TSV 1860 München:In welchem Stadion spielt 1860 in der dritten Liga?

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Enttäuschung im Abstiegskampf: 1860-Abwehrspieler Abdoulaye Ba (M.) bekommt Zuspruch von den Löwen-Maskottchen. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Und bleibt Investor Hasan Ismaik dem Klub treu? Die wichtigsten Fragen und Antworten, falls der TSV 1860 München tatsächlich absteigt.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Am Sonntag (15.30 Uhr) in Heidenheim spielt 1860 München um den Verbleib in der zweiten Bundesliga. Bei einem Sieg und einem passenden Ergebnis in einem anderen Stadion könnten die Löwen ihr Ziel direkt erreichen; bei Niederlage oder Remis droht ihnen sogar der direkte Abstieg, falls Würzburg in Stuttgart siegt - ansonsten wartet die Relegation.

Trainer Vitor Pereira muss voraussichtlich auf Amilton (Wadenverletzung) und möglicherweise auch auf Felix Uduokhai (Oberschenkelprobleme) verzichten und appellierte an seine Mannschaft: "Ich bin verantwortlich dafür, dass wir hier unser Leben für den Verein geben. Wer genauso fühlt, ist willkommen im Boot." Der neue Geschäftsführer Ian Ayre hat bereits erklärt: "Es nicht zu schaffen, wäre ein Desaster epischen Ausmaßes."

Bleiben Investor Hasan Ismaik, Geschäftsführer Ian Ayre und Trainer Vitor Pereira?

Ismaik hat, natürlich auf seiner Facebook-Seite, offiziell ein klares Bekenntnis abgegeben. "Ich werde meinen Traum, die Löwen wieder zu einer großen Nummer zu machen, niemals aufgeben", teilte er mit: "Selbst wenn wir absteigen sollten, wovon ich nicht ausgehe, würde ich an Eurer Seite bleiben. Ich lasse 1860 nie mehr los." Die Meinungen gingen auseinander, ob das ein Versprechen oder eine Drohung war. Vor dem Hintergrund, dass Ismaik in der Vorsaison schon einmal die Verschwörungstheorie öffentlich gemacht hatte, die Mannschaft spiele absichtlich schlecht, damit er endlich seine Anteile verkauft, war dieses Treuebekenntnis aus Ismaiks Sicht allerdings so oder so notwendig. Denn wenn er so oder so bleibt, spielt auch niemand absichtlich schlecht, um ihn loszuwerden. Logisch.

Der vom FC Liverpool aus der Premier League gekommene Ayre berichtete bereits mehrmals, dass sein Vertrag auch für die dritte Liga gültig sei. In München gefalle es ihm sehr gut, auch seine Frau Karen und seine Tochter Yasmine seien begeistert von der bayerischen Lebensart. Diese Lebensart wird, episches Desaster hin oder her, so begeisternd bleiben. Sportliche Gründe hat Ayres Abschied aus der Premier League offenkundig ohnehin noch nie gehabt, sonst wäre er nie in die zweite deutsche Liga gewechselt. Insofern kann es ja tatsächlich sein, dass ihn nicht einmal die dritte Liga schreckt.

Trainer Vitor Pereira, der zuvor bei Fenerbahce Istanbul und Olympiakos Piräus arbeitete und sich schon über das Niveau der zweiten Liga mehrmals entsetzt zeigte (möglicherweise, weil er erkannt hat, dass dort sein geliebter Tak-Tak-Tak-Fußball kein probates Mittel ist), wird sich die dritte Liga hingegen sehr wahrscheinlich nicht antun.

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Der Prozess eines früheren Scouts vom TSV 1860 gegen die Profifußball-KGaA gerät zur Posse. Der Löwen-Anwalt vergisst sogar den Namen des Geschäftsführers.

Von Markus Schäflein

In welchem Stadion spielt der TSV 1860 in der dritten Liga?

Das von vielen Fans so geliebte Stadion an der Grünwalder Straße wurde von der Stadt München 2013 drittligatauglich hergerichtet - für den Fall eines Aufstiegs des FC Bayern II oder des TSV 1860 II aus der Regionalliga. In Giesing sind offiziell 12 500 Zuschauer zugelassen. Dass die Löwen dort künftig mit ihren Profis spielen, ist so gut wie ausgeschlossen: Der Mietvertrag in der Fröttmaninger Arena läuft auch im Falle eines Abstiegs, unter angepassten Konditionen, weiter. Und klubpolitisch ist ein Umzug angesichts der weiterhin großen Ambitionen Ismaiks undenkbar - bereits bei einem Wiederaufstieg in die zweite Liga hätte Sechzig dann keine Spielstätte mehr, die den Vorgaben entspricht. Für die angestrebte Champions League schon gar nicht.

Was passiert mit dem Nachwuchsleistungszentrum?

