Konsolidierungsphase, im Hintergrund wird zunehmend professionell gewirtschaftet. Im Winter, nach zweieinhalb Jahren Planung, erfolgte die Ausgliederung der Männer- und Jugendmannschaften, die GmbH &Co. KGaA ist seit dem 27. Februar auch eingetragen. Weil dies noch vor dem Stichtag 1. März erfolgte, bedeutet das, dass sich die GmbH um die Lizenzierung für die kommende Saison kümmert. Das Grundkapital beträgt drei Millionen Euro. Es wird erwartet, dass der Etat, der sich laut Präsident Schwabl für die laufende Spielzeit auf gut zwei Millionen Euro beläuft, leicht ansteigt. Dem Vernehmen nach handelt es sich um den zweitniedrigsten Etat der dritten Liga. Angesichts des Tabellenplatzes handelt es sich um ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Und man gleicht sich den Sechzigern allmählich an, deren Budget bekanntlich auf rund drei Millionen Euro schrumpfen muss.

Hachings Saisonetat beträgt gut zwei Millionen Euro - es wird erwartet, dass er leicht ansteigt

Der neu gegründete Aufsichtsrat besteht aus durchaus einflussreichen Personen wie etwa dem Investor Christian Näther, der früher als Unternehmensberater für McKinsey tätig und als Teilhaber des Private-Equity-Fonds "Apax" in Deutschland verantwortlich war für die Übernahme von namhaften Unternehmen. Näther hatte vor anderthalb Jahren auch den Kontakt zum aktuellen Hachinger Hauptsponsor hergestellt - dessen Geschäftsführer, Frédéric Dervieux, ist ebenfalls Aufsichtsrats-Mitglied. Das Netzwerk ist gewoben. "Sie laufen", sagt Schwabl auf die Frage, ob es Gespräche mit potenziellen neuen Partnern gebe. Aber: "Wir überstürzen nichts."

Während des Hinspiels hatte ein Fan auf der Südtribüne ein Schild hochgehalten: "Koa Scheich, koa Hoeneß, I mog Haching." Es geht sehr gemütlich zu bei den Hachingern. Aber natürlich nicht, wenn sie im Grünwalder Stadion zu Gast sind.

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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