Tischtennis:Neu-Ulm droht mit TTBL-Ausstieg

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Im Pokalfinale hat Truls Moregardh noch für den TTC Neu-Ulm gezaubert, danach schloss er sich einem schwedischen Klub an. (Foto: Hafner/Nordphoto/Imago)

Die Bundesliga hat eine harte Strafe gegen Truls Moregardh verhängt, weil sich der Schwede nach Rückrundenstart einem neuen Verein anschloss. Sein bisheriger Klub, der Pokalsieger TTC Neu-Ulm um Dimitrij Ovtcharov, will das nicht akzeptieren.

Von Andreas Liebmann

Auf seiner Instagram-Seite hat Truls Moregardh ein Video gepostet, es zeigt den schwedischen Tischtennisprofi in einem begeisternden Ballwechsel gegen Düsseldorfs Timo Boll, aufgenommen Anfang Januar beim deutschen Pokalfinale in Neu-Ulm. Es habe Spaß gemacht, gegen den Magier persönlich zu zaubern, schrieb der 20-Jährige dazu, in dem Wissen, dass es auch den 5000 Fans in der Halle Spaß gemacht hatte und vermutlich auch den etwa 4,5 Millionen Zuschauern, die das Duell nach Rechnung der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) auf diversen Kanälen in Bewegtbildern miterlebten - beides Rekordzahlen.

"Dieses Final Four war das Beste, was die TTBL je hatte", betont Florian Ebner, der Klubchef des Pokalsiegers TTC Neu-Ulm. Allerdings könnte es nun sein, dass es das erste und zugleich letzte Pokalfinale für Moregardh war - und auch für den TTC Neu-Ulm. Denn der Verein befindet sich seit Freitag in einem Disput mit der TTBL-GmbH und droht nun sogar damit, nach der Saison aus der Bundesliga auszusteigen.

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:Ein erfolgreicher Trugschluss

Der TTC Neu-Ulm ploppte 2019 per Wildcard in der Tischtennis-Bundesliga auf. Die Träume von vollen Hallen machte nicht nur die Pandemie zunichte. Doch der russische Angriffskrieg spülte einige Weltklassespieler zum Emporkömmling - mit denen er als Gastgeber nun endlich auch im Pokal-Final-Four mitmischt.

Von Andreas Liebmann

Auslöser ist Moregardhs Einsatz in der schwedischen Meisterschaft für den Verein Eslöv AI BTK Ende Januar, also wenige Wochen nach dem Pokalsieg in Deutschland. Dieser ist in der Tat erstaunlich, weil der Weltranglistensechste zur Rückrunde noch in Neu-Ulm gemeldet war, ansonsten hätte er gar nicht am Final Four teilnehmen dürfen. Im Gegensatz zu manch anderem Land ist es in Deutschland nicht vorgesehen, dass Profis gleichzeitig in mehreren nationalen Ligen beschäftigt sind. Wegen "eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Lizenzbestimmungen" hat die TTBL gegen den Schweden nun eine Vertragsstrafe von 10 000 Euro und eine Zehn-Spiele-Sperre für kommende Saison verhängt. Und weil sich die Sache mit dem Taiwanesen Lin Yun-ju, 21, analog verhält - die Nummer acht der Welt debütierte am Samstag für einen japanischen Klub -, dürfte dieselbe Strafe auch ihn ereilen. Das Strafmaß ist exakt so gestaltet, dass Lin und Moregardh, die der TTC gerne auch nächste Saison wieder verpflichten würde, dadurch nicht mehr genügend Pflichtspieleinsätze sammeln könnten, um auch am Final Four 2024 teilnehmen zu dürfen.

Am Mittwoch können sich die Protagonisten persönlich austauschen - da gastiert Düsseldorf zum Champions-League-Halbfinale in Neu-Ulm

Die Lesart des Falls ist nun höchst unterschiedlich. Ebner stellt den Vorgang so dar, dass man die Stars in der Liga nicht mehr benötigt habe, weil dort drei junge Russen spielen sollen (denen mit einem 3:1-Sieg am Sonntag gegen Bergneustadt ein wichtiger Schritt aus der Abstiegszone gelungen ist) - und der Verein habe ihnen wegen dieser besonderen Situation die Gelegenheit geben wollen, anderswo weiter Geld zu verdienen. Die beiden Spieler wiederum baten die TTBL daraufhin um Auflösung ihrer Lizenzverträge, was diese mit Hinweis auf drohende Sanktionen aber verneinte.

Die Verstöße räumt Ebner zwar ein, er zweifelt aber an der Recht- und der Verhältnismäßigkeit der Strafen. Konkret geht es um die Frage, ob in den Verträgen mit der TTBL ein Lizenzentzug nicht schon die höchstmögliche Strafe wäre. Das dürften nun wohl Juristen klären. Der TTC Neu-Ulm kann das ständige Schiedsgericht für Lizenzspieler anrufen, was er wohl auch tun wird. Ebner kritisiert zudem den Umgang mit seinen Stars, und er weist sehr deutlich auf den Umstand hin, dass Andreas Preuß als Manager des dominierenden Klubs Borussia Düsseldorf zugleich dem Aufsichtsrat der TTBL vorsitzt.

Kurz: Obwohl seine Stars um Dimitrij Ovtcharov der Liga viel Aufmerksamkeit beschert hätten, wolle man sie offenbar nicht - dabei schade sich die TTBL damit letztlich selbst.

Der Profiliga geht es freilich um etwas anderes: Nämlich dass Moregardh und Lin gar nicht im Pokalfinale hätten mitwirken können, wenn sie ordnungsgemäß ihren Vereinswechsel zur Halbserie beantragt hätten. Der Pokalsieg war also nur möglich, weil sie auch zur Rückrunde blieben - womit sich ein Vereinswechsel nach der Wechselfrist eben verbietet. Man habe das Strafmaß nicht mal ausgeschöpft, sagt TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle und fragt: "Was hätten wir tun sollen? Es war ein Verstoß mit vorheriger Nachfrage, der unsere Wettbewerbsintegrität untergraben hätte." Nicht nur Finalgegner Düsseldorf hätte eine geduldete Umgehung der Lizenzvorgaben als Wettbewerbsverzerrung auffassen müssen, sondern auch die anderen Klubs, die ihre Profis ja ebenfalls nur unter der Prämisse holen, dass diese während ihrer TTBL-Lizenz keine anderen Engagements eingehen dürfen.

Über all das können sich die Protagonisten an diesem Mittwoch auch persönlich weiter austauschen, denn da empfängt der TTC Neu-Ulm Borussia Düsseldorf zum Hinspiel im Champions-League-Halbfinale (19 Uhr). Neben Ovtcharov und dem ausschließlich für die Champions League verpflichteten Japaner Tomokazu Harimoto soll auch Moregardh zum Einsatz kommen. In der Champions League würde Neu-Ulm übrigens auch nächste Saison starten wollen, selbst nach einem Ausstieg aus der TTBL.

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