TSV 1860 München:Gekonnt flippern

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Hier scheitert er zwar an Halles Torwart Sven Müller, zuvor traf er aber schon früh ins Tor: TSV-1860-Winterzugang Keanu Staude (r.). (Foto: Karina Hessland-Wissel/Getty)

Der TSV 1860 München schafft mit dem 4:0 beim Halleschen FC seinen höchsten Auswärtssieg in der dritten Liga. Winterzugang Keanu Staude feiert dabei ein starkes Startelf-Debüt.

Von Christoph Leischwitz

Bei Keanu Staude war in den vergangenen Wochen viel darüber gesprochen worden, wann er denn endlich fit genug sei für die Startelf. Das zog sich schließlich. Im Winter war der Flügelspieler vom Zweitligisten Würzburger Kickers zu 1860 München gewechselt, da hatte er bereits Knieprobleme, dann kam auch noch eine Corona-Infektion dazu. Der Hauptgrund für die Frage war aber, dass Staude in Würzburg nie in der Startelf gestanden hatte - zum letzten Mal war das am 29. Juli 2019 der Fall gewesen, für Arminia Bielefeld.

Als der 24-Jährige dann am vergangenen Samstag für 1860 München das erste Mal von Beginn an auflief, war die wochenlange Fragerei noch in der ersten Spielminute komplett obsolet geworden. Denn Staude erzielte beim Halleschen FC nach 41 Sekunden die Führung und ebnete damit den Weg zu einem klaren 4:0 (3:0)-Erfolg. Ausgerechnet der oft verschmähte Staude also machte den Traum vom Aufstieg in die zweite Fußball-Bundesliga wieder ein kleines bisschen realistischer. Kein Wunder, dass er nach dem Spiel betonte, wie gut der Sieg tue. Er hatte mit seinem Schuss aus spitzem Winkel nicht nur für persönliche Zufriedenheit gesorgt, sondern auch seinem Klub nach zuletzt nur einem Sieg aus fünf Partien wieder Selbstvertrauen geschenkt.

Sechzigs Geschäftsführer Günther Gorenzel meinte später, es habe in den vergangenen Wochen keine Veranlassung gegeben, an grundsätzlichen Dingen zu zweifeln. Doch klar sei: Bei jungen Spielern beginne irgendwann das "Kopfkino", wenn die Ergebnisse nicht stimmten. "Deswegen war es extrem wichtig, dass Keanu, der ein unbekümmerter Spieler ist, das Tor gemacht hat." Um so wieder unbekümmert in den Aufstiegskampf einzusteigen? Am Mittwoch jedenfalls reist 1860 München für ein Nachholspiel zum Tabellenletzten Lübeck.

Die Löwen waren so überlegen gewesen, dass sogar Staudes Torschuss nach einem Geflippere im Halleschen Strafraum, bei dem auch die Torlatte involviert war, schon die zweite Möglichkeit des Spiels war. Trotz des Geflipperes handelte es sich daher auch nicht komplett um Zufall. Staude hatte geistesgegenwärtig den Weg der Kugel erahnt und stand deshalb bei seinem Schuss komplett frei. Allerdings bestand auch danach das von Trainer Michael Köllner diagnostizierte Hauptproblem weiterhin: die schlechte Chancenverwertung. Dennis Dressel (6.), Semi Belkahia (7.), Stephan Salger (17.), Stefan Lex (23.) vergaben beste Möglichkeiten; Staude machte auf der rechten Seite weiterhin viel Betrieb, aber auch er scheiterte an Halles Torwart Sven Müller. Und dann verschoss Phillipp Steinhart auch noch einen Foulelfmeter (32.).

Auffällig ist, wie wenig Trainer Köllner über den Erfolg spricht

Spätestens beim 2:0 zeigte sich, dass die Löwen an diesem Spieltag aber auch einen perfekten Aufbaugegner erwischt hatten: Der Hallenser Angriff versprühte kaum Gefahr, die Abwehrspieler erwiesen sich, um im Flipper-Bild zu bleiben, als zuverlässige Bumper, die den Ball stets in die richtige Richtung ablenkten. So konnte sich Merveille Biankadi selbst einen schön anzusehenden Volleyschuss auflegen. Als der Ball im Netz zappelte (37.), schrie Torwart Müller: "Wir wollten doch nicht!" Die Sechziger aber wollten. Dennis Dressel erzielte noch vor der Pause sein fünftes Saisontor gegen Halle (45.+2), beim 6:1 im Hinspiel war ihm ein Viererpack gelungen.

Sascha Mölders ertrickste sich dann noch sein 16. Saisontor, dafür genügte ein halbherziges Pressing der Sechziger, das Abwehrspieler Stipe Vucur zu einem fatalen Rückpass zwang. "Vor dem Spiel waren wir noch die Deppen", sagte Mölders. Jetzt wohl nicht mehr, nach insgesamt zehn Toren gegen Halle und dem höchsten Auswärtssieg in der dritten Liga.

Auffällig war auch, wie wenig Trainer Köllner über den Erfolg sprach. Dabei war er vor dem Spiel geradezu redselig gewesen, er hatte mit dem Schicksal gehadert. Jetzt sei er nach einem "stabilen" Auswärtssieg zufrieden, fertig. Es gab eben nichts mehr zu beanstanden. Zum Jubeln ist es aber auch noch zu früh.

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