TSV 1860 München:Alles maximal kompliziert

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Kennen sich recht gut: Martin Gräfer (links), der Vorstandsvorsitzende des Hauptsponsors "Die Bayerische", und 1860-Vereinspräsident Robert Reisinger. (Foto: Bernd Feil/Imago)

Sponsoren fordern die Vertragsverlängerung mit Geschäftsführer Pfeifer, Präsident Reisinger will Investor Ismaik bei einem Zukunftsgespräch treffen - und die Personallage vor dem Spiel gegen Regensburg ist kurios.

Von Markus Schäflein

Als wäre die sportliche Personalsituation vor dem Heimspiel gegen Tabellenführer SSV Jahn Regensburg noch nicht irre genug, gehen beim Fußball-Drittligisten TSV 1860 München auch die politischen Personaldebatten im Klub weiter. Einige Sponsoren gingen zuletzt mit einem Schreiben an die Öffentlichkeit, in dem sie sich für einen Verbleib von Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer über das Saisonende hinaus einsetzen. Pfeifer ist bei weiten Teilen der e.V.-Vertreter, vor allem wegen der sportdirektorlosen Transferpolitik im Sommer unter Beteiligung von Vertretern des Investors Hasan Ismaik, in Ungnade gefallen.

Bei vielen Sponsoren ist Pfeifer allerdings beliebt, in dem Schreiben an die Vereinsgremien und die Presse fordern die 18 Unterzeichner "Kontinuität und vor allem Kompetenz in der Position der (...) Geschäftsführung" und loben Pfeifers "überdurchschnittliches Engagement, sein charismatisches Auftreten, die sehr gute Zusammenarbeit mit den Sponsoren sowie die Akquise von neuen Partnern der KGaA". Zudem fordern sie "von beiden Gesellschaftern ein geschlossenes Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit".

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Auch Martin Gräfer, Vorstand des Hauptsponsors Die Bayerische, hat sich hinter Pfeifer gestellt - und will die Gesellschafter zeitnah für ein Gespräch über die Zukunft des Klubs an einen Tisch bringen. Präsident Robert Reisinger ist der Idee nicht abgeneigt. "Wir sind in Gesprächen wegen der Terminfindung", sagte Reisinger der SZ, betonte aber: "Es ist die Auffassung der e.V.-Vertreter, dass solche Gespräche nur Sinn machen, wenn Hasan Ismaik auch anwesend oder zugeschaltet ist." Zur Personalie Pfeifer schickte er schon mal voraus: "Personalentscheidungen werden in den zuständigen Gremien getroffen." Was die Geschäftsführung angeht, also vom Beirat, in dem die e.V.-Vertreter das letzte Wort haben.

Ein Einsatz von Zwarts würde eine Extraablöse im mittleren fünfstelligen Bereich nach sich ziehen

Es ist derzeit auch sportlich nicht ganz leicht, bei 1860 den Überblick zu behalten - nämlich in der Frage, wer an diesem Samstag (14 Uhr) im Heimspiel gegen den Jahn mitwirken wird. Nach der Flut an gelben und roten Karten am vergangenen Wochenende bei Viktoria Köln (1:2) musste auch das Fachmagazin Kicker erst einmal nachrechnen, um dann zu titeln: "Nur noch fünf Löwen gesperrt!"

Fehlen werden Trainer Maurizio Jacobacci und Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer. Beide hatten in Köln nach dem Schlusspfiff bei Gesprächen mit Schiedsrichter Timon Schulz Rot gesehen und erhielten die Mindestsperre von einem Spiel. Ihr Aufenthaltsverbot für den Innenraum des Grünwalder Stadions beginnt eine halbe Stunde vor dem Anpfiff und endet eine halbe Stunde nach dem Spiel. Im gesamten Zeitraum darf Jacobacci mit seinen Spielern weder unmittelbar noch mittelbar in Kontakt treten; vertreten wird ihn Assistent Stefan Reisinger.

Kartenbedingt fehlen werden zudem drei Spieler: Morris Schröter, der nach einem Foul an sich statt eines Elfmeters Gelb-Rot bekommen hatte; Leroy Kwadwo, nach vertretbarem Glattrot für zwei Spiele gesperrt; und Niklas Lang (fünfte gelbe Karte). Die Gelbsperre gegen Albion Vrenezi wurde hingegen nach Einspruch der Löwen aufgehoben; er hatte angeblich einen Freistoß zu früh ausgeführt. Fernsehbilder belegten jedoch, dass nicht Vrenezi das Vergehen begangen hatte, sondern Fabian Greilinger (der natürlich nicht nachträglich mit Gelb bestraft werden konnte).

Um die Sache löwentypisch maximal zu verkomplizieren, stellt sich die Frage, was mit Stürmer Joel Zwarts ist. In Köln fehlte er wegen einer Bauchmuskelzerrung, was sicherstellte, dass er dort keine rote Karte erhielt und nicht gesperrt ist. Allerdings hatten die Löwen, als sie Zwarts zu Saisonbeginn aus Regensburg holten, einer Vertragsklausel zugestimmt, wonach ein Einsatz des Stürmers in einem Pflichtspiel gegen den SSV Jahn eine Extrasumme im mittleren fünfstelligen Bereich nach sich ziehen würde. Vor dem Hintergrund, dass die Grundablöse - ohne leistungsbedingte Zuschläge - nur 50 000 Euro betrug, ist das für eine einzige Partie natürlich enorm. Aber wer weiß, womöglich erlaubt die Bauchmuskelzerrung ja ohnehin keinen Einsatz.

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