RB Leipzig:Lebenszeichen in der Schaffenskrise

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Kunstvoller Treffer: Timo Werner (hinten) zirkelt den Ball aus spitzem Winkel ins Gladbacher Tor. (Foto: Marius Becker/dpa)

Timo Werner spricht gerade nicht mit den Medien, er habe eine schwere Zeit gehabt, lässt der Stürmer ausrichten. Auf dem Platz zeigt er dafür, was er immer noch kann - sein Siegtor gegen Gladbach ist ganz große Fußballkunst.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Dem in einer Schaffenskrise steckenden Fußballer Timo Werner ist zuletzt immer mal wieder vorgehalten worden, wann ihm letztmals Bedeutsames gelungen war: das letzte Bundesligator am 15. April 2023, der letzte Länderspieleinsatz am 28. März 2023, das letzte Champions-League-Tor am 25. Oktober 2022 und das letzte Länderspieltor am 14. Juni 2022. Wenn solche Zeiträume immer länger werden, wird der Frust des Fußballers immer größer.

Timo Werner hätte folglich vor Freude überschäumen können, als ihm am Samstag in der 75. Minute der Treffer zum 1:0-Sieg für RB Leipzig im Gastspiel bei Borussia Mönchengladbach gelungen ist, zumal er das Tor kunstvoll aus spitzem Winkel erzielte, einen Meter vor der Grundlinie von rechts mit dem rechten Innenrist, beachtlich!

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Er hätte beim Torjubel die Handflächen hinter die Ohren halten können (ein provokantes Signal an seine Kritiker) oder seinen Zeigefinger auf die Lippen legen (auch ein provokantes Signal an seine Kritiker), aber stattdessen bewegte er die rechte Hand seitlich neben dem Körper beschwichtigend auf und ab (womöglich ein provokantes Signal an seine Kritiker). Es wirkte wie: ganz ruhig, nichts passiert, habe nur gemacht, was ein Stürmer eben macht, ein Tor geschossen.

"Da habe ich ihm keine Atomphysik erklärt", witzelt Rose

Was Werner mit seiner Jubelgeste wirklich sagen wollte, erfuhr man nicht, denn Werner spricht zurzeit nicht zu den Medien. Timo habe eine schwere Zeit gehabt, bat nach dem Spiel die Medienabteilung um Verständnis. Dass ihm das Tor gut tut, dass er sich im Training nicht hängen lässt, dass er trotz seiner derzeitigen Reservistenrolle so wichtig ist für die Mannschaft - das erfuhr man von seinen Mitspielern Kevin Kampl, Janis Blaswich und David Raum.

Und noch etwas erfuhr man über Werner: Als man nämlich hätte denken können, dass er kurz vor seiner Einwechslung in der 70. Minute am Spielfeldrand im intensiven Zwiegespräch von seinem Trainer Marco Rose die Atomphysik erklärt bekam, da war dem gar nicht so. "Da habe ich ihm keine Atomphysik erklärt", witzelte Rose, um überzuleiten, dass es vielmehr um etwas sehr Simples ging: "Da habe ich dem Timo gesagt, weil er sich ja sonst ganz gerne mal auf die Flügel fallen lässt, dass er das Zentrum halten soll - und genau dort hat er das Tor nach einem Schnittstellenpass dann auch gemacht."

Ruhig bleiben, nichts passiert: Wen Timo Werner (links) mit der Handgeste nach seinem Siegtreffer wohl adressieren wollte? (Foto: Weis/Team2sportphoto/Imago)

Dieser fabelhafte Pass stammte vom Niederländer Xavi Simons. Der 20-Jährige ist einer der Gründe, warum Werner von den fünf Ligaspielen in dieser Saison nur vier und dann auch nur mit summierten 95 Minuten mitgemacht hat. "Wir haben da vorne eine Menge Jungs, die Tore machen können", sagte Rose und meinte damit vor allem die drei neuen Angreifer Xavi Simons (3 Tore, 5 Vorlagen), Lois Openda (3 Tore, 1 Vorlage) und Benjamin Sesko (2 Tore). Insgesamt schon 14 Saisontore nach fünf Spieltagen sind Leipziger Bundesliga-Rekord.

Den Traum von der Heim-EM 2024 hat Werner gewiss noch nicht aufgegeben

Sein letztes DFB-Pokal-Tor hat der 27 Jahre alte gebürtige Stuttgarter Werner übrigens am 5. April 2023 geschossen. Das ist vergleichsweise kurz her und die Gelegenheit, auch diese Wartezeit alsbald zu beenden, könnte er bereits an diesem Mittwoch bekommen. Dann gastieren die Leipziger zum nachgeholten Erstrundenspiel (Mitte August mussten sie im Supercup gegen die Bayern spielen) beim Zweitligisten SV Wehen Wiesbaden (20.45 Uhr, ARD). Wie viele Minuten Einsatzzeit Werner dort erhält, hat sein Trainer noch nicht verraten, aber er stellt Werner etwas in Aussicht, denn Rose sagt: "Wichtig ist, dass Timo jetzt dranbleibt und dass ich ihm auch immer wieder das Vertrauen schenke."

Wenn Rose ihm immer wieder das Vertrauen schenkt und Werner dranbleibt, dann könnte er auch ein Kandidat für den neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann werden. Den Traum von der Europameisterschaft 2024 in Deutschland hat Timo Werner gewiss noch nicht aufgegeben. Vor allem nach der jüngsten Enttäuschung: Die WM in Katar hatte er wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk verpasst.

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