Tennis: Doping:Wodka oder Pamela

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Richard Gasquet darf trotz eines Kokainbefunds nach nur zweieinhalb Monaten wieder Profiturniere spielen. Eine Frau soll am positiven Test schuld gewesen sein.

Josef Kelnberger

Ins Verderben gestürzt durch einen Kuss im Morgengrauen. Es ist eine romantische, ja tragische Variante eines Dopingfalls, die sich der französische Tennisprofi Richard Gasquet zurechtgelegt hat. Der 23-Jährige war am 28. März dieses Jahres positiv auf Kokain getestet worden, passenderweise in Miami. Die Karriere des einstigen französischen Wunderkindes, die schon einige Zeit stockte, schien ein unrühmliches Ende zu finden. Suchte er Zuflucht in Drogen?

(Foto: Foto: Reuters)

Die Richter vom Internationalen Tennisverband ITF fällten nun ein überraschendes Urteil. Statt einer zweijährigen Sperre verhängten sie nur einen Bann von zweieinhalb Monaten, weil sie die Überzeugung sind, dass das Kokain ohne Gasquets Wissen in dessen Körper gelangt sei. Seit Mittwoch dieser Woche darf Richard Gasquet wieder Profiturniere spielen - vorbehaltlich eines Einspruchs der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), die ankündigte, das Urteil sehr genau zu lesen.

"Der Gerechtigkeit ist genüge getan, ein Albtraum ist beendet", ließ der Spieler am Mittwochabend verlauten. Er hatte sich - anders als Martina Hingis, die nach einem positiven Test auf Kokain ihre Karriere beendete - mit allen Mitteln gegen eine lange Sperre gewehrt. Gasquet unterzog sich sofort einem Haartest, um zu beweisen, dass er kein regelmäßiger Kokainkonsument ist.

Er reichte bei der Staatsanwaltschaft Paris Anzeige gegen Unbekannt ein wegen "Verabreichung schädlicher Substanzen, welche die Physis und Psyche beeinflussen". Von Experten ließ er sich bescheinigen, auf Grund der geringen Kokain-Dosis in seinem Urin sei davon auszugehen, das er mit Sicherheit keine Linie gezogen habe. In einem Interview mit der Sportzeitung L'Équipe schilderte er dann seine Version des Falles. Am Tag vor seinem ersten Spiel in Miami habe ihm der Turnierarzt geraten, wegen seiner Schulterbeschwerden auf einen Start zu verzichten. Nur deshalb habe er eine Party des französischen Musikproduzenten Bob Sinclar besucht.

Dort habe er einen Cocktail zu sich genommen, und frühmorgens dann einen zweiten in einem Nachtclub. Die Erklärung wurde zum geflügelten Wort in Frankreich: "Just un vodka pomme." Es war nur ein Wodka-Apfelsaft, Gasquets Spezialgetränk. Jemand habe ihm das Kokain untergemischt, argwöhnt Gasquet, oder, seine zweite Variante: Er habe sich das Kokain eingefangen, als ihn im Nachtclub ein Mädchen namens Pamela küsste. Wodka oder Pamela: Eine der beiden Varianten müsse stimmen, glaubt die ITF.

Während etwa der Spanier Rafael Nadal umgehend seine Solidarität mit Gasquet bekundete ("Er ist ein Freund, ich glaube ihm"), gibt es in Frankreich Vorbehalte gegen Gasquet, den viele für wehleidig und vor allem unprofessionell halten. "Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um", sagte der ehemalige Profi Henri Leconte. Richard Gasquet drohte ihm deshalb Prügel an. Fest an der Seite des Spielers stand der französische Großunternehmer Arnaud Lagardère, Finanzier des "Team Lagardère", dem Gasquet angehört. Es verbreitete am Mittwoch die Nachricht vom milden Urteil für Richard Gasquet, verbunden allerdings mit dem bemerkenswerten Satz: "Nun ist der Ball in seinem Feld." Man konnte das auch lesen wie: Dies ist seine letzte Chance.

© SZ vom 17.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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