Tennis: Interview mit Julia Görges:"Wir können die Topleute schlagen"

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Julia Görges, Nummer 18 der Tennis-Weltrangliste, spricht vor den French Open über ihren Durchbruch in die Weltspitze, die Ollen aus dem Fed-Cup-Team und ihr Image als Schönheit auf dem Platz.

Interview: Thomas Hummel

Julia Görges, Nummer 18 der Tennis-Weltrangliste, spricht vor den French Open über ihren Durchbruch in die Weltspitze, die Ollen aus dem Fed-Cup-Team und ihr Image als Schönheit auf dem Platz. In der ersten Runde in Paris besiegte die 22-Jährige Mathilde Johansson aus Frankreich 6:1, 6:4.

Julia Görges jubelt: zuletzt ein oft gesehenes Bild, hier nach dem Halbfinale in Stuttgart gegen Samantha Stosur.  (Foto: picture alliance / dpa)

sueddeutsche.de: Freuen Sie sich, in Paris ihre Fed-Cup-Freundinnen wiederzusehen?

Görges: Es ist immer gut, mit dem Team zusammen zu sein.

sueddeutsche.de: Bemerkenswert, dass sich da junge Frauen gefunden haben, die auch befreundet sind.

Görges: Wir verstehen uns einfach gut und haben dasselbe Ziel. Selbst wenn wir verlieren, unser Teamgeist hält das aus.

sueddeutsche.de: Die meisten Fed-Cup-Teams galten als zerstritten. Tennis-Spielerinnen sind nicht gerade für ihren Mannschaftsgeist bekannt.

Görges: Tennis ist generell ein Einzelsport. Aber es ist schön, dass es bei uns klappt und es soll auch weiterhin klappen. Wie es früher war, weiß ich nicht.

sueddeutsche.de: Andrea Petkovic sagt, sie nennen sich gegenseitig "die Ollen". Woher kommt das denn?

Görges: Das müssen Sie Andrea fragen, sie hat damit angefangen. Sie nennt alle immer Olle. Ich weiß nicht, wie sie auf den Namen gekommen ist.

sueddeutsche.de: Können sich die Ollen auf einem großen Turnier wie in Paris gegenseitig helfen?

Görges: Klar. Wir trainieren zusammen, gehen gemeinsam essen oder gucken das Match der anderen. Dann können wir auch mal deutsch sprechen. Wir halten zusammen.

sueddeutsche.de: Nach dem Sieg in Stuttgart und dem Halbfinale in Madrid gehören Sie zum erweiterten Favoritenkreis für Paris.

Görges: Ich glaube nicht, dass ich eine Favoritin bin. Niemand sollte vom Finale oder vom Titel reden, das ist weit weg und auch weit hergeholt. Mein Ziel ist es, bei einem Grand Slam in die zweite Woche zu kommen. Das habe ich noch nie geschafft.

sueddeutsche.de: Immerhin werden Sie in Paris zum ersten Mal gesetzt sein.

Görges: Das ist ein kleiner Vorteil. Aber es gibt genug ungesetzte Spielerinnen, die sehr gutes Tennis spielen und gegen die man verlieren kann.

Tennisspielerin Julia Görges
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Julia Görges galt schon früh als kommende Frau der deutschen Tennisszene, ihren größten Erfolg hatte sie in Wimbledon - jetzt hört sie auf. Ihre Karriere in Bildern.

sueddeutsche.de: Dennoch haben Sie außergewöhnliche Erfolge gefeiert. Wie haben Sie die vergangenen Wochen erlebt?

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:Aus Bad Oldesloe auf den Centre Court

Julia Görges galt schon früh als kommende Frau der deutschen Tennisszene, ihren größten Erfolg hatte sie in Wimbledon - jetzt hört sie auf. Ihre Karriere in Bildern.

Görges: Für mich waren das neue, sehr erlebnisreiche Wochen. Es war sehr interessant zu sehen, dass sich die Öffentlichkeit wieder für uns deutsche Tennisspielerinnen interessiert. Ich finde das schön, weil viel Arbeit dahinter steckt.

sueddeutsche.de: Andrea Petkovic hat in Stuttgart geklagt, das große Interesse an ihr habe sie sehr angestrengt. Sie müsse lernen, damit umzugehen.

Görges: Es war auch für mich anstrengend. Da wachse ich erst hinein. Zwischendurch muss ich auch mal Nein sagen: bis hierhin und nicht weiter. Weil es einfach nicht mehr geht. Aber grundsätzlich empfinde ich das als Auszeichnung und als schöne Sache, weil ich es mir erarbeitet habe.

sueddeutsche.de: Woher kommt der plötzliche Durchbruch in die Weltspitze?

Görges: Es war vor allem die Erkenntnis: Wir können die Topleute schlagen. Zuerst Andrea und dann ich.

sueddeutsche.de: Und woher kommt die Erkenntnis?

