Karriereende von Andrea Petković:Gedanken der Pop-Philosophin

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Hört sie auf, und wann genau? Weiß man bei Andrea Petković nicht so genau. (Foto: Robert Michael/dpa)

Andrea Petković deutet an, dass die US Open das letzte Turnier ihrer Karriere sein werden - lässt sich aber eine Option offen.

Von Jürgen Schmieder, New York

Sportler sterben zwei Mal, heißt es immer wieder; am Ende der aktiven Laufbahn und dann, wenn das Leben tatsächlich vorbei ist. Natürlich ist diese populär-philosophische Weisheit unzureichend, denn sie beinhaltet nicht, dass dieser erste Tod sozusagen ein selbstgewählter Akt ist: Sportler bestimmen selbst über den Zeitpunkt des Karriereendes, und nicht wenige überlegen es sich nochmal anders; Football-Legende Tom Brady hielt es etwa 40 Tage im Ruhestand aus, manche wählen die Rückkehr als Mittel gegen Midlife-Crisis (wie der Tennisprofi Thomas Muster), andere entwickeln aus dem Rücktritt-Comeback-Ping-Pong gar ein Dauer-Hobby wie Quarterback Brett Favre.

Was bedeutet es, wenn die der Populär-Philosophie sicherlich nicht abgeneigte Andrea Petković das Ende ihrer aktiven Laufbahn nach den US Open andeutet? Zuerst hatte sie ein Trainingsvideo auf Instagram mit "The last dance" umschrieben - ein Hinweis auf die letzte Saison der ruhmreichen 90er-Jahre-Chicago-Bulls und die gleichnamige Dokuserie, seit der so ziemlich alle Sportler die Tage bis zum Karriereende als letzten Tanz bezeichnen. Am Sonntag sagte sie in der Sportschau: "Ich lasse mir noch die Option offen, ein Turnier in Europa dranzuhängen; generell aber ist das hier mein letztes Turnier."

"Ich lasse mir noch die Option offen, ein Turnier in Europa dranzuhängen", sagt Andrea Petković. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Petković ist 34 Jahre alt, da denken Sportler nun mal über das Karriereende nach; man tut ihr sicherlich nicht Unrecht, wenn man sagt, dass es eher schwierig sein dürfte, neue Höhepunkte zu erreichen. Sie stand im Halbfinale bei den French Open 2014, im gleichen Jahr im Fed-Cup-Endspiel, sie kletterte bis auf Weltranglistenplatz neun (das war 2011). Nun steht sie auf Platz 104, bei ihrer Partie am Dienstag gegen die Schweizerin Belinda Bencic ist sie klare Außenseiterin.

Roger Federer, sagt Petković, hat sich "auch nochmal komplett neu erfunden"

Wer sie jedoch ein bisschen kennt, der weiß: Petković ist ein flatterhaftes Geschöpf. Selbst in einem Satz wechselt sie oft von hier nach dort, von da aus ins Nirgendwo und irgendwie über Pop-Philosophie und ein David-Foster-Wallace-Zitat zurück zu einer plötzlich recht klaren Aussage. Sie spricht schon seit Jahren und je nach Gesundheit und Form über das Ende der Karriere, sie tastet sich immer wieder in neue Berufe, sie arbeitete schon als Autorin und Moderatorin. Vor exakt einem Jahr sagte sie: "So viele Dinge sind passiert. Ich war bereit, meine Karriere zu beenden; ich habe fünf neue Jobs angefangen."

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Sie machte dann aber doch stets weiter mit dem, wie sie sagt, "was ich am meisten liebe: Tennis." Mal waren es Erfolge wie der Turniersieg in Cluj-Napoca 2021, dem ersten nach sechs Jahren, ihrem siebten Titel insgesamt. Mal war es eine längere Zeit ohne Verletzung oder auch die Erkenntnis, wie sie der SZ bei den US Open im vergangenen Jahr sagte, "dass sich Roger Federer in einem Alter, in dem ich jetzt bin, auch nochmal komplett neu erfunden hat und wieder erfolgreich war".

Tennisspieler haben die Möglichkeit, das sportlichen Ende zumindest kurzfristig zu verzögern mit Siegen bei dem Turnier, das für sie das letzte sein soll. Und dann hat sich Petković ja die Option mit einer Veranstaltung in Europa offen gehalten. Vielleicht ist also hier in New York Schluss, vielleicht doch in Europa. Und vielleicht ist bis dahin sowieso wieder alles anders. Wie immer bei Petković.

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