Im Abstiegsfall müsste die sehr erfolgreiche U21-Mannschaft von Trainer Daniel Bierofka aus der Regionalliga in die Bayernliga zwangsabsteigen - das wäre ein bitterer Schritt für den diesjährigen Tabellenzweiten, der in Marin Pongracic unlängst erneut einen wichtigen Spieler für die Profis zulieferte. Eine Abwanderung von Talenten könnte die Folge sein. Die Zukunft des Nachwuchsleistungszentrums, das seit mehr als einem Jahrzehnt das Aushängeschild des TSV 1860 war, ist ohnehin offen. Investor Ismaik möchte die Jugendmannschaften von der U17 bis zur U12, die bislang zum e.V. gehören, allesamt der Profifußball-KGaA einverleiben. Unter dem naheliegenden Vorwand, diese zu professionalisieren. Aus Sicht des Investors stellt der Nachwuchsbereich das letzte werthaltige Stück des ursprünglichen Sechzigs dar, das ihm noch nicht gehört.

Da von Vereinspräsident Peter Cassalette, der sich gerne damit schmückt, nur noch für die Vereinsbelange da zu sein, in Wahrheit aber genau dafür überhaupt nicht eintritt, keine Gegenwehr zu erwarten ist, sehen sich die Vertreter der Fußballabteilung auf sich allein gestellt. Abteilungsleiter Roman Beer hat auf der letzten Versammlung einen Hilferuf abgesetzt. Er machte öffentlich, dass die KGaA (also Ismaik) die vertraglich garantierten Zahlungen an die Fußballabteilung schon vor geraumer Zeit eingestellt hat. Die KGaA schuldet der Fußballabteilung inzwischen mehr als 500 000 Euro. Geld, das die Abteilung zur Bezahlung ihrer Mitarbeiter benötigt und damit zum Überleben. Präsident Cassalette, der schon seit Monaten von der Problematik weiß und der die Überweisung mittels seines Weisungsrechts gegenüber jedem einzelnen der vergangenen Geschäftsführer längst hätte anordnen können, tat: nichts. Stattdessen sprach er von einem konkreten Termin, an dem zumindest eine Abschlagszahlung überwiesen werden sollte. Überwiesen wurde: nichts.

Würde der Kader auseinanderbrechen?

Egal ob Klassenverbleib oder Abstieg - der Kader bricht in jedem Fall auseinander. Zahlreiche Verträge, etwa von Maxi Wittek, Kai Bülow, Michael Liendl, Romouald Lacazette, Daylon Claasen und Stefan Ortega laufen aus, einige Spieler wollen nicht bleiben, mit anderen will der Klub nicht verlängern. Dazu kommen zahlreiche endende Leihgeschäfte wie bei Levent Aycicek, Marnon Busch sowie den im Winter verpflichteten Abdoulaye Ba und Lumor. Ein Neuaufbau steht ohnehin bevor - bei einem Abstieg läuft 1860 allerdings Gefahr, auch noch die fest eingeplanten Talente wie Felix Uduokhai und Marin Pongracic zu verlieren.

Nimmt 1860 noch am DFB-Pokal teil?

Als Absteiger aus der zweiten Liga stünde Sechzig in der kommenden Saison noch in der Hauptrunde. In der kommenden Spielzeit müssten sich die Löwen dann für die Hauptrunde qualifizieren - indem sie in der dritten Liga mindestens Vierter werden oder den Toto-Pokal gewinnen, der sie nach Unterföhring, Illertissen und Buchbach führen könnte.

Welcher Etat wäre realistisch?

Die meisten Zweitliga-Absteiger fallen finanziell in ein tiefes Loch, was sich in dieser Saison daran zeigt, dass der SC Paderborn gerade so den Klassenverbleib in der dritten Liga schaffen könnte und der FSV Frankfurt in die Regionalliga durchgereicht wird. An Fernsehgeld würde der TSV 1860 beispielsweise statt wie bislang mehr als sechs Millionen Euro nur noch rund eine Million erhalten. Auch die Erlöse aus dem Marketing dürften zurückgehen - der Vertrag von Vermarkter Infront wäre zwar weiter gültig, allerdings fiele die Garantiesumme von rund fünf Millionen Euro pro Jahr weg, es würde auf Provisionsbasis kooperiert.

Zusammengefasst: Alles wird viel weniger. Da der Etat bei Sechzig aber ausschließlich davon abhängt, wie viel Geld Ismaik seiner eigenen Firma leiht, lässt sich keine Aussage treffen - schließlich hat der Klub auch nicht mit einem für Zweitliga-Verhältnisse realistischen Etat geplant. Wie viel Ismaik, der in der kommenden Zweitliga-Saison 50 Millionen Euro für den Aufstieg zur Verfügung stellen wollte, in einem Drittliga-Szenario zuschießen würde, ist selbst Geschäftsführer Ayre noch unbekannt.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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