Görges: Das kommt durch Erfahrung. Bislang musste ich in den ersten Runden der Grand-Slam-Turniere gegen die Besten spielen und dachte: Ach, es wäre schön, eine Runde zu gewinnen. Aber so darf man nicht denken. Irgendwann hat es Klick gemacht.

sueddeutsche.de: Was bedeutet das: Klick machen?

Görges: Man geht auf den Platz und macht sein Ding. Denkt nicht mehr darüber nach, welchen Namen die Gegnerin da drüben hat. Letztlich ist sie auch nur eine Frau mit zwei Armen und zwei Beinen, die Tennis spielt. Natürlich sind das sehr gute Spielerinnen, der Weltranglistenplatz sagt aus, welche Leistungen sie über das Jahr gebracht haben. Trotzdem habe ich die Möglichkeiten, auch die besten zu schlagen. Dieses Wissen war wohl der Klick.

sueddeutsche.de: Sie haben mal über ihren Trainer Sascha Nensel gesagt: Er habe Ihnen gezeigt, wie man als Profi auf der Tour leben und arbeiten muss.

Görges: Früher war ich einfach nicht fit genug. Ich konnte mich auf den Platz stellen und ein bisschen schnell Tennis spielen. Aber ich konnte nicht genug laufen, habe mich schlecht bewegt . Er hat mir gezeigt, wie man arbeiten muss, um fit zu werden. Und die Fitness ist eine wichtige Voraussetzung für diesen Sport.

sueddeutsche.de: Fitness als wichtigster Grund für den Aufschwung?

Görges: Natürlich geht es immer besser, bei der Physis gibt es keine Grenzen. Aber ich habe mich sehr verbessert.

sueddeutsche.de: Ihr Vorbild ist Martina Hingis. Die war eher für taktisches, kluges Spiel bekannt, weniger für Powertennis.

Görges: Martina hat ganz anders gespielt als ich. Mich hat ihre Art Tennis imponiert, aber mit mir ist das nicht vergleichbar.

sueddeutsche.de: Dennoch haben die Siege kürzlich etwa gegen die Nummer eins, Caroline Wozniacki, gezeigt, dass sie taktisch sehr gut vorbereitet waren.

Görges: Es ist eher eine Frage, ob ich die Taktik über zwei, drei Sätze umsetzen kann. Das war in diesen Spielen der Fall.

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Nach neun Siegen in Folge verliert Julia Görges im Halbfinale von Madrid gegen die Weißrussin Victoria Asarenka. Doch in den vergangenen Wochen hat sich die 22-Jährige in die erweiterte Weltspitze gespielt.

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sueddeutsche.de: Taktik als Nebensache?

Görges: Das hat wiederum mit der Fitness zu tun. Hatte ich früher die Taktik, lange Ballwechsel zu spielen, war ich dazu einfach nicht in der Lage. Ich konnte mich gar nicht lange genug bewegen. Da kommen mehrere Sachen zusammen.

sueddeutsche.de: Sie klingen sehr fokussiert auf ihren Sport. In vielen Geschichten über Julia Görges hieß es bislang: Sie ist eine der hübschesten Frauen auf der Tour, wird es aber nicht weit bringen.

Görges: Es bedeutet mir nicht viel, ob mich die Leute hübsch finden. Es ist schön, wenn einige das so sehen, aber es beeinflusst meine Matches nicht. Ich möchte in meinem Sport erfolgreich sein. Ob ich dabei ein kurzes Röckchen anhabe, ob ich gut oder schlecht aussehe, ist da nicht relevant.

sueddeutsche.de: Stört Sie das Image?

Görges: Nein, ich kann es auch nicht ändern. Es ist ein nettes Kompliment. Aber ich gewinne deshalb kein Match.

sueddeutsche.de: Sie tragen seit einiger Zeit Tenniskleider aus der Kollektion von Maria Scharapowa. Ist Ihnen Mode auf dem Platz wichtig?

Görges: Nein. Ich bin bei Nike unter Vertrag und sie (Maria Scharapowa) kann sich da ein paar Leute aussuchen, die ihre Kleider tragen. Mir gefallen die Sachen, aber ich lege keinen großen Wert darauf.

sueddeutsche.de: Sie haben zuletzt die Turniere in Rom und Brüssel abgesagt. Welche Verletzung hatten Sie genau?

Görges: Es war eine muskuläre Sache im unteren Rücken. Eine Überbelastung nach den vielen Spielen zuletzt.

sueddeutsche.de: War die Verletzung so schlimm, dass sie definitiv absagen mussten, oder fürchteten Sie, sich vor den French Open zu überspielen?

Görges: Wenn ich nicht hundert Prozent geben kann, spiele ich nicht. Ich möchte da kein Risiko eingehen vor einem Grand-Slam-Turnier. Da habe ich auch gelernt aus der Vergangenheit.

sueddeutsche.de: Wie fit werden Sie in Paris sein?

Görges: Hundertprozentig fit.

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