TSV 1860 München:Mannschaftskreis in Völklingen

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Wenn er nicht trifft, trifft halt kein anderer: Die Tore von 1860-Stürmer Sascha Mölders allein werden nicht genügen. (Foto: Neis /Eibner/imago)

"Verzweiflung wäre der falsche Ansatz": Auch beim 1:2 gegen Saarbrücken hadert Drittligist 1860 München mit einer mangelhaften Chancenverwertung. Der Aufstieg rückt in sehr weite Ferne.

Von Christoph Leischwitz, München

Bis Samstagnachmittag hatten die Sechziger sehr gute Erinnerungen an das Hermann-Neuberger-Stadion in Völklingen gehabt. Hier hatten sie im Mai 2018 mit einem 3:2-Sieg den Grundstein für den Aufstieg zurück in den Profifußball gelegt, immerhin vier Spieler von damals waren diesmal auch noch dabei. So glücklich dieser Hinspiel-Sieg damals auch war, so unglücklich war nun die 1:2 (0:1)-Niederlage beim 1. FC Saarbrücken, der zwei Jahre nach den Sechzigern in die dritte Liga folgte. Das Spiel war witterungsbedingt dorthin verlegt worden, im Saarbrücker Ludwigspark war am Mittwoch schon eine Partie abgesagt worden. Nun wirkte es ein bisschen, als hätte das Stadion die Gelegenheit für späte Rache ergriffen, nach dem, was sich da in der dritten Minute der Nachspielzeit ereignete.

Keanu Staude, sein Debüt für die Sechziger war gerade 25 Minuten alt, legte sich den Ball mit der Brust vor und setzte ihn volley an den Pfosten, Merveille Biankadis ungenauer Nachschuss aus einem Meter Entfernung wurde tatsächlich noch geklärt.

Es ist zumindest fraglich, ob es auch mit einem späten Ausgleich noch zu dem kurzen Tumult nach Schlusspfiff gekommen wäre, der Stephan Salger eine Gelb-Rot-Sperre einbrachte. Ebenso ist es fraglich, ob der anschließende Mannschaftskreis im stillen Völklinger Stadion geschlagene sechs Minuten gedauert hätte; die Analyse wäre wohl deutlich kürzer ausgefallen. Erst in einigen Wochen freilich wird sich wohl die Frage beantworten lassen, ob diese vergebene Doppelchance den nächsten Aufstieg der Sechziger gekostet hat. In jedem Fall drohen die Löwen nun, den Anschluss an die Tabellenspitze zu verlieren, die aktuell besten Drei der Tabelle siegten zeitgleich allesamt.

Staude deutete an, dass er dazu beitragen kann, die Abhängigkeit von Mölders Treffsicherheit zu verringern

So ein Spiel sei eben "nicht mit drei Sätzen abgetan", sagte Trainer Michael Köllner später über die lange Ansprache im Mannschaftskreis. "Verzweiflung wäre der falsche Ansatz", sagte er, und versuchte schnell, sich dabei auch nicht verzweifelt anzuhören; solch ein Spiel mache doch den Reiz des Fußballs aus, und am Freitag stehe man schon wieder auf dem Platz, dann im Derby gegen die SpVgg Unterhaching. Wenngleich er auch Dinge gesehen habe, an denen man in den kommenden "Wochen und Monaten arbeiten" müsse. Die Gegentore der Saarbrücker (32., 64. Minute) wären durch bessere Zuordnung recht leicht zu verhindern gewesen.

Doch die bei Köllner heraus zu hörende Restverzweiflung rührt auch daher, dass einem Trainer angesichts der vergebenen Chancen wenig einfällt, was er ändern könnte. So hatte der sonst so zuverlässige Elfmeterschütze Phillipp Steinhart diesmal das Nachsehen gegen Keeper Daniel Batz (62.), unmittelbar vor dem 2:0 der Gastgeber. In zahlreichen weiteren Szenen fehlte die Genauigkeit im Abschluss. Es benötigte schon einen Saarbrücker Flipperball im Strafraum, damit Sascha Mölders frei zum Schuss kam und den Anschlusstreffer erzielen konnte (67.).

Der 35-jährige Angreifer, dessen Vertragsverlängerung vergangene Woche besiegelt wurde, konnte sich hernach über sein 14. Saisontor und Rang eins in der Torjägerliste nicht freuen. "Die erste Halbzeit haben wir komplett verschlafen", sagte er, man sei nun "sehr traurig". Köllner wies darauf hin, dass dem neuen Offensivspieler Staude freilich noch die Spielpraxis fehle. Trotz seines Pfostenschusses deutete der 24-Jährige, der vom Zweitligisten Würzburg wechselte, an, dass er durchaus dazu beitragen kann, die Abhängigkeit von Mölders Treffsicherheit zu verringern.

Ob denn die Diskussionen um den Aufstieg nun verstummen würden, wurde Köllner gefragt. Der Trainer antwortete, dass er diese Diskussion ja nie geführt habe, es handele sich hierbei "um kein deklariertes Ziel". Wobei unklar ist, warum dann diesmal Enttäuschung und Frust nach diesem Spiel so offenkundig waren.

Wie tief aktuell das Problem der schlechten Chancenverwertung in den Köpfen steckt, wird sich am Freitag gegen einen arg verunsicherten Gegner zeigen. Die Sechziger haben gegen Unterhaching in den vergangenen Jahren immer gewonnen, meist sogar sehr souverän. Die zweitbeste Offensive trifft auf die zweitschlechteste Defensive der Liga. Mölders spricht von einem "schweren Derby". Er weiß, dass man sich nicht mehr viele Ausrutscher leisten darf für den Traum, der offiziell nie geträumt wurde.

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