Simona Halep scheiterte oft knapp, doch im Oktober war es soweit: Die Rumänin erklomm die Spitze der Tennis-Weltrangliste - und dort steht sie bis heute. In diesem turbulenten Jahr auf der WTA-Tour gab es so viele Weltranglistenerste wie nie zuvor. Halep ist bereits die fünfte Nummer eins, nach Angelique Kerber, Serena Williams, Karolina Pliskova und Garbine Muguruza. 25 verschiedene Namen auf der Spitzenposition hat es in der 45-jährigen Geschichte der WTA-Tour gegeben, ein Fünftel also allein in den vergangenen zwölf Monaten. Der Vorsprung von Halep auf ihre ärgsten Konkurrentinnen beträgt zum Saisonende gerade einmal ein paar Zähler, so eng beisammen lag die Spitze im Frauen-Tennis nie.
Was bedeutet das? Spricht das für die hohe Qualität im Frauentennis? Oder eher für das Gegenteil? Die SZ hat in einem Datenprojekt Zahlen und Statistiken zu den Top-50 Spielerinnen für das Jahr 2017 ausgewertet - mit so mancher überraschender Erkenntnis.
Da Serena Williams im Januar wegen der Geburt ihres Kindes eine Pause einlegte und es Angelique Kerber, der dominierenden Spielerin des Vorjahres, einfach nicht gelang, sich aus ihrem Formtief zu winden, wechselten die Turniersiegerinnen im Frauentennis häufiger als Rafael Nadal seine Hose zurechtzupfte. Bei den vier Grand-Slam-Turnieren gab es mit Serena Williams, Jelena Ostapenko, Muguruza und Sloane Stephens vier verschiedene Siegerinnen.
Elina Svitolina, Nummer sechs der Welt, war die einzige Spielerin 2017, die fünf Mal bei einem Turnier ungeschlagen blieb. Pliskova und Anastasia Pavlyuchenkova gelang dies immerhin drei Mal. Die Weltranglistenerste Halep reiste dagegen nur ein einziges Mal, beim Turnier in Madrid, mit dem Siegerpokal ab. Bei den French Open gelang ihr zwar der Finaleinzug, in Melbourne und New York scheiterte sie dagegen bereits in der ersten Runde, in Wimbledon im Viertelfinale. Eine magere Ausbeute für eine Nummer eins. Angelique Kerber dagegen hatte im vergangenen Jahr zwei Grand-Slam-Titel geholt sowie in Wimbledon das Finale erreicht. Serena Williams, die dominierende Spielerin der vergangenen Jahre, stemmte 2015 fünf Mal die größte Trophäe bei einem Turnier in die Höhe, 2014 sieben und 2013 sogar elf Mal. Da kann Halep nicht mithalten.
Sogar Julia Görges gewann in diesem Jahr häufiger als die Nummer eins. Zwei Turniersiege holte die 29-Jährige, in 48 Matches blieb sie ungeschlagen. Halep dagegen gewann lediglich 45 Partien, Muguruza, die zweitbeste Tennisspielerin, nur 47.
Am häufigsten verließ Caroline Wozniacki den Platz als Siegerin: insgesamt 60 Mal. Die Dänin, die vor sieben Jahren schon einmal die Weltranglistenspitze eroberte, ist auf dem Weg zurück zu alten Erfolgen. Auch das letzte Turnier der Saison, das WTA-Finale in Singapur, gewann sie.
Karolina Pliskova ist zwar zum Jahresende nicht mehr die Nummer eins der Welt, doch sie darf sich immerhin als beste Aufschlägerin der Tour bezeichnen. 452 Asse servierte die 1,86 Meter große Tschechin in dieser Saison, deutlich mehr als die Konkurrentinnen. Halep dagegen kam nur auf 35 unerreichte Aufschläge, die Stärken der kleinen Rumänin liegen definitiv woanders. Sie muss sich ihre Punkte im Vergleich zu anderen härter erarbeiten.
Den zweitbesten Aufschlag auf der Tour hat Julia Görges, die 412 Asse schlug. Die Deutsche hatte im Training zuletzt eifrig an ihrer Beinarbeit, Kraft und Service-Technik gearbeitet, das machte sich bezahlt. Görges schlägt nicht nur schneller auf, sondern auch deutlich variabler als früher: mal durchgezogen, mal mit Slice oder mit Kick. Dadurch ist ihr Spiel insgesamt gefährlicher und erfolgreicher geworden. Derzeit ist sie Nummer 14 der Welt, so gut platziert war Görges noch nie.
Die Ass-Statistik ist nicht die einzige Rangliste, in der Görges weit oben geführt wird. Nur fünf Spielerinnen gewannen bei eigenem Aufschlag mehr Punkte als sie. Serviert Görges, holt sie bei drei von vier Ballwechseln den Punkt. Dass die kraftvolle Serena Williams eine hervorragende Aufschlägerin ist, bewies sie in ihren neun Saisonspielen vor der Babypause eindrucksvoll. Die Amerikanerin gewann 82,4 Prozent der Punkte, wenn sie aufschlug. So viele wie keine andere Spielerin.
Serena Williams wehrte dabei auch die meisten Breakbälle ab. Bei 65,2 Prozent der Ballwechsel behielt sie die Nerven, wenn die Gegnerin Vorteil hatte. Da half ihr allerdings sicherlich nicht nur ihr guter Aufschlag, sondern auch ihre jahrelange Erfahrung.