Tennisturnier am Rothenbaum:Hamburg freut sich über Federers Niederlage

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Roger Federer tritt beim Sandplatzturnier in Hamburg an (Archivbild vom Juni) (Foto: dpa)

Rothenbaum ist wieder das wichtigste deutsche Tennisturnier. In diesem Jahr spielt nicht nur Tommy Haas, sondern sogar Roger Federer mit - weil der Schweizer in Wimbledon so früh verloren hat.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Michael Stich lächelt, als gäbe es nichts Schöneres, als hinter einem Pappaufsteller zu posieren. Der Tennisspieler aus Papier reicht ihm bis zur Schulter, lässig legt Stich seinen Arm um ihn. Die Kameras klicken, Stich ist mächtig stolz, jeder kann es sehen.

Der Grund für Stichs Hochstimmung ist das Konterfei des Spielers, das vorne auf dem Pappaufsteller prangt. Im vergangenen Jahr war hier Tommy Haas zu sehen, der Lokalmatador, der die Zuschauer zum Rothenbaum locken sollte. Ein gutes Zugpferd, zweifellos. 2013 ist alles noch eine Nummer größer, eine Nummer wichtiger.

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Nicht Haas, sondern Roger Federer ist die größte Attraktion für das Hamburger Tennisturnier, das am Samstag am Rothenbaum beginnt. "Es war immer mein Ziel, den erfolgreichsten Spieler der Welt nach Hamburg zu holen", sagt Stich, der seit fünf Jahren Turnierdirektor ist. Er versucht gar nicht, seinen Stolz zu verstecken.

Auch Titelverteidiger Juan Monaco, Nicolas Almagro und Gilles Simon sind am Start - insgesamt 13 Spieler der Top 30 der Welt. Darunter natürlich auch Tommy Haas, der unweit des Stadions aufgewachsen ist, der im Vorjahr ins Finale kam. "Vom Spielerfeld her sind wir sehr, sehr zufrieden", sagt Stich. Hamburg ist wieder zum wichtigsten deutschen Tennisturnier geworden.

Erst recht mit Federer. 17 Grand-Slam-Titel hat der Schweizer in seiner Karriere gewonnen, 302 Wochen stand er auf Platz eins der Weltrangliste. Manchmal wird Federer als bester Spieler aller Zeiten bezeichnet; wer den Superlativ scheut, nennt ihn zumindest in einem Atemzug mit Pete Sampras oder Björn Borg. Dass der Schweizer tatsächlich in Hamburg aufschlägt, verdankt Turnierdirektor Stich allerdings einem unerwarteten Umstand. Eigentlich hatte Federer - derzeit Weltranglistenfünfter - ja andere Pläne.

Alles begann, als der 31-Jährige sein Zweitrundenspiel in Wimbledon gegen den reichlich unbekannten Sergej Stachowski verlor. Während die Weltelite weiter um den Wimbledon-Titel rang, war Federer plötzlich zum Zuschauen verurteilt. Eine ungeplante Turnierpause, die gefüllt werden musste.

Hätte Federer in Wimbledon das Halbfinale oder Finale erreicht, wäre ein Autritt am Rothenbaum kaum denkbar gewesen. Dann kam Stachowski, der fulminante Ukrainer - und Stich sah die Chance, Federer in die Hansestadt zu lotsen. Noch in Wimbledon, bei einer Preisverleihung, seien beide ins Reden gekommen. Als Federer ausschied, suchte sein Manager den Kontakt zu Stich. Dann ging es schnell. Zwei Tage später erhielt der Schweizer eine der verbliebenen Wildcards.

Eine Notlösung soll Hamburg trotzdem nicht sein, sagt Federer. "Ich habe tolle Erinnerungen an das Turnier", twitterte er direkt nach der Verkündung. 2002, 2004, 2005 und 2007 gewann der Schweizer in Hamburg, zudem stand er 2008 im Finale. Nun wollte Federer lieber in Europa spielen, um fit zu bleiben, als zu einem der ATP-Turniere in den USA in Newport oder Atlanta zu reisen.

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Jeder weiß, dass Federer nicht gerade in seiner besten Verfassung kommt. Das war in Wimbledon offensichtlich. Zum ersten Mal seit 2004 war Federer in London vor dem Viertelfinale gescheitert; der beste Rasenspieler der Welt agierte merkwürdig zurückhaltend, war in den entscheidenden Momenten nicht so wach wie in all den Jahren zuvor. Schon wurde gemutmaßt, der Schweizer habe seine beste Zeit endgültig hinter sich. So chancenlos war er gegen Stachowski.

Für Stich ist Federers aktuelle Schwächephase ein großes Glück. Was bleibt, ist das unternehmerische Risiko. In einer Eil-Aktion haben Veranstalter und Sponsoren das Startgeld von 300.000 Euro für Federer aufgebracht. Trotzdem müssen mehr Karten als im Vorjahr verkauft werden, um den prominenten Auftritt zu refinanzieren. Der Vorverkauf läuft bislang gut, auch das Medieninteresse ist gewachsen. Stich ist optimistisch, dass alles klappt.

Trotz des Hypes um Federer denkt auch Tommy Haas ans Finale. "Im Endspiel zu Hause gegen Roger, das wäre noch mal ein Highlight in meiner Karriere", sagt der 35-Jährige.

Niemand glaubt daran, dass Federer in Hamburg erneut früh scheitert. Wie in Wimbledon.

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