Tennis: Wimbledon:Und diesmal bitte 203:205

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Vor einem Jahr lieferten sich John Isner und Nicolas Mahut in Wimbledon eine unglaubliche Partie, nach 183 Spielen und einer Spielzeit von elf Stunden und fünf Minuten gewann Isner. Nun ergibt die Auslosung, dass die beiden wieder gegeneinander spielen - wieder in Runde eins. Kann das noch Zufall sein?

Thomas Hahn

Es kann auch sein, dass im Zufall die eigentliche Vernunft liegt, was jenen Leuten einen neuen Denkanstoß geben könnte, die glauben, Erde und Mensch seien aus Zufall entstanden. Wenn aus Zufall etwas Vernünftiges entsteht, ist dann nicht der Zufall die Vernunft? Man kann nun darüber streiten, ob der Mensch etwas Vernünftiges ist.

Das Spiel ihres Lebens: John Isner und Nicolas Mahut nach ihrem Match für die Ewigkeit. (Foto: AP)

Aber wenn man an die Schönheit der britischen Landschaft denkt oder an den Wohlgeschmack von Erdbeeren mit Sahne, dann muss man dem Zufall schon zugestehen, dass er sich zumindest die Erde sehr schön ausgedacht hat - sofern er es war. Und wenn man ihm jetzt noch diese Geschichte zur ersten Runde des diesjährigen Tennisturniers von Wimbledon zuschreibt, dann müssen selbst Zweifler anerkennen: Ideen hat er, der Zufall.

Darauf muss man nämlich erstmal kommen, John Isner und Nicolas Mahut noch einmal auf dem Rasen im sogenannten Mekka des weißen Sports zusammen zu bringen, wie es der Zufall bei der Auftakt-Auslosung getan hat.

Als hätte sich die Paarung im vergangenen Jahr bewährt, als Isner und Mahut einfach nicht von sich lassen konnten. Am 22. Juni 2010 um 18.13 Uhr Ortszeit fingen sie an, am 24. Juni 2010 um 16:48 Uhr waren sie fertig - nach zwei Unterbrechungen wegen Dunkelheit, 183 Spielen und einer Spielzeit von elf Stunden und fünfMinuten. Allein der fünfte Satz, den Isner 70:68 gewann, dauerte länger als ein Regelarbeitstag - 8:11 Stunden.

Die beiden wirkten wie gefangen zwischen den Linien von Platz 18. Sisyphos gegen Sisyphos. Zwei Widersacher, die ihre Unfähigkeit vereinte, das entscheidende Spiel zu gewinnen, und die auf diese Weise im Gegeneinander gemeinsam einen Rekord schafften.

So weit, so gut. Aber wenn es wieder so kommt? Wenn die Männer ihren Rekord verbessern wollen? Mahut hat ein Buch herausgebracht über seine Begegnung mit Isner, Titel: "Das Spiel meines Lebens." Das nächste Buch über ein 25-stündiges, auf fünf Tage verteiltes 7:6 (10), 6:7 (12), 7:6 (0), 6:7 (18), 203:205 würde sich bestimmt nicht schlechter verkaufen.

Auch für Sieger Isner war das Marathonspiel der bisher größte PR-Erfolg. Wehe, wenn die beiden auf den Geschmack kommen. Dann wartet irgendwann ganz Wimbledon auf zwei Männer, die sich in der ersten Turnierwoche täglich bis Einbruch der Dunkelheit Filzbälle um die Ohren hauen. Und man könnte die Vernunft des Zufalls verfluchen. Sofern es der Zufall überhaupt war.

© SZ vom 18.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Ein Match für die Ewigkeit

Mehr als elf Stunden dauert die Partie zwischen John Isner und Nicolas Mahut in Wimbledon - ein schier unglaublicher Rekord. Ein Tennis-Marathon in Bildern.

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