Tischtennis:Eine Frage des Talents

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Mit 13 debütierte sie in der ersten Liga: Koharu Itagaki vom TSV Bad Königshofen, die in der Liga für Jena spielt. (Foto: Andreas Liebmann)

Koharu Itagaki hat schon mit 13 in der ersten Frauen-Bundesliga debütiert. Sie tritt dort für Jena an, international sammelt sie für Deutschland Medaillen. In Bad Königshofen, wo sie von ihrem Vater trainiert wird, hat sie am Sonntag ihr erstes echtes Heimspiel erlebt.

Von Andreas Liebmann

Die Tribüne war krachend voll, an den Fernsehgeräten saß ein Millionenpublikum, und Koharu Itagaki, 13 Jahre jung, schoss freundlich lächelnd einen Mann von der Platte, dem sie etwa bis zum Bauchnabel reichte. Es war der bisher größte Auftritt der deutschen Tischtennisspielerin vom TSV Bad Königshofen, im vergangenen Dezember, wobei das einiger Erläuterungen bedarf: Ihr Gegner, der Olympiasieger Alexander Zverev, spielt ja nun eigentlich Tennis; ihr kurzes Match war Teil einer TV-Show; und die volle Tribüne im Hintergrund war in Wirklichkeit eine LED-Wand.

Im echten Leben der Koharu Itagaki strahlen die Scheinwerfer selten so grell. Trotzdem hat sie ein paar Erfolge gesammelt, die man Zverev in der Show bewusst verschwiegen hatte. 2023 war sie U15-Europameisterin im Doppel und mit dem Team. Mit ihrer Doppelpartnerin Josephina Neumann aus Berlin holte sie zudem WM-Bronze. Weil Bad Königshofen kein hochklassiges Frauenteam hat, tritt sie in der Liga seit 2022 für Schott Jena an - wo sie als Zwölfjährige zum Erstliga-Aufstieg beitrug und mit 13 im Oberhaus debütierte. Und dann gab es da noch jenen Erfolg im Doppel, der ihr und der 20 Tage älteren Josephina Neumann vor einem Jahr tatsächlich bundesweite Schlagzeilen brachte: Sie hatten sich bei den deutschen Meisterschaften der Frauen ins Endspiel gekämpft. Beide waren gerade 13 geworden.

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Ohne eigenes Zutun kam der TSV Bad Königshofen zu Koji Itagaki, einem der renommiertesten Tischtennistrainer Japans. Der hat den Klub nun in die erste Bundesliga geführt.

Von Andreas Liebmann

Am vergangenen Sonntag läuft es für Itagaki und ihr Team weniger gut. Dabei ist es erneut einer ihrer größten Auftritte. Schott Jena hat sein Heimspiel extra ausgelagert ins unterfränkische Bad Königshofen, damit auch die Fans ihres Heimatvereins sie mal live erleben können. Der TSV ist für seine volle Halle bekannt. Schon Tage vorher war sie nervös. Zunächst empfangen am Nachmittag Bad Königshofens Erstliga-Männer Fulda, kassieren mit 1:3 einen unerwarteten Dämpfer. Hätten sie gewonnen, wäre die erste Playoff-Teilnahme der Klubhistorie fast sicher gewesen. Die Tribünen sind da noch krachend voll (keine LED-Wand!), doch im Laufe des Abends wird es leerer.

Als Itagaki an den Tisch geht, zum fünften Match des anschließenden Frauenspiels, sind immer noch deutlich mehr Zuschauer da als in der Frauen-Bundesliga üblich, doch für die Fans bricht bereits die siebte Stunde an. Die Koharu-Sprechchöre klingen kraftlos. Koharu Itagaki besucht hier die achte Klasse des Gymnasiums, vor einigen Wochen ist sie 14 geworden. Sie macht mehr Fehler als sonst, ist unsicher. Andererseits hat sie es nicht mit Alexander Zverev zu tun, sondern mit Alena Lemmer, 26, vom TSV Langstadt, die als Schülerin mal Einzel-Europameisterin war. Noch bevor Itagaki einen Schuss ins Netz setzt, der ihrer Gegnerin den ersten Matchball einbringt, beginnt ein Helfer im Hintergrund die ersten Werbebanner abzuhängen. "Es war schon eine andere Stimmung als in Jena", schwärmt sie danach. "Ich war sehr aufgeregt." Ihr Spiel endete knapp, 11:13, 11:7, 9:11 und 6:11. Jena verliert 2:6.

Am Vortag besiegt sie die ausgebuffte Qianhong Gotsch, 55

Noch etwas ist besonders an diesem Tag: Ihr Vater Koji sitzt hinter der Bande und coacht sie. Das ist sonst nie der Fall, weil er sich ja um Bad Königshofens Männer kümmern muss. Deren Erfolg hängt wesentlich mit der Arbeit von Koji Itagaki zusammen, mit ihm gelang der Erstliga-Aufstieg. In Japan war Koji Itagaki ein Star unter den Trainern, viele Weltklassespieler durchliefen seine Schule. Als es ihn durch einen Sponsor in die unterfränkische Provinz verschlug, im Januar 2016, hatte er eher nicht geplant, hier sesshaft zu werden. Doch wenige Monate später holte er seine Frau und die drei Kinder nach, das Haus in Japan wurde verkauft. Die Familie fühlt sich wohl hier. Koharu und ihr Zwillingsbruder Kazuto begannen erst in Bad Königshofen mit dem Tischtennis, und natürlich ist es der Vater, der sie ausbildet. Sie haben, wie er erzählt, nur noch den deutschen Pass, weil Japan keine doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt.

Es ist auch der Vater, der tags darauf (auf Englisch, weil ihm das Deutschlernen schwerfällt) verblüffend hartnäckig darauf besteht, dass es sich bei seiner Tochter um kein großes Talent handele. Ihre Spielweise wirkt sehr ökonomisch, mit der Noppenrückhand eröffnet sie die Ballwechsel, mit der Vorhand schießt sie. Sie steht immer nah am Tisch, wegen ihrer Zierlichkeit fast aufrecht. So hatte sie am Samstag im Kellerduell in Jena Böblingens ausgebuffte Qianhong Gotsch 3:0 besiegt. Die 55-Jährige ist eine Ausnahmeerscheinung, seit Jahren eine der beständigsten Erstligaspielerin. Aktuell steckt sie zwar im Tief, doch noch in der Vorrunde hatte sie eine 12:2-Bilanz.

Koharu Itagaki ist am Sonntag nicht die einzige Spielerin, die eine Art Heimspiel in der Fremde erlebt. Auch für Langstadts Chantal Mantz ist es eine besondere Partie. Sie ist mit Bad Königshofens Profi Martin Allegro liiert, deshalb oft zu Besuch hier, sein Klub sei "schon eine kleine Familie" für sie. Auch Mantz wird natürlich nach Koharu Itagaki gefragt. "Sehr gute Hand", lobt sie, und: "Großes Talent!" Da reife eine starke Nationalspielerin heran.

Mantz müsste das einschätzen können, schließlich war sie es, die bei den deutschen Meisterschaften vor einem Jahr mit ihrer Partnerin Yuan Wan das Halbfinale gegen Itagaki/Neumann verlor, als Titelverteidigerinnen. Aber man kann ja auch noch einen unbeteiligten Experten fragen. Anruf also beim Dachauer Erstligatrainer Alexander Yahmed. Was er so über Koharu Itagaki denkt? "Unglaublich talentiert", ruft Yahmed sofort aus. "Sie ist sehr strukturiert aufgebaut, hat eine komplette Basis, nun muss sie nur noch ihr Spiel entwickeln." Yahmed ist sich sicher: "Die wird kommen."